Die Differenz ist groß und sie schmerzt. Im Vergleich zum alten Jahr wird ein Durchschnittshaushalt heuer 2000 Euro mehr für Strom und Gas bezahlen. Weil die Regierung mit dem Jahresbeginn die Ökostromumlage halbiert hat, spart er 170 Euro ein - zumindest theoretisch.
Denn die Energieversorger müssten dafür den Betrag an ihre Kunden weiterleiten, was viele nicht tun. "Die Senkung der EEG-Umlage kommt aktuell aber nicht bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern an, da die Beschaffungspreise weiterhin sehr hoch sind“, berichtet Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie bei check24. Das Internet-Vergleichsportal hat ausgerechnet, wie hoch die Energierechnung für einen Musterhaushalt ausfällt.
500 Euro mehr für Strom, 1500 mehr für Gas
Die Zahlen beziehen sich auf die Grundversorgungstarife der örtlichen Stadtwerke. Als Basis haben sie einen Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden Strom und 20.000 Kilowattstunden Gas angesetzt. Mit dem breiten Daumen gehen laut check24 von den 2000 Euro Aufschlag rund 500 Euro auf den Strom- und 1500 Euro auf den Gasverbrauch. Der Preis für den Brennstoff hat sich binnen Jahresfrist verdoppelt, Strom ist um ein Drittel teurer geworden. Bei anderen Tarifen kann der Anstieg weniger steil ausfallen.
Deutlich mehr kostet auch das Volltanken an den Zapfsäulen. Der Preis für Diesel befindet sich auf einem Rekordhoch, Superbenzin kratzt an der Marke von 2012. Seinerzeit gaben die Autofahrerinnen und Autofahrer monatlich im Schnitt 106 Euro für Sprit aus. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr waren es 72 Euro.
Wenn der Ölpreis auf dem jetzigen Niveau bleibt oder sogar ansteigt, wovon die Rohstoff-Analysten ausgehen, dann sind die 106 Euro wieder in Reichweite. Insgesamt ist der Kostensprung bei Öl, Gas und Strom historisch. Die Ausgaben für Energie kletterten zuletzt während der ersten Ölkrise in den 70er Jahren derart rapide.
Oberster Verbraucherschützer verlangt mehr Unterstützung
Den Chef der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, sorgt die hohe Belastung, die die Menschen stemmen müssen. "Auch Pendler sollte die Bundesregierung unterstützen. Das geht am besten, indem die Politik die sozial ungerechte Pendlerpauschale durch ein einkommensunabhängiges Mobilitätsgeld ersetzt“, forderte Müller im Gespräch mit unserer Redaktion. Derzeit ist es so, dass Leute mit kleinem Verdienst nichts oder wenig von der Pendlerpauschale haben, die die Steuerzahlung drückt, weil sie ohnehin kaum Einkommensteuer zahlen. Seit Anfang Januar beträgt die Pauschale 35 Cent je Kilometer Arbeitsweg, allerdings erst ab Kilometer 21. Für die ersten 20 Kilometer bleibt es beim bisherigen Satz von 30 Cent.
Müller rief die neue Bundesregierung dazu auf, die Verbraucher besser zu schützen, wenn ihr Energieversorger die Belieferung einstellt. Zuletzt kündigte der Billig-Anbieter Stromio vor Weihnachen zwei Millionen Kunden. Bei ihnen ging zwar über die Feiertage nicht das Licht aus, weil sie ihre örtlichen Grundversorger aufgefangen haben. Doch die Unternehmen richteten vielerorts einen Neukundentarif ein, der häufig teurer ist als der Grundtarif.
Die Begründung: Das sei nötig, weil die Firmen plötzlich mehr Strom und Gas zu den enormen Marktpreisen zukaufen mussten. "Die Bundesregierung sollte an zwei Stellen eingreifen: Für Energiehändler müssen höhere Qualitätsanforderungen gelten, und Grundversorger dürfen wechselbereite Verbraucher nicht durch gespaltene Grundtarife abschrecken", verlangte Müller.
Gewerkschaft trommelt für Bollwerk gegen Inflation
Die explodierenden Energiekosten sind maßgeblich für die nach oben schießende Inflation verantwortlich. Die Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie, IG BCE, versprach ihren Mitgliedern am Montag, für eine saftige Lohnerhöhung zu streiten. „Wir müssen ein Bollwerk gegen die Inflation errichten“, sagte Gewerkschaftsboss Michael Vassiliadis.
Von steigenden Gehältern profitieren nicht nur die Beschäftigen, sondern auch der Finanzminister. Denn das Lohnplus führt dazu, dass Beschäftigte in höhere Steuertarife rutschen. Die heimliche Steuererhöhung oder kalte Progression dürfte für Mehreinnahmen von zwei Milliarden Euro führen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will die Summe nur zum Teil an die Steuerzahler zurückgegeben. Ein Unding findet die CSU. Denn die anziehenden Preise belasteten alle. "Deshalb reicht es nicht, wenn die Ampel-Koalition einen Energiezuschlag zum Wohngeld zusagt. Damit lassen SPD, Grüne und FDP die Menschen im Stich, die jeden Tag mit ihrer Arbeit dieses Land am Laufen halten", sagte der finanzpolitische Sprecher Sebastian Brehm unserer Redaktion.