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Energiepolitik: Söder und Habeck zeigen sich bei Windkraft-Gipfel einig – doch wie lange?

Energiepolitik

Söder und Habeck zeigen sich bei Windkraft-Gipfel einig – doch wie lange?

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    Robert Habeck und Markus Söder wollen jetzt erst mal kooperieren.
    Robert Habeck und Markus Söder wollen jetzt erst mal kooperieren. Foto: Tobias Hase, dpa

    Vergangenen Sommer war es noch das Duell der „Kanzlerkandidaten der Herzen“, als Robert Habeck (Grüne) und Markus Söder (CSU) sich mitten im Wahlkampf beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel gemeinsam zum Fernsehinterview stellten. An diesem Donnerstag besuchte der eine Parteichef, der es immerhin zum Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz gebracht hat, den anderen, der nach wie vor bayerischer Ministerpräsident ist. Herzlich ging es angeblich auch bei diesem Treffen am frühen Morgen in der Staatskanzlei zu. Oder, vermutlich treffender formuliert: Es ging herzlich zur Sache – mit einem durchaus überraschenden Zwischenergebnis im Dauerstreit um den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und die umstrittene 10H-Abstandsregel für Windräder in Bayern.

    Das Vorspiel unterhalb der Chefetagen von Grünen und CSU ließ anderes vermuten. „10H ist Geschichte“, tönten die Grünen in Bayern unmittelbar nach ihrem Wahlsieg im Bund. Die neue Bundesregierung werde die Ausnahme im Bundesbaugesetz abschaffen, die die 10H-Regel in Bayern erst möglich machte, und den Ausbau der Windkraft im Freistaat dadurch wieder in Schwung bringen. Aus der CSU hieß es kategorisch, an der 10H-Regel werde nicht gerüttelt. Und selbst wenn das Bundesgesetz geändert werde, so die unterschwellige Drohung, werde der Bund ohne die Unterstützung der Staatsregierung im praktischen Vollzug nicht recht weit kommen.

    Windkraft-Gipfel zwischen Söder und Habeck: Kooperation statt Konfrontation

    Habeck und Söder ließen diesem politischen Waffengeklirr am Donnerstag wohltemperierte Diplomatie folgen – garniert mit einigen feinen Spitzen. Erst wurden Höflichkeiten ausgetauscht. Söder nannte es zum Auftakt der gemeinsamen Pressekonferenz „einen sehr positiven Stil, dass ein Bundesminister einen Antrittsbesuch macht“. Habeck erwiderte freundlich: „Dass das so spontan möglich war, dafür danke ich von Herzen.“ Dann machten sie klar, überraschend einvernehmlich, dass sie jetzt erst einmal auf Kooperation statt auf Konfrontation setzen wollen.

    „Der Ministerpräsident hat mit großer Leidenschaft und Überzeugungskraft dargelegt, wie wichtig der bayerischen Landesregierung der Klimaschutz ist“, sagte Habeck. Er habe Söder mit Blick auf den weiteren Ausbau von Sonnen- und Windenergie erwidert, „wie wichtig es ist, das eine zu tun und das andere nicht zu lassen.“ Habeck listete auf, was aus seiner Sicht für Energiewende und Klimaschutz getan werden müsse. Da ist man sich nach seinen Worten in vielen Punkten einig – etwa bei Wasserstoff, Geothermie und Photovoltaik. Aber, so Habeck, „wir brauchen auch einen ökologischen Patriotismus bei so schwierigen Techniken wie dem Ausbau der Windkraft“. Deshalb habe man vereinbart, „dass die bayerische Landesregierung bis März noch einmal darlegt, welche Pläne sie hat“. Außerdem hätten sie in dem Gespräch „einige Möglichkeiten identifiziert, wo der in Bayern völlig zum Erliegen gekommene Ausbau der Windkraft wieder in Gang gebracht werden könne“. Der Austausch darüber solle fortgesetzt werden.

    Nicht nur 10H in Bayern: Auch in Baden-Württemberg stockt der Windkraft-Ausbau

    Auch Söder gab sich konstruktiv. Er mochte sich zwar die Belehrung nicht verkneifen, dass es in Bayern „Staatsregierung heißt, nicht Landesregierung“, aber in der Sache gab er sich „offen für Ideen“. Söder forderte, die regionalen Besonderheiten zu akzeptieren. Er setze vor allem auf Sonnenenergie, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie. „Für uns ist Wind ein Baustein, aber nicht das einzige Thema“, sagte Söder und wies darauf hin, dass der Windkraftausbau auch in anderen Bundesländern stocke, wo es die 10H-Regel nicht gebe – etwa in Baden-Württemberg.

    „Für uns ist klar: 10H ist nicht der Hauptgrund. Deshalb glauben wir auch, dass 10H bleiben kann“, sagte Söder. Er bedankte sich, dass Habeck eine mögliche Änderung des Bundesbaugesetzes hinten angestellt hat und nicht nach dem Motto „friss oder stirb“ in das Gespräch gegangen sei. Er finde es, so Söder zu Habeck, „sehr positiv, dass Sie auf Dialog und nicht allein auf Hoheitliches setzen“. Der Hintergrund: Der Bund könnte die Ausnahme für 10H auch ohne die Zustimmung der Länder abschaffen.

    Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und die Freien Wähler sind für Windkraft

    Habeck bestätigte das. Man habe in dem Gespräch einen „positiven Pfad“ gefunden: „Und auf den setze ich erst einmal, bevor wir über die anderen Maßnahmen nachdenken.“ Zugleich betonte er, dass es ihm dabei auch um den Wirtschaftsstandort Bayern und die Versorgungssicherheit der Industrie im Freistaat geht. „Ich bin nicht Bundesminister für den Norden, sondern für Deutschland“, sagte Habeck.

    Nach einem Besuch bei BMW traf Habeck am Mittag noch mit Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Umweltminister Thorsten Glauber (beide Freie Wähler) zusammen. Dort entdeckte er offenbar noch größere Gemeinsamkeiten als zuvor mit Söder. Er habe „erfreut zur Kenntnis genommen“, so der grüne Bundeswirtschaftsminister, dass das, was zuvor in der Staatskanzlei „im Allgemeinen“ erörtert worden sei, „hier im Wirtschaftsministerium schon sehr konkret unterfüttert wurde“. Aiwanger stellte sich hinter den Windkraftausbau und versicherte: „Söder geht den Weg über Ausnahmen von der 10H-Regel mit.“

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