Innerhalb von 24 Stunden haben die beiden russisch-deutschen Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 Druckprobleme gemeldet. Den Anfang machte Nord Stream 2. Die für die umstrittene und nie in Betrieb genommene Pipeline zuständige Nord Stream 2 AG meldete in der Nacht auf Montag einen plötzlichen und ungeplanten Druckverlust. Montagabend folgten ähnliche Nachrichten aus dem Kontrollzentrum der Nord Stream 1-Pipeline: In beiden Röhren sei ein Druckverlust zu verzeichnen. Die Kapazität der Pipeline sank auf Null.
Nachdem der Druckverlust bei Nord Stream 2 entdeckt worden war, waren sofort alle Marinebehörden der Ostsee-Anrainer informiert worden. Die dänische Behörde lieferte dann im Laufe des Montags eine mögliche Antwort für den Druckverlust in der Pipeline. Südöstlich der Insel Bornholm sei ein Gasleck beobachtet worden. Aufgrund der davon ausgehenden Gefahr für die Schifffahrt sei das Fahren innerhalb eines Bereichs von fünf Seemeilen von der besagten Position verboten.
Nord Stream 2 Druckverlust: Ist ein Gasleck verantwortlich?
Noch am gleichen Tag folgte ein weiterer Hinweis der dänischen Behörden. Ein weiteres Gasleck, diesmal nordöstlich von Bornholm, sei entdeckt worden. Wieder wurde eine Gefahr für die Schifffahrt festgestellt und der Schiffverkehr im Radius von fünf Seemeilen verboten. Am Dienstagmorgen war dann von einem zweiten dritten Leck die Rede, ebenfalls nordöstlich von Bornholm. Die beiden Lecks sind wohl die Ursache für den Druckverlust bei Nord Stream 1.
Zweifel an Unfall nach Druckverlust bei Nord Stream
Inzwischen mehren sich allerdings die Zweifel an einem Unfall. Laut Spezialisten spreche einiges für Sabotage. Sollte es sich um einen Anschlag handeln, würde angesichts des technischen Aufwands eigentlich nur ein staatlicher Akteur infrage kommen.
Polen schließe laut der Deutschen Presse-Agentur nicht aus, dass die von dänischen Behörden entdeckten Lecks an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 auf eine russische Provokation zurückgehen. Man befinde sich in einer Situation hoher internationaler Spannung, sagte Polens Vize-Außenminister Marcin Przydacz am Dienstag in Warschau. "Leider verfolgt unser östlicher Nachbar ständig eine aggressive Politik. Wenn er zu einer aggressiven militärischen Politik in der Ukraine fähig ist, ist es offensichtlich, dass keine Provokationen ausgeschlossen werden können, auch nicht in den Abschnitten, die in Westeuropa liegen."
Russland schließt eine Sabotage ebenfalls nicht aus. "Jetzt kann keine Variante ausgeschlossen werden", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag auf die Frage, ob Sabotage der Grund sein könne für den Druckabfall.
Nord Stream 1 und 2 Druckverlust: Wirtschaftsministerium spricht Entwarnung aus
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), die Netzagentur und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sprachen derweile eine Entwarnung aus. Weder für die Versorgungssicherheit in Deutschland noch für die Umwelt seien die möglichen Gaslecks eine Gefahr. "Es fließt seit dem russischen Stopp der Lieferungen Anfang September kein Gas mehr durch Nord Stream 1. Die Speicherstände steigen dennoch weiter kontinuierlich an. Sie liegen aktuell bei rund 91 Prozent", hieß es von offizieller Seite.
Die DUH sieht zumindest kurzfristig keine Umweltgefahren wegen des Gaslecks. Erdgas entspreche dem Treibhausgas Methan, welches nur für das Klima schädlich sei. Selbst im Falle einer Explosion unter Wasser, wären die Schäden nur lokal.
Nord Stream 1 und 2 Druckverlust: Pipelines könnten leerlaufen
Sollte es besonders schlecht laufen, könnte eine große Menge an Gas aus den beiden Pipelines austreten. Der Sprecher von Nord Stream 2, Ulrich Lissek, befürchtet, dass die umstrittene Gaspipeline in den nächsten Tagen leerlaufen könnte. Die Pipeline, die nach der Fertigstellung aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine nie in Betrieb genommen wurde sondern nur einmalig befüllt wurde, beinhaltete 177 Millionen Kubikmeter Gas.
Durch Nord Stream 1 hingegen floss noch bis Anfang September Gas nach Deutschland. Dann stoppte der russische Gaskonzern seine Lieferungen.
Nord Stream 1 und 2 Druckverlust: Sanktionen behindern Aufklärung
Der russische Angriffskrieg und die daraus resultierenden Sanktionen gegen Nord Stream 1 und 2 behindern jetzt auch die Aufklärung des Druckverlusts der beiden Pipelines. Man stehe unter Sanktionen, verfüge kaum noch über Personal, und Gelder seien eingefroren, sagte der Sprecher der Nord Stream 2 AG. Noch ist es nicht möglich, eine Ursache für die drei Lecks zu benennen.