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Entwicklungshilfe: Deutschland dreht nicht-reformwilligen Ländern den Geldhahn zu

Entwicklungshilfe

Deutschland dreht nicht-reformwilligen Ländern den Geldhahn zu

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    Bundesentwicklungsminister Gerd Müller beim Besuch eines der Flüchtlingslager in Bangladesch, wo aus Myanmar vertriebene Angehörige der Rohingya-Volksgruppe untergekommen sind.
    Bundesentwicklungsminister Gerd Müller beim Besuch eines der Flüchtlingslager in Bangladesch, wo aus Myanmar vertriebene Angehörige der Rohingya-Volksgruppe untergekommen sind. Foto: Ute Grabowsky, Photothek, Imago Images

    Weg vom „Gießkannen-Prinzip“, hin zur gezielten Förderung wirklich reformwilliger Länder – in der deutschen Entwicklungspolitik steht ein Kurswechsel bevor. Werden bisher noch 85 Staaten von Deutschland unterstützt, sollen es künftig deutlich weniger sein. Während manche der bisherigen Empfängerländer aus der Förderliste herausfallen, weil sie der Hilfe gar nicht mehr bedürfen, verlieren andere die Unterstützung, weil ihre Regierungen Reformen verweigern und Menschenrechte verletzen.

    Deutsche Entwicklungspolitik soll effizienter werden

    Im Gespräch mit unserer Redaktion erläutert Bundesentwicklungsminister Gerd Müller sein Konzept: „Die Welt ist im Umbruch und darauf müssen wir reagieren“, sagte der CSU-Politiker. Die Entwicklungspolitik ist mehr denn je gefragt, entschlossen auf die globalen Herausforderungen neue Antworten zu geben.“

    Das Reformpapier trägt den Titel „BMZ 2030“, BMZ steht schlicht für Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. „Nach zwölf Jahren legen wir ein umfassendes Konzept vor, um die Maßnahmen und Mittel der deutschen Entwicklungspolitik noch strategischer, wirksamer und effizienter einzusetzen“, sagt Müller. Kernziel der Reformen sei eine neue Qualität der Zusammenarbeit. „Wir fordern von unseren Partnerländern noch stärker als bisher messbare Fortschritte bei guter Regierungsführung, der Einhaltung der Menschenrechte und im Kampf gegen die Korruption“, betont der Minister. „Mehr Eigeninitiative ist der Schlüssel für nachhaltige Entwicklung.“

    Die direkte staatliche Zusammenarbeit mit einer Reihe von Ländern werde verringert. In einem Teil der Fälle habe dies durchaus positive Ursachen. „So haben sich einige Länder erfreulicherweise so entwickelt, dass sie unsere direkte Unterstützung nicht mehr benötigen, zum Beispiel Sri Lanka oder die Mongolei“, sagt Müller. Beide Länder hätten mittlerweile einen höheren Entwicklungsstand als zum Beispiel Tunesien oder die Ukraine.

    Entwicklungsminister Müller knallhart: Wer keine Fortschritte macht, bekommt keine Hilfe mehr

    Es gibt aber auch Fälle, in denen Staaten die deutsche Unterstützung ganz oder teilweise verlieren, weil sie sich aus Sicht des Entwicklungsministeriums nicht oder in die falsche Richtung bewegen. Müller: „Aus der direkten staatlichen Zusammenarbeit scheiden Länder aus, die keine Fortschritte bei der guten Regierungsführung und der Einhaltung der Menschenrechte zeigen.“ Als Beispiel nennt er das südostasiatische Myanmar, das frühere Birma. Dort sei die Regierung wenig reformorientiert und verletze die Menschenrechte im Umgang mit der religiösen Minderheit der Rohingya weiterhin schwer.

    Verzweifelt: Eine Frau der Rohingya in einem Lager für Binnenvertriebene in Myanmar.
    Verzweifelt: Eine Frau der Rohingya in einem Lager für Binnenvertriebene in Myanmar. Foto: Nyunt Win, epa, dpa (Archiv)

    Neben Myanmar befinden sich etliche weitere Länder auf einer „Ausstiegsliste“ des Ministeriums, am Dienstag soll sie veröffentlicht werden. Unbestätigten Angaben zufolge verlieren auch Burundi und Sierra Leone in Afrika sowie Kuba, Guatemala und Haiti in Amerika die Unterstützung. Der Entzug der deutschen Direkthilfen soll also durchaus Signalwirkung entfalten, er bedeute aber keineswegs, dass Deutschland solche Länder aufgebe.

    „Um Reformkräfte im Land zu unterstützen, stärken wir aber gleichzeitig die Arbeit der Kirchen und der Zivilgesellschaft“, sagt Müller. Konzentrieren will sich das Entwicklungsministerium laut dem Reformplan auf Länder, die echten Reformwillen haben und messbare Fortschritte bei einer korrekten Regierungsführung nach internationalen Maßstäben, der Einhaltung der Menschenrechte und im Kampf gegen die Korruption erzielen. Diese sollen künftig noch stärker im Rahmen sogenannter Reformpartnerschaften gefördert werden.

    Reform der deutschen Entwicklungspolitik ist laut Müller gut durchdacht

    Partnerländer sind bislang Ghana, Äthiopien, Tunesien, Marokko, die Elfenbeinküste und der Senegal. Laut Müller soll die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auch inhaltlich neu ausgerichtet werden. „Mehr Eigeninitiative, neue Instrumente für Privatinvestitionen und eine Stärkung des fairen Handels sind der Schlüssel für erfolgreiche Entwicklung“, sagt der Minister.

    Die Reform der deutschen Entwicklungspolitik ist laut Müller das Ergebnis langfristiger Überlegungen, die nun durch die aktuelle Corona-Krise bestätigt würden. Von den Auswirkungen der Pandemie seien die ärmsten Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern am schlimmsten betroffen.

    Entwicklungsminister Müller ist überzeugt: „Mit Blick auf die Megatrends unserer Zeit müssen wir umdenken und neue Wege gehen – bei unserer Art zu wirtschaften, beim Engagement gegen Klimawandel und Verlust von Wäldern und Biodiversität sowie beim weltweiten Bevölkerungswachstum.“

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