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Energiekrise: Vor der Ministerpräsidentenkonferenz gibt es Kritik an Strom- und Gaspreisbremse

Energiekrise

Vor der Ministerpräsidentenkonferenz gibt es Kritik an Strom- und Gaspreisbremse

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    Die Kosten von Gas und Strom sind wegen des Ukraine-Krieges steil nach oben geschossen. Die Preisbremsen sollen die Wucht lindern, aber die Unzufriedenheit mit den Entwürfen ist groß.
    Die Kosten von Gas und Strom sind wegen des Ukraine-Krieges steil nach oben geschossen. Die Preisbremsen sollen die Wucht lindern, aber die Unzufriedenheit mit den Entwürfen ist groß. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    Die Strom- und die Gaspreisbremse sind das wichtigste Projekt der Ampel-Koalition. Es ist mit heißer Nadel gestrickt und es wird enorm viel Geld verschlingen. Spätestens im März sollen Millionen Haushalte und Unternehmen die Hilfen bekommen – inklusive der Beträge für Januar und Februar, die rückwirkend fließen. Wegen des zeitlichen Drucks sollen die nötigen Gesetze noch vor Weihnachten durch das Parlament gebracht werden. 

    Doch die Entwürfe zu den Energiepreisbremsen sind noch nicht rund. Vor der Ministerpräsidentenkonferenz kommt Kritik aus den Ländern, die Energieversorger beklagen ein bürokratisches Monstrum und die Linken bemängeln die soziale Unwucht. Wenn die Länderchefs am Donnerstag mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammenkommen, dann wird es eine wesentliche Nachforderung geben.

    Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch findet, dass die Preisbremsen dem Dax-Vorstand mehr helfen als den Normalfamilien.
    Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch findet, dass die Preisbremsen dem Dax-Vorstand mehr helfen als den Normalfamilien. Foto: Martin Schutt, dpa

    Länderchefs wollen auch Zuschüsse für Öl- und Pelletheizungen

    Die Ministerpräsidenten dringen darauf, dass auch Haushalte entlastet werden, die mit Öl oder Holz heizen. Das Geld soll aus einem Härtefallfonds kommen, für den bisher 12 Milliarden Euro vorgesehen sind. Zwei Drittel dieser Mittel sind für Krankenhäuser eingeplant, weshalb für Öl- und Holzheizer nicht genügend übrig bleibt. 

    Die Linke hat einen anderen Punkt. Sie hat bei der Bundesregierung angefragt, wie unterschiedlich Verbraucher bei den Energiekosten entlastet werden. Die Zahlen liegen unserer Redaktion vor und stammen von Energiestaatssekretär Patrick Graichen aus dem Wirtschaftsministerium Robert Habecks. Demnach kann eine Familie mit durchschnittlichem Verbrauch im kommenden Jahr damit rechnen, durch die Preisbremsen insgesamt 720 Euro weniger für Energie zahlen zu müssen, als es ohne sie der Fall wäre. Die Beispielrechnung geht von einer Ersparnis von 240 Euro bei Strom (Jahresverbrauch 3000 Kilowattstunden) und 480 Euro bei Gas (Jahresverbrauch 20.000

    Leute, die in größeren Häusern leben und einen größeren Verbrauch haben, bekommen mehr Geld vom Staat erstattet. Laut der Antwort zum Beispiel 1120 Euro bei einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden Strom und 30.000 Kilowattstunden Gas. „Die Bürger werden nicht gleichbehandelt. Im Gegenteil: Dax-Vorstände werden üppig profitieren. Menschen, die in diesem Jahr oder schon immer sparen mussten, sind die Gelackmeierten“, sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch unserer Redaktion. Er stört sich an der Logik der Preisbremsen. Wer dieses Jahr mehr verbraucht hat, bekommt nächstes Jahr mehr Geld zurück. „Maximaler Verbrauch 2022 führt zu maximaler Entlastung 2023. Das ist die toxische Klausel der Strom- und Gaspreisbremsen“, beklagte Bartsch. Er verlangte einen sozial gerechten Preisdeckel. „Österreich macht es vor, dort liegt die Strompreisbremse bei 10 Cent“. 

    Strompreisbremse sei "sehr teuer, sehr kompliziert"

    Der Energiestaatssekretär entgegnet in seiner Antwort, dass der Vorwurf der Linken in seiner Pauschalität nicht zutreffe. „So leben in gut isolierten Neubauten mit entsprechend geringem Heizenergieverbrauch tendenziell eher Menschen mit hohem Einkommen, in schlecht isolierten Altbauten mit entsprechend hohem Heizenergieverbrauch tendenziell eher Menschen mit geringem Einkommen“, schreibt Graichen.

    Dass die staatlichen Zuschüsse nicht zielgenau nach Bedürftigkeit gewährt werden, liegt daran, dass die Energieversorger nicht wissen, wer hinter einem Anschluss sitzt. Das kann die Millionärsvilla mit Pool oder das Mehrfamilienhaus mit zehn Mitparteien sein. Energiekonzerne und Stadtwerke stehen vor der aufwändigen Aufgabe, alle Verträge individuell anzupassen. „Damit die Energiepreisbremsen aber tatsächlich fristgerecht umgesetzt werden können, braucht es allem voran eine starke Vereinfachung der vorgeschlagenen Verfahren“, verlangte die Geschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae. 

    Der Sachverständige Fritz Söllner von der Universität Ilmenau erklärte am Montag bei einer Anhörung im Bundestag, die Strompreisbremse sei „sehr teuer, sehr kompliziert und verfassungsrechtlich zumindest in Teilen sehr fragwürdig“. Er plädierte statt ihrer für die Preisbremse à la Spanien und Portugal, die Strom über staatliche Zuschüsse an Gaskraftwerke billiger machen. Die Ampel-Koalition hat bis zur finalen Abstimmung noch einiges bei ihrem wichtigsten Projekt zu tun, wenn es ein Erfolg werden soll.

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