Kalt ist es, die Tage sind kurz und trübe, da sollte doch wenigstens die Wohnung schön warm sein. Offenbar geben wieder mehr Deutsche diesem verlockenden Gedanken nach und lassen sich von hohen Energiepreisen nicht abschrecken. Die Bundesnetzagentur als oberster Wächter über den Gasverbrauch in Deutschland jedenfalls schlägt Alarm. „Es ist kälter geworden und wir haben das Einsparziel in der letzten Woche deutlich verfehlt“, sagte Präsident Klaus Müller unserer Redaktion. Müller bekräftigte, „dass wir über den Winter mindestens 20 Prozent Gas einsparen müssen“.
Es dauert immer ein wenig, bis die aktuellen Werte in der Behörde angekommen, in der Tendenz indes wird offensichtlich zu wenig gespart. „In der letzten Woche waren es gerade noch 13 Prozent“, sagte Müller. Bei den Haushalten lasse sich das zwar mit den niedrigen Temperaturen erklären, aber auch temperaturbereinigt – also umgelegt auf die Temperaturen der letzten vier Jahre – liege der Verbrauch nur 16,5 Prozent unter dem Durchschnitt. Lageverschärfend kommt Müller zufolge hinzu, dass auch
„erstmals seit vielen Wochen zu viel Gas verbraucht“ werde.Gasspeicherstand in Deutschland sinkt
Der Gasspeicherstand sank derweil weiter und liegt unter 96 Prozent. Im für den Süden wichtigen österreichischen Speicher Haidach sind es nur noch knapp 93 Prozent. Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, bewertete die Lage vorsichtig optimistisch. „Mehrere Variablen haben sich deutlich verbessert – Speicherfüllstände, Gas-Importe aus anderen Ländern, Inbetriebnahme der LNG-Terminals –, sodass wir davon ausgehen können, dass wir bei einer über den gesamten Winter betrachtet eher milden Witterung und kontinuierlicher Einspar-Disziplin gut über den Winter kommen“, sagte sie unserer Redaktion.
Doch je mehr Gas die Deutschen verbrauchen, desto näher rückt das Land an den Ausnahmezustand heran, der von den Experten Gasmangellage genannt wird und in der die Bundesnetzagentur anfangen würde, das Gas zuzuteilen. Das kann der Behörde zufolge nur vermieden werden, wenn mindestens ein Fünftel des Vorjahresverbrauchs eingespart wird.
Beim Gasverbrauch steht Deutschland in enger Wechselwirkung mit Frankreich, und auch hier sind die Aussichten wie das Wetter: eher trübe. Denn von den 56 französischen Atomkraftwerken stehen derzeit noch 20 still. Schuld ist der Staatskonzern EDF, der mit seinen Reparaturarbeiten an den Meilern hinter Plan liegt. Im Januar sollen 46 Kraftwerke wieder am Netz sein. Ob das gelingt, ist aber nicht sicher. Die französische Regierung bereitet die Bevölkerung deshalb darauf vor, dass ihnen in den Wintermonaten möglicherweise zeitweise der Strom abgestellt werden muss, um einen Zusammenbruch der Netze zu verhindern.
Frankreich saugt den Strom ab
Wegen der großflächigen Probleme bei den Kernkraftwerken importiert Frankreich viel Strom aus Deutschland, weshalb hierzulande die Gaskraftwerke durchlaufen müssen. Sie liefern seit Anfang Dezember etwa ein Fünftel der deutschen Stromerzeugung. Je kälter es ist und je weniger französische AKW arbeiten, desto mehr Strom wird aus Deutschland importiert und desto stärker werden die Gaskraftwerke beansprucht. Das ist nicht nur problematisch für die Gasreserven, sondern sorgt auch für anhaltend hohe Strompreise.
Ohne Disziplin geht es also nicht. „Ich bitte alle Verbraucherinnen und Verbraucher dringend, Gas weiter sehr sparsam zu nutzen“, sagte Klaus Müller. Eine Gasmangellage scheine im Moment zwar unwahrscheinlicher zu sein, aber die Gefahr sei nicht gebannt. „Wir dürfen nicht leichtsinnig werden", mahnte der Präsident.