Was passiert, wenn Wladimir Putin den Gashahn im Laufe des Monats ganz zudreht? Mit welchen Maßnahmen die Politik darauf reagieren würde, ist zwar noch unklar. Dramatische Auswirkungen aber dürften sie in jedem Fall haben. In Hamburg zum Beispiel will Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) im Falle eines Gas-Notstands die Versorgung mit Warmwasser beschränken und es nur noch zu bestimmten Tageszeiten zur Verfügung stellen.
Im Wirtschaftsministerium in Berlin wird dem Vernehmen nach die Einführung einer Umlage auf den Gaspreis vorbereitet, die jeder Kunde und jede Kundin zahlen müsste, also auch die mit noch vergleichsweise günstigen Verträgen. Außerdem rät das Ministerium von Robert Habeck (Grüne) den Unternehmen, sich schon einmal Notstromaggregate anzuschaffen, um die Energieversorgung in den Betrieben sicherzustellen.
Am 11. Juli beginnen die Wartungsarbeite an der Pipeline
Empfehlenswert sei dies vor allem für die Betreiber von kritischer Infrastruktur, betont Habecks Staatssekretär Patrick Graichen in einem Schreiben an den CSU-Abgeordneten Stephan Pilsinger, das unserer Redaktion vorliegt. In der vergangenen Woche wurden etwa 13 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms noch aus Erdgas erzeugt – sollten diese Kraftwerke mangels Gas abgeschaltet werden müssen, „wäre eine Versorgung zumindest temporär immer noch durch Notstromaggregate möglich“, findet Graichen.
Am 11. Juli beginnen die jährlichen Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1, die in der Regel zehn Tage dauern. In dieser Zeit fließt kein Gas durch die Leitung. Habeck befürchtet, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht mehr aufdreht, nachdem die Gasflüsse aus Nord Stream 1 schon jetzt nur noch bei 40 Prozent der Maximalleistung liegen. Droht dann, wie Habeck es prophezeit, eine weitere „Preisexplosion“ bei einigen Stadtwerken?
Bundeskanzler Olaf Scholz will sie durch weitere Hilfsmaßnahmen verhindern. Staatliche Kredite an Versorger etwa trügen dazu bei, „dass die Preise noch nicht durchgeschlagen sind“, betonte er in der ARD. Die Union fürchtet dagegen einen kalten Winter. „Statt mit immer neuen Ideen für Verhaltensvorschriften die Menschen zu verunsichern, muss die Ampel endlich konkret sagen, wie sie die Energieversorgung in Deutschland gewährleisten will“, betonte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gegenüber unserer Redaktion. Habeck müsse endlich die Karten auf den Tisch legen, wie die Gasspeicher gefüllt werden sollen und wann die Flüssiggaslieferungen aus Katar starten. „In dieser Lage ist es zwingend geboten, die Kohlekraftwerke hochzufahren und die Kernkraftwerke weiterlaufen zu lassen.“ Es gehe, so Dobrindt weiter, um eine Grundsatzentscheidung: „Kohle und Kernkraft – oder ein kalter Winter.“ Aus vollmundigen Ankündigungen könne man keinen Strom machen.
DGB-Chefin Fahimi plädiert für einen Preisdeckel
Die neue Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi, plädiert vor dem Spitzentreffen der Tarifpartner mit Scholz an diesem Montag für eine Deckelung der Energiepreise: „Für jeden Erwachsenen und jedes Kind wird ein Grundbedarf für Strom und Gas festgelegt“, sagte sie der Bild am Sonntag. „Für diese Menge an Kilowattstunden gibt es eine Preisgarantie.“ Mehr verbrauchte Energie müsse bezahlt werden. „Das wäre nicht nur ein wirksamer Anreiz zum Energiesparen, sondern auch eine deutliche Entlastung vor allem für Haushalte mit kleinem Einkommen.“