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Energiekrise: Die Union setzt Habeck bei den Strompreisen unter Druck

Energiekrise

Die Union setzt Habeck bei den Strompreisen unter Druck

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    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) würde gerne den Gashahn aufdrehen, den Wladimir Putin angezogen hat.
    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) würde gerne den Gashahn aufdrehen, den Wladimir Putin angezogen hat. Foto: Soeren Stache, dpa

    Deutschland lernt gerade auf die harte Tour, wie sein Energiesystem funktioniert. Dass die enormen Preise für Gas auch die Preise für Strom nach oben schnellen lassen. Dass die steilen Anstiege Unternehmen und Verbraucher überfordern werden. Die Bundesregierung ringt um Antworten und macht Fehler wie bei der Gasumlage. Selbst der Star des Kabinetts, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), trägt erste Kratzer davon.

    Die Opposition geht deshalb jetzt nach vorn und legt eigene Vorschläge vor, wie die Energiekrise gelindert werden kann. „Wir müssen beim Strom weg von Putins Kriegspreis hin zu einem bezahlbaren Marktpreis. Deshalb brauchen wir eine Strompreis-Bremse“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt unserer Redaktion.

    Alexander Dobrindt (CSU) fordert eine Strompreis-Bremse.
    Alexander Dobrindt (CSU) fordert eine Strompreis-Bremse. Foto: Kay Nietfeld, dpa (Archivbild)

    Die Union will die Kosten für Gaskraftwerke aus dem Strompreis ausschließen

    Die Bremse soll folgendermaßen funktionieren: Wenn Gaskraftwerke Strom erzeugen, sollen die hohen Kosten nicht mehr in den Großhandelspreis einfließen. So steht es in einem Papier für die am Donnerstag beginnende Klausurtagung des geschäftsführenden Vorstands der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der sich in Murnau und auf der Zugspitze trifft. Der Entwurf liegt unserer Redaktion in Auszügen vor. „Das hätte sofort eine dämpfende Wirkung auf die Strompreisbildung und würde die Wirtschaft und besonders den Mittelstand entlasten“, heißt es darin.

    Gaskraftwerke liefern wegen der hohen Brennstoffkosten den teuersten Strom. Aufgrund der geltenden Mechanik auf dem Strommarkt (sogenannte Merit-Order) setzen sie den Preis für alle anderen Kraftwerke, selbst wenn beispielsweise Kohlekraftwerke oder Windparks günstiger liefern. Das führt dazu, dass an der Strombörse in Leipzig der Großhandelspreis im August um das Fünffache über dem des Vorjahresmonats lag.

    Irsching an der Donau gilt als das modernste Gaskraftwerk in Europa. Der Einsatz von Gas in der Stromerzeugung treibt die Preise derzeit extrem nach oben.
    Irsching an der Donau gilt als das modernste Gaskraftwerk in Europa. Der Einsatz von Gas in der Stromerzeugung treibt die Preise derzeit extrem nach oben. Foto: Tobias Hase, dpa

    Die Preisexplosion schlägt sich nicht 1:1 in den Preisen nieder, die Haushalte und Verbraucher zahlen müssen. Die Betreiber von Kraftwerken verkaufen ihren Strom um einige Jahre im Voraus, sodass die Kunden derzeit noch von günstigen Alt-Konditionen profitieren. Die Kostensteigerungen kommen schrittweise in den Rechnungen an. Schon jetzt summieren sie sich laut dem Vergleichsportal Check24 bei einem Musterhaushalt auf 400 Euro jährlich.

    CDU und CSU setzen den zuständigen Energieminister Habeck mit einer Idee unter Druck, die er selbst vertritt, für die er aber keine schnelle Realisierungschance sieht. Der Strommarkt funktioniert europäisch und Änderungen an seinen Regeln lassen sich im Alleingang nur unter großen Risiken durchsetzen. Spanien und Portugal konnten den Schritt gehen, weil sie kaum mit dem europäischen Netz verflochten sind.

