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Energiekrise: Einladung zum Abkassieren? Die Milliardenversuchung bei Strom- und Gaspreisbremse

Energiekrise

Einladung zum Abkassieren? Die Milliardenversuchung bei Strom- und Gaspreisbremse

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    Teure Flamme - Gas- und Strompreisbremse sollen Heizen und Elektrizität bezahlbar halten.
    Teure Flamme - Gas- und Strompreisbremse sollen Heizen und Elektrizität bezahlbar halten. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa (Symbolbild)

    Vater Staat geht in die Vollen. Nach Corona bekämpft er jetzt die ökonomischen Folgen des Ukrainekrieges mit enormen Beträgen. 200 Milliarden Euro stehen für den Abwehrschirm gegen die Preisexplosion bei Strom und Gas bereit. Damit werden die Energieausgaben von Haushalten und Unternehmen bezuschusst und heruntersubventioniert. 

    Für den Großteil des Verbrauchs übernimmt die Bundesregierung alles, was über den festgesetzten Grenzen liegt. 12 Cent je Kilowattstunde beträgt die Marke beim Gasverbrauch, 40 Cent beim Strom. Nur die Industrie hat andere Werte. „Da werden einige Versorger noch ein paar Cent nach dem Jahreswechsel drauflegen“, sagte neulich ein Kenner bei einem abendlichen Treffen der Energiebranche über den Dächern Berlins. 

    Die Energiepreisbremse: "Ein Fass ohne Boden für die Steuerzahler"?

    Denn Vater Staat bezahlt ja die Preiserhöhung. Ob die Kilowattstunde Strom 48 Cent oder 53 Cent kostet, ist im Mechanismus der Preisbremse egal. Die Differenz zu 40 Cent wird übernommen. Analog funktioniert es bei Gas. 

    Den Verdacht des Branchenkenners hat auch die Linkspartei, nur ist es bei ihr eine Befürchtung. „Ohne staatliche Preiskontrollen sind die Strom- und Gaspreisbremsen eine Einladung zum Abkassieren und ein Fass ohne Boden für die Steuerzahler“, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch unserer Redaktion. 

    Dietmar Bartsch verlangt staatliche Preiskontrollen bei Energie und fürchtet massive Mitnahmeeffekte der Energieversorger bei den Zuschüssen.
    Dietmar Bartsch verlangt staatliche Preiskontrollen bei Energie und fürchtet massive Mitnahmeeffekte der Energieversorger bei den Zuschüssen. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Er fordert, dass die Energieversorger und Stadtwerke ihre Preiskalkulationen dem Bundeswirtschaftsministerium melden und dieses dann die geplante Erhöhung absegnen müsste. Das habe auch einen preisdämpfenden Charakter. „Einfach laufen lassen und jeden beliebigen Preis bezahlen, geht nicht“, betonte Bartsch. 

    Der Stadtwerkeverband VKU weist die unterstellte Abkassiererei auf Kosten der Steuerzahler entschieden zurück. „Der pauschale Vorwurf, der alle Energieversorger über einen Kamm schert und ihnen Optimierungsfinesse zulasten des Steuerzahlers unterstellt, ist grundfalsch“, sagte ein Die konservative Beschaffungsweise der Stadtwerke habe die Endkunden bislang vor noch höheren Preissteigerungen geschützt.

    In den Gesetzentwürfen zu Strom- und Gaspreisbremse ist den Unternehmen die „missbräuchliche Ausnutzung“ der Entlastungen verboten. Die Missbrauchskontrolle erfolgt durch das Bundeskartellamt. Die Behörde kann bei Betrug anordnen, dass die Zahlungen aus dem Abwehrschirm zurückzuerstatten sind. Für die Hüter des Wettbewerbs ist es der zweite Auftrag zur Überwachung milliardenschwerer Staatshilfen binnen Monaten. Das Kartellamt hatte auch ein Auge auf den Tankrabatt. 

    Ölkonzerne verhielten sich bei Tankrabatt korrekt

    In einem vor wenigen Tagen vorgelegten Zwischenbericht kam es zu dem Ergebnis, dass die Mineralölkonzerne den Abschlag überwiegend an die Auto- und Lastwagenfahrer weitergereicht haben. Allerdings können die Beamten nur zugreifen, wenn ein Anfangsverdacht auf kartellrechtliche Verstöße besteht. Das Vorhaben, dem Amt strengere Prüfungen zu ermöglichen, hängt im Gesetzgebungsverfahren zwischen den Ampel-Parteien fest. 

    Der ADAC jedenfalls bleibt ungeachtet des Zwischenberichts bei seiner Position, dass die Ölkonzerne einen Teil des dreimonatigen Tankrabatts in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. „Zusätzlich kam es bereits vor der Einführung des Tankrabatts zu nicht erklärbaren Preiserhöhungen", erklärte der Autoclub. Das Kartellamt hat aber immerhin mehr Zeit für Prüfungen. Denn die beiden Preisbremsen sollen bis Ende April 2024 greifen. Nach den Planungen der Koalition wird die Energierechnung der Kunden ab März verringert. Die Entlastung für Januar und Februar wird im März rückwirkend verrechnet. Haushalte und kleinere Unternehmen müssen sich um nichts kümmern. Ihr Energieversorger regelt die Abwicklung automatisch für sie und reduziert die monatlichen Abschläge. 

    So entlasten die beiden Preisbremsen

    Das Wirtschaftsministerium hat zwei Beispiele aufgestellt. 

    Strom: Eine vierköpfige Familie mit einem Jahresverbrauch von 4500 Kilowattstunden spart durch die Strompreisbremse mehrere hundert Euro im nächsten Jahr. Lag ihr bisheriger

    Gas: Eine vierköpfige Familie lebt auf 100 Quadratmetern und hat einen Jahresverbrauch von 15.000 Kilowattstunden. Ihr Gaspreis von 8 Cent je Kilowattstunde führte bislang zu einem Abschlag von 100 Euro pro Monat. Nach einer Preiserhöhung auf 22 Cent wären im neuen Jahr bei gleichbleibendem Verbrauch 275 Euro fällig. Wegen der Preisbremse sind es aber nur 175 Euro, so dass der Staat im Gesamtjahr 1200 Euro bei der Gasrechnung übernimmt. 

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