Die vergleichsweise milde Witterung täuscht darüber hinweg, dass es viele Firmen-Chefinnen und -Chefs mit Blick auf die Energiekosten fröstelt. Wer in der Vergangenheit angesichts steigender Gas- und Strompreise auf sogenannte leitungsungebundene Energieträger wie Heizöl und Pellets umgestiegen ist, wird besonders kalt erwischt. Dafür gibt es schließlich keine staatlichen Preishilfen.
Private sollen zwar Unterstützung erhalten, doch die steht noch in den Sternen. Die 16 Wirtschaftsministerinnen und -minister der Länder sind sauer. Sie verabschiedeten am Dienstag parteiübergreifend einen Brandbrief an die Regierung. Das Schreiben liegt unserer Redaktion vor. Die CDU will das Thema im Bundestag auf die Tagesordnung setzen.
„Die Ampel reißt mutwillig Lücken in die Preishilfen und bricht damit ihre Versprechen“, sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung unserer Redaktion. Die Regierung habe mit viel Getöse Unterstützung versprochen, diese sei von den Ampelfraktionen jedoch hintenrum wieder eingesammelt worden. „Mit diesem Wortbruch wird die Ampel nicht durchkommen, wir machen das im Bundestag zum Thema“, sagte Jung, der auch Sprecher für Klimaschutz und Energie in der Unions-Bundestagsfraktion ist.
Härtefallhilfen: Alle Länder wollen Hilfen für Pelletöfen
Für die Wirtschaftsministerkonferenz rief deren Vorsitzender Hubert Aiwanger die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP dazu auf, die Entscheidung zu revidieren. Sie stehe „im Gegensatz zu den diesbezüglichen Vorabstimmungen sowie im Widerspruch zu dem vom Bundestag selbst beschlossenen Programm zur Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern, die mit Heizöl oder Holz heizen“, schrieb der bayerische Wirtschaftsminister (Freie Wähler). Diese könne „zu einem Verlust von Vertrauen in die politischen Entscheidungsträger beitragen und ist allein deshalb schon äußerst bedauerlich“, fuhr Aiwanger fort und ergänzte: „Sie schafft aber auch im Hinblick auf die dringend notwendige Unterstützung unserer Wirtschaft in der aktuellen Krise massive Probleme.“
Hintergrund des Streits sind die Härtefallhilfen des Bundes. Anfang Dezember hatte der niedersächsische Landeschef Stephan Weil nach der Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzler Olaf Scholz noch festgestellt, dass es Finanzspritzen „insbesondere für diejenigen Unternehmen, die mit Öl oder mit Pellets heizen“, geben soll. „Das ist vor allen Dingen auch in vielen kleinen und mittleren Betrieben deswegen der Fall, weil sie dem Rat gefolgt sind, aus dem Gas herauszugehen und auf andere Energieträger zu wechseln“, erklärte der SPD-Politiker. Zwei Wochen später bekräftigte Patrick Graichen, er ist Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne), dass die Härtefallregelung für kleine und mittlere Unternehmen „auch bei leitungsungebundenen Energieträgern wie zum Beispiel Heizöl und Pellets zur Verfügung“ stehe. Ende Januar dann die große Überraschung: Der Haushaltsausschuss gab zwar die erste Tranche in Höhe von 375 Millionen Euro frei. Die Koalitionsfraktionen setzten jedoch durch, dass leitungsungebundene Energieträger von den Hilfen ausgenommen sind.
Stark gestiegene Kosten beim Heizen mit Pellets und Öl
CDU-Vize Jung macht als Leidtragende Bürger und Betriebe vor allem auf dem Land aus. „Dort wird häufiger mit Öl oder Pellets geheizt“, sagt der Konstanzer und nennt als Beispiel eine Bäckerei, die der Umwelt zuliebe von Gas auf Pellets umstellte und jetzt gekniffen ist. „Wäre sie beim Gas geblieben, bekäme sie Unterstützung. Mit ihren gestiegenen Pelletkosten aber lässt die Ampel sie im Regen stehen – entgegen aller Beteuerungen“, kritisiert Jung und legt nach: „Der Umweltbewusste ist der Dumme beim grünen Wirtschaftsminister, das kann doch nicht wahr sein!" Auch die längst zugesagte Hilfe bei gestiegenen Öl- und Pelletpreisen für Privathaushalte stehe immer noch in den Sternen.
Die Intervention der Koalitionsfraktionen geht offenbar auf einen Paradigmenwechsel zurück. Wurden Holzpellets etwa vor 20 Jahren mit Unterstützung der Regierung noch als „Erfolgsgeschichte“ verkauft, so weist das grüne Wirtschaftsministerium heute darauf hin, dass Festbrennstoffe wie Holz, Pellets, Holzkohle „teilweise nicht klimaneutral“ seien. Der Beliebtheit tat das bisher keinen Abbruch. Von März bis Juli 2022 wurden nach neusten verfügbaren Zahlen des Statistischen Bundesamtes mehr als 700.000 neue Heizöfen nach Deutschland importiert – 8,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
„Die Regierung muss ihre Zusagen gegenüber Bürgerinnen und Bürgern, Mittelstand und Industrie einhalten, es geht um Existenzen – und um den viel beschworenen Zusammenhalt in der Krise“, sagte CDU-Vize Jung. Aiwanger mahnte, noch sei es „für eine Korrektur im Sinne aller Betroffenen nicht zu spät“.