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Energiepreise: EEG-Umlage könnte die Strompreise sinken lassen

Energiepreise

EEG-Umlage könnte die Strompreise sinken lassen

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    Er läuft und läuft und läuft: Der Stromzähler. Die Preise könnten in diesem Jahr besonders hoch steigen.
    Er läuft und läuft und läuft: Der Stromzähler. Die Preise könnten in diesem Jahr besonders hoch steigen. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Die Temperaturen lassen sich für die nächsten Wochen zwar nicht präzise vorhersagen. Mit großer Sicherheit aber lässt sich heute schon prognostizieren, dass viele Haushalte ein bitterer Winter erwartet. Strom ist im Vorjahresvergleich um gut neun Prozent im Preis gestiegen und damit so teuer wie nie zuvor. Heizgas legte gar um 28 Prozent zu. Die Inflation in Deutschland übersprang auch deshalb erstmals seit knapp 28 Jahren wieder die Vier-Prozent-Marke. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher tut sich immerhin ein kleiner Hoffnungsschimmer auf. Am Freitag wird die EEG-Umlage für das Jahr 2022 festgelegt. Experten rechnen dann mit einer spürbaren Absenkung des Strompreises. Weitere Entlastungen könnten aus der sogenannten "Toolbox", also Werkzeugbox, folgen, die am Mittwoch von der EU auf den Weg gebracht wurde.

    Der Gaspreis ist stark gestiegen. Für die privaten Haushalte kann es teuer werden.
    Der Gaspreis ist stark gestiegen. Für die privaten Haushalte kann es teuer werden. Foto: Marijan Murat, dpa

    Die Ökostrom-Umlage soll den Ausbau der erneuerbaren Energien finanzieren und gehört mit einem Anteil von 22 Prozent zu den größten Kostentreibern beim Strompreis. Sie wird von den Übertragungsnetzbetreibern Tennet TSO, 50Hertz, Amprion und TransnetBW ermittelt, beträgt derzeit 6,5 Cent und könnte den Erwartungen zufolge um bis zu 50 Prozent sinken. Die Entlastung für eine vierköpfige Familie mit einem Durchschnittsverbrauch von 4000 Kilowattstunden würde in etwa zwischen 75 und 130 Euro liegen.

    Einnahmen aus der CO-Bepreisung zur schrittweisen Senkung der EEG-Umlage

    Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Andreas Jung äußerte im Gespräch mit unserer Redaktion die Erwartung, dass infolge der geltenden Beschlüsse der Großen Koalition die Umlage um ein gutes Drittel sinken wird. "Ich denke, dass eine Absenkung auf mindestens vier Cent möglich sein kann“, sagte der CDU-Politiker. Mit dem Klimapaket sei vereinbart worden, Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zur schrittweisen Senkung der EEG-Umlage zu verwenden. Allein dadurch sei eine Absenkung um 1,73 Cent je Kilowattstunde vorgesehen, erklärte er. Zudem sei ein erheblicher Teil der elf Milliarden Euro bisher nicht abgeflossen, die im Corona-Hilfspaket für die Stabilisierung der Umlage vorgesehen waren. "Dieses Geld muss jetzt auch verwendet werden“, sagte Jung.

    Hoffnung machte den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch der Direktor der Denkfabrik Agora Energiewende, Patrick Graichen. "Die EEG-Umlage wird 2022 auf ein Rekordtief von drei bis vier Cent je Kilowattstunde sinken“, sagte er unserer Redaktion und ergänzte: "Das kompensiert knapp die gestiegenen Börsenstrompreise, sodass die Stromkosten für Haushalte 2022 weitgehend stabil bleiben dürften.“

    Steigen die Nebenkosten für Mieter bald extrem an?

    Graichen richtete zugleich den Blick nach vorn. Die neue Regierung habe "die Möglichkeit, mit einer Abschaffung der EEG-Umlage ab 2023 für den lang ersehnten Befreiungsschlag bei den Stromkosten zu sorgen“, sagte er. Das helfe dem Klimaschutz, entlaste die Stromkundschaft und befreie Unternehmen von Kosten und Bürokratie. Andreas Jung äußerte sich ähnlich. "Die Entscheidung am Freitag könnte der Einstieg in den Ausstieg, also die Komplettabschaffung der EEG-Umlage sein“, sagte er. "Dieser Schritt könnte von der neuen Bundesregierung im nächsten Jahr Schritt für Schritt vollzogen werden.“ Eine vierköpfige Familie würde dann nach Berechnungen des IW Köln bis zu 413 Euro weniger auf der Stromrechnung stehen haben.

    Die steigenden Energiekosten machen Privathaushalten und Unternehmen in den EU-Mitgliedstaaten zu schaffen.
    Die steigenden Energiekosten machen Privathaushalten und Unternehmen in den EU-Mitgliedstaaten zu schaffen. Foto: Hauke-Christian Dittrich, dpa

    EU-Energiekommissarin Kadri Simson stellte am Mittwoch eine sogenannte Toolbox, also einen Werkzeugkasten mit verschiedenen Maßnahmen gegen die Folgen des Preisanstiegs, vor. EU-Ländern sollen direkte Zahlungen, Steuererleichterungen und Subventionen für kleine Unternehmen ermöglicht werden. Die leiden gerade besonders unter den hohen Energiekosten. Mehrere EU-Mitgliedstaaten haben bereits kurzfristig eingegriffen, um Privathaushalte vor hohen Strom- und Heizungsrechnungen zu schützen. Die amtierende Bundesregierung plant aber keine zusätzlichen staatlichen Maßnahmen. Der Deutsche Mieterbund und der Verbraucherzentrale Bundesverband forderten ein Gegensteuern der neuen Bundesregierung. Ansonsten drohe in den kommenden Jahren eine "Nebenkostenexplosion", warnten die beiden Verbände.

    Wegen des enormen Preisanstiegs beim Gas stoppte der Energieversorger Eon das Neugeschäft mit Privatkunden vorläufig. "Leider können wir Ihnen derzeit keine Erdgas-Produkte anbieten", war am Mittwoch auf der Kunden-Homepage des Energiekonzerns zu lesen. Ein Unternehmenssprecher betonte, Bestandskunden seien nicht betroffen. Sie würden selbstverständlich weiterbeliefert. Auch seinen Aufgaben als Grundversorger werde der Konzern weiter nachkommen. Die Grundversorger springen beim Ausfall anderer Lieferanten ein, um die Gasversorgung der betroffenen Haushalte sicherzustellen.

    Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber nannte die Vorschläge der EU enttäuschend. "Die Antwort der Kommission auf gefährlich hohe Energiepreise ist, den Mitgliedstaaten vorzukauen, was diese ohnehin wissen“, kritisierte der wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion und forderte Maßnahmen auf europäischer Ebene, um den europäischen Energiemarkt gegenüber Marktreaktionen widerstandfähiger zu machen. Gleichzeitig sprach sich Ferber für eine Abschaffung der EEG-Umlage aus. "In Deutschland verdient der Staat an jeder Gas- und Strompreiserhöhung ordentlich mit“, sagte er. Mittelstand und Verbraucher müssten hier nachhaltig entlastet werden.

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