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Energie: Atom-Meiler abgeschaltet – aber der Streit nimmt kein Ende

Energie

Atom-Meiler abgeschaltet – aber der Streit nimmt kein Ende

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    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nimmt nach seinem Besuch des Kernkraftwerks Isar 2 an einer Pressekonferenz vor der Anlage teil.
    Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nimmt nach seinem Besuch des Kernkraftwerks Isar 2 an einer Pressekonferenz vor der Anlage teil. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Die letzten drei deutschen Atommeiler sind abgeschaltet, doch die Diskussion um die Kernenergie geht weiter. Mit seinem Vorstoß, das Kernkraftwerk Isar 2 in Landesregie weiterzubetreiben, sorgt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder für erbitterten Streit. Vor allem die Grünen sind empört über den CSU-Politiker, der vom Bund eine Regelung fordert, die es den Ländern erlaubt, unter eigener Verantwortung Atomanlagen auch künftig zu nutzen. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) wies das Ansinnen aus München postwendend zurück. "Selbst wenn man den Reaktor, wie Herr Söder es offensichtlich will, wieder ans Netz bringen möchte, reicht es dazu nicht, ihm eine neue Laufzeit rechtlich einzuräumen. Es bedürfte quasi einer Neugenehmigung des Reaktors", sagte sie.

    Jürgen Trittin ist erleichtert über den vollständigen Atomausstieg in Deutschland

    Hart ins Gericht geht auch die bayerische Grünen-Politikerin Claudia Roth mit dem Landeschef: "Recht und Gesetz, allen voran unser Grundgesetz, sollten auch für den Bayerischen Landtagswahlkampf gelten." Roth hält Söder zudem vor: "Wer Ja zu neuer Atomkraft in Bayern sagt, der muss auch Ja zu Atommüll in bayerischen Endlagern sagen." Söder habe sich in der Vergangenheit "mit Händen und Füßen gegen eine ergebnisoffene Standortsuche für atomare Endlager auch in Bayern" gewehrt. Damit, so Roth zu unserer Redaktion, habe er "sich selbst in der energiepolitischen Debatte abgeschaltet". Söder verwies am Montag darauf, dass die Länder schon bisher fachlich und rechtlich allein zuständig gewesen seien. Auch CDU-Chef Friedrich Merz zeigte sich offen für die Diskussion. Er bewertete die Stilllegung der verbliebenen drei Kraftwerke als eine "völlig überstürzte Entscheidung der Bundesregierung".

    Dagegen zeigte sich Jürgen Trittin, als ehemaliger Bundesumweltminister einer der Väter des Atom-Endes, gegenüber unserer Redaktion erleichtert: "Mit dem nun verzögert vollzogenen Atomausstieg beenden wir in Deutschland nach den Erfahrungen von Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima geordnet eine Hochrisikotechnologie." Laut dem Grünen-Politiker deckt sie mit weniger als fünf Prozent des Weltenergiebedarfs nur eine Nische ab, hinterlasse kommenden Generationen aber "den gefährlichsten Müll der Welt". Es sei gut, "dass nun kein weiterer Atommüll produziert wird".

    Neues Atommüll-Zwischenlager in Gundremmingen geplant

    Was mit den Hinterlassenschaften der gut 60 Jahre währenden Nutzung der Kernenergie in Deutschland auf Dauer geschehen soll, ist weiter unklar. Nur für schwach- und mittelradioaktive Abfälle gibt es ein genehmigtes Endlager im Schacht Konrad bei Salzgitter, es soll 2027 in Betrieb gehen. Das stark strahlende Material wird derzeit in 16 Zwischenlagern aufbewahrt. Etwa in Gundremmingen, wo noch bis vor eineinhalb Jahren Atomstrom produziert wurde. Ende 2021 ging der Reaktorblock C vom Netz. Was bleibt, ist das Zwischenlager, in dem die sechs Meter hohen und knapp 120 Tonnen schweren Castor-Behälter mit den abgebrannten Brennelementen aufbewahrt werden. 117 der 192 Plätze sind belegt. Auf dem Gelände soll zudem ein weiteres Zwischenlager entstehen. Es dient der Einlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen, die beim Rückbau des Kernkraftwerkes anfallen. Bauanträge liegen nach Informationen unserer Redaktion dem Landratsamt Günzburg und dem Landesamt für Umwelt (Augsburg) vor. 

    Die Suche nach einem Endlager wird noch dauern, so die zuständige Bundesgesellschaft. Frühestens in den 2040er Jahren werde eine Entscheidung fallen. In mindestens 300 Metern Tiefe soll das Lager für die Ewigkeit gebaut werden. Nach einem ersten Zwischenbericht von 2020 sind derzeit noch 90 mögliche Regionen im Rennen, die zusammen mehr als der Hälfte der Fläche der Bundesrepublik entsprechen. Als grundsätzlich geeignet gelten sowohl große Steinsalzvorkommen, kristalline Gesteinsschichten, etwa aus Granit, oder Tongestein. Letzteres gilt als Favorit der Experten. Vorkommen von Tongestein finden sich in Norddeutschland, aber auch im Grenzgebiet zwischen Baden-Württemberg und Bayern.

    Hören Sie sich dazu auch unsere Podcast-Serie "Gespalten – Gundremmingen und das Ende der Atomkraft" an.

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