Es ist die vielleicht plakativste Maßnahme, gleichzeitig aber wohl eine mit vergleichsweise geringen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger: Als Reaktion auf die schwankenden Gaslieferungen aus Russland soll es "künftig untersagt werden, dass Hausbesitzer private Pools mit Gas beheizen". Das ist eine der Neuerungen, die Wirtschaftsminister Robert Habeck mit einem zusätzlichen „Energiesicherungspaket“ auf den Weg gebracht hat. Der Grünen-Politiker reagierte damit auf die Entwicklung bei der Gasröhre Nord Stream 1. Sie wurde nach einer Routinewartung am Donnerstag wieder in Betrieb genommen, allerdings nur mit einer Auslastung zwischen 30 und 40 Prozent.
Zehn Tage lang hatte Deutschland gebannt auf die Pipeline geschaut und sich gefragt, ob der russische Präsident Wladimir Putin dem Betreiber Gazprom die Erlaubnis zur Inbetriebnahme erteilen würde. , es fließt aber weniger Gas als technisch möglich wäre. Nord Stream 1 kann maximal rund 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr durchleiten, also etwa 150 Millionen Kubikmeter pro Tag. Derzeit sind es aber nur etwa 67 Millionen Kubikmeter – so viel, wie bereits vor den Wartungsarbeiten nach Deutschland floss. Russland macht für den reduzierten Durchfluss eine fehlende Turbine verantwortlich. Das Teil wurde in Kanada repariert, die Turbine ist angeblich gerade nicht auffindbar. Für die Bundesregierung sind die russischen Angaben allerdings nur ein weiteres Teil . Habeck zeigte sich entsprechend angesäuert. Man habe manchmal den Eindruck, Russland wolle die Turbine gar nicht mehr zurücknehmen, sagte der Grünen-Politiker, der sich wegen einer Corona-Infektion immer noch in Isolation befindet.
Putin gibt den Garanten für Energiesicherheit
Kurz zuvor hatte sich der Kreml damit gebrüstet, "ein Garant für die Energiesicherheit in Europa" zu sein. Habeck wies das angesichts der nahezu täglich neuen politischen Kapriolen in Moskau zurück. "Im Gegenteil: Russland erweist sich zunehmend als Unsicherheitsfaktor im Energiesektor", sagte er. Die Lage bleibt angespannt, "deshalb verstärken wir noch mal die Anstrengungen. Der Gasverbrauch muss weiter runter, die Speicher müssen voll werden", bekräftigte der Minister. Es gebe bereits "große Fortschritte" im Bemühen, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren. "Aber es ist jetzt schon absehbar, dass das Jahr 2023 noch anspruchsvoll sein wird. Gas bleibt ein knappes Gut und entsprechend sorgsam sollten wir damit umgehen", mahnte Habeck.
" fußt deshalb vor allem auf drei Schwerpunkten. Erstens sollen die Gasspeicher möglichst noch schneller noch voller werden als bisher geplant. Dafür erhöht die Regierung in den nächsten Tagen per Ministerverordnung die gesetzlich vorgeschriebenen Füllstände. Aktuell sind die Speicher zu etwa 65 Prozent gefüllt. Zum 1. September müssen es 75 Prozent sein, diese Stufe wurde neu eingefügt. Die Füllstandvorgaben zum 1. Oktober sowie zum 1. November werden jeweils um fünf Punkte auf 85 beziehungsweise 95 Prozent angehoben.
Zweitens aktiviert Habeck zum 1. Oktober die sogenannte Braunkohlereserve. Der eigentlich schon verbannte fossile Energieträger soll für die Stromproduktion eingesetzt werden und die Gasverstromung ersetzen. Durch die Maßnahme steigt der Schadstoffausstoß in Deutschland wieder an, die Ampel-Regierung hält bislang trotzdem an den gesteckten Klimazielen fest. Damit die Kohle in den Kraftwerken ankommt, erhöht das Verkehrsministerium von Volker Wissing die Transportkapazitäten auf der Schiene. Freie Trassenkapazitäten können bevorzugt für Kohletransporte benutzt werden, erklärte der FDP-Politiker. Mineralöltransporte sind in die Priorisierung eingeschlossen.
Habeck will in öffentlichen Gebäuden mehr Energie sparen
Drittens weitet Habeck in den kommenden Wochen die Effizienz- und Einsparmaßnahmen aus. Große Unternehmen sollen ihre Einsparbemühungen weiter vorantreiben, die Auswirkungen werden zudem in öffentlichen Gebäuden und im privaten Haushalt zu spüren sein. Räume, in denen man sich nicht regelmäßig aufhält, etwa Flure, große Hallen, Foyers oder Technikräume, werden nicht mehr geheizt, wenn die sicherheitstechnischen Anforderungen das erlauben. Falls Mieterinnen und Mieter vertraglich verpflichtet sind, eine Mindesttemperatur in ihrer Wohnung einzuhalten, soll das vorübergehend ausgesetzt werden. Wer seine Heizung herunterdrehen wolle, solle dies auch tun dürfen, erklärte Habeck.
Weiteres Einsparpotenzial könnte Habeck zufolge durch einen "Heizungscheck" gehoben werden, der Minister nannte als Beispiel eine Nachtabsenkung. Eigentümer von Gebäuden mit einer zentralen Wärmeversorgung – also in der Regel Mehrfamilienhäuser – sollen zur Effizienzsteigerung einen "hydraulischen Abgleich" machen, damit sich das Heizwasser im System optimal verteilt. "Da es sich hierbei um eine Instandhaltungsmaßnahme handelt, trägt hierfür der Eigentümer beziehungsweise der Vermieter die Kosten", erklärte der Minister.
Und dann ist da noch das Verbot privater, gasbeheizter Pools. Wie das denn durchgesetzt werden solle, wurde Habeck gefragt. "Ich denke jetzt nicht, dass die Polizei alle Poolbesitzer aufsuchen wird und guckt, ob die Pools warm sind", antwortete der Minister und ergänzte: "Es ist gar kein Land, in dem ich leben möchte, wo man die Bürgerinnen und Bürger drangsaliert und kontrolliert."