    Habeck plädiert für eine Übergewinnsteuer light

    Eine europäische Reform würde dauern, was der Union die Möglichkeit geben wird, Habeck den Vorschlag immer wieder auf das Brot zu schmieren. Der Minister will deshalb in einem ersten Schritt einen Teil der Übergewinne abschöpfen, die sich aus der Einsatzreihenfolge der Kraftwerke ergeben. Das heißt, dass die Betreiber von Windparks und Braunkohlekraftwerken zahlen müssten. Ob der für Steuern zuständige Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei der „Übergewinnsteuer light“ mitzieht, ist fraglich.

    Noch nicht beantwortet ist die Frage, wer eigentlich den Eigentümern von Gaskraftwerken die Differenz bezahlt? Dazu schweigen sich sowohl Habeck als auch die Union bisher aus. Denn klar ist, dass deren Kraftwerksleistung gebraucht wird, damit in Deutschland und Europa genügend Strom bereitsteht. Kanzler Olaf Scholz (SPD) stellte sich dennoch hinter den Vorschlag, in den Strommarkt einzugreifen. Die Preisbildung gebe „nicht die wirkliche Lage wieder“, sagte er zum Auftakt der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg im Norden Berlins. Übertreibungen müssten verhindert werden.

    Städte rufen um Hilfe

    Wie stark das deutsche Energiesystem mittlerweile unter Stress steht, zeigt der Hilferuf der Städte vom Dienstag. Sie verlangten Finanzhilfen für die eigenen Versorger. „Für die Stadtwerke brauchen wir einen Rettungsschirm“, sagte Städtetagspräsident Markus Lewe. Er forderte, dass ein Teil der Gasumlage an die kommunalen Versorger gehen müsse. Sein Argument: Schließlich sollen die Stadtwerke auch Haushalte und Firmen weiter beliefern, die im Winter ihre Rechnung nicht zahlen können.

    Die CDU/CSU-Fraktionsführung wirft der Regierung denn auch vor, Unsicherheit im Land zu schüren, statt für Stabilität zu sorgen. „Gerade jetzt braucht Deutschland eine entschlossene Bundesregierung. Doch statt Orientierung zu geben und Verantwortung zu übernehmen, stiftet die Ampel-Regierung mit Verzagtheit, Verzögerungen und Dauerstreit weitere Unsicherheit und Unruhe in der Bevölkerung“, heißt es im Entwurf des Beschlusspapiers für die Klausurtagung.

    Merz und Dobrindt laden ein

    Bis heute habe die Bundesregierung „kein Gesamtkonzept zur Reduzierung der Inflation entwickelt, und sie lässt die Bürgerinnen und Bürger mit steigenden Preisen bei Sprit, Strom, Wärme und Lebensmitteln im Regen stehen“, kritisiert die Unionsfraktion. Fast täglich würden „unsortierte Entlastungsvorschläge in die Öffentlichkeit getragen und von den eigenen Koalitionspartnern wieder zerredet, statt am Kabinettstisch eine vernünftige Lösung für die Bürgerinnen und Bürger zu finden“. Gleichzeitig habe die Bundesregierung bis heute keinen Plan für eine stabile, unabhängige und bezahlbare Energieversorgung und riskiere „sehenden Auges eine Wirtschaftskrise mit dem ersten Handelsbilanzdefizit seit über 20 Jahren, steigenden Arbeitslosenzahlen und einer Rekordsteuerbelastung für Unternehmen weit über OECD-Durchschnitt“.

    Bei der Klausurtagung der Spitzen von CDU und CSU stehen die wirtschafts-, energie- und sicherheitspolitische Lage Deutschlands sowie die daraus resultierenden Herausforderungen im Mittelpunkt. Als Gäste werden auf Einladung von Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) und dem CSU-Landesgruppenvorsitzenden Dobrindt die Wirtschaftsweise Veronika Grimm und E.ON-Chef Leonhard Birnbaum erwartet.

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