Als schwere Hypothek hat die neue Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) eine ungenügende finanzielle Ausstattung ihres Ressorts bezeichnet. Adressat der harten Kritik: Amtsvorgänger Gerd Müller (CSU). „Ich hätte mein Haus nicht so an meine Nachfolgerin übergeben wollen,“, sagte Schulze, die das Ministerium seit drei Wochen leitet, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Ein Kassensturz habe die missliche Lage zutage gefördert. Schulze wirft Müller Versäumnisse bei der Finanzierung der Entwicklungshilfe vor. Ihre Befürchtung sei nun, dass es schwer werde, den internationalen Verpflichtungen Deutschlands nachzukommen.
Mit Unverständnis reagierte der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, auf die Kritik an seinem Parteikollegen: „Dass Frau Schulze nach den ersten Tagen im Amt ihre Überforderung so eindrucksvoll zur Schau stellt, ist nicht nur schlechter Stil, sondern zeugt von großer Ahnungslosigkeit.“ Unter Gerd Müller sei der Haushalt des Entwicklungshilfeministeriums verdoppelt worden. Zudem habe Deutschland erstmals seit 50 Jahren das 0,7 Prozent-Ziel für die Entwicklungszusammenarbeit erreicht. „Es wäre sicherlich klüger gewesen, erst einmal nichts zu sagen, bevor man sich im neuen Amt öffentlich blamiert“, sagte Dobrindt am Mittwoch unserer Redaktion.
Dass Müller in seiner Amtszeit für einen Rekordhaushalt gesorgt hat, räumt auch Schulze ein. Auf den zweiten Blick zeige sich aber ein anderes Bild: Müller habe sich zwar darum gekümmert, dass für seine Amtszeit genug Gelder zur Verfügung stünden. Er habe aber die mittelfristige Budgetplanung vernachlässigt. „Das muss dringend korrigiert werden, sonst besteht die Gefahr, dass Deutschland wichtigen internationalen Verpflichtungen im Bereich der Hunger- und Pandemiebekämpfung oder auch bei der Unterstützung von Flüchtlingen nicht nachkommen kann“, warnte Schulze gegenüber RND.
Zu geringe Mittel für sein Ressort: Gerd Müller kritisierte den damaligen Finanzminister Olaf Scholz
Die Frage ist, ob Müller für eine mögliche finanzielle Schieflage im Budget des Ministeriums nach dem Regierungswechsel verantwortlich gemacht werden kann. Bereits im September dieses Jahres hatte der gebürtige Krumbacher im Gespräch mit unserer Redaktion dem damaligen Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz vorgeworfen, nach der Bundestagswahl die Finanzmittel für die Entwicklungshilfe deutlich kürzen zu wollen . Mit dem von Scholz vorgelegten Finanzplan sei das von den Vereinten Nationen vereinbarte Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungspolitik einzusetzen, in Gefahr. „Die kommende Bundesregierung muss die Einhaltung garantieren, da die von Finanzminister Scholz vorgelegte Finanzplanung einen Rückgang der Entwicklungsmittel um rund 20 Prozent vorsieht“, warnte der CSU-Minister also bereits vor fast dreieinhalb Monaten. Müller geriet in den letzten Jahren immer wieder mit Finanzminister Scholz wegen Budget-Fragen aneinander.