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Endstation für Claus Weselsky, ein letzter Gruß aus dem Zugabteil

Glosse

Dieser Zug endet hier: Gute Reise, Claus Weselsky!

Michael Stifter
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    Claus Weselsky war 16 Jahre lang Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL).
    Claus Weselsky war 16 Jahre lang Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Foto: Robert Michael, dpa

    Auf die Gefahr hin, dass Ihnen jetzt die Gesichtszüge entgleisen: Heute heißt es Abschied nehmen. Die wilde Fahrt ist vorbei, Claus Weselsky steigt aus, Endstation. Mehr als 16 Jahre lang hat uns dieser Mann pünktlich zu jeder Tarifverhandlung der Lokführer mit Verbalinjurien aller Art überrollt. „Nieten in Nadelstreifen“ nannte er seine Gesprächspartner aus dem Vorstand der Deutschen Bahn. Oder „Vollpfosten“. Nicht gerade das, was man einen soften Einstieg in ein Gespräch nennen würde.

    Immerhin wurde der Dresdner mit den ungewöhnlichen Umgangsformen zum bekanntesten Gewerkschaftsboss Deutschlands. Und, er möge uns als Mann klarer Worte den Ausdruck verzeihen, immer wieder auch zur größten Nervensäge der Republik.

    Auf Weselskys Fahrplan stand oft Krawall

    Wir wissen nicht, wie es Ihnen geht, aber wir haben selbst dann, wenn wir Wochen oder gar Monate im Voraus ein Zugticket buchten, ganz tief in uns drinnen immer einen kleinen Weselsky gespürt, der wild mit dem Damoklesschwert herumfuchtelte. Streik, das war sein letztes Wort. Wenn der Oberlokführer den Daumen senkte, war das halbe Land lahmgelegt. Dann stand nur noch Krawall auf dem Fahrplan.

    Und doch – auch das ist eine Kunst – konnten ihm die meisten Deutschen nie so richtig böse sein. Die Geschichte vom hart arbeitenden, kleinen Lokführer (Weselsky war tatsächlich selber mal einer), der es mit den mächtigen Bahn-Bossen aufnimmt, war einfach zu schön. Da konnte man nicht lange grantig bleiben, selbst wenn mal wieder kein Zug nach nirgendwo fuhr.

    Jedenfalls haben wir so eine vage Ahnung, dass wir ihn – ganz heimlich – vermissen werden. Dieser Zug endet hier, wir verabschieden uns, gute Reise, Claus Weselsky!

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    4 Kommentare
    Wolfgang Schwank

    Sympathie hin oder her - Weselsky beherrschte seinen Job. Im Gegensatz zu seinen Widersachern vom Bahnvorstand oder gar den sog. Verkehrsministern, von Ramsauer über die Mautstrategen Dobrinth und Scheuer bis hin zu Wissing. All diese "Nieten im Nadelstreifen", wie er sie nannte, werden aufatmen, vielen wird seine kernige Art fehlen. Apropos Herr Stifter, eine nette und faire Glosse!

    Wolfgang Leonhard

    Gut, dass dieser Selbstdarsteller nun aus der Öffentlichkeit verschwindet. Er mag für seine Zugführer einiges herausgeholt haben, dem Ansehen der Gewerkschaften insgesamt hat er massiv geschadet.

    Wolfgang Boeldt

    Wer nicht auf die Bahn angewiesen war kann diese Glosse gerne als "nett und fair" bezeichnen. 100.000e werden anders denken. W. hat dem Ansehen der Gewerkschaft(en) und dem Standort Deutschland einen nicht unerheblichen Schaden zugefügt. Ich bin und war nicht auf die Bahn angewiesen, aber W. war unterste Schublade (vielleicht noch eine drunter).

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    Wolfgang Schwank

    Nun ja, Herr Boeldt, um bei Ihrer Wortwahl zu bleiben -in der untersten Schublade sind doch die, die den Verantwortlichen der Bahn in Tarfifragen als die Unschuldigen sehen und das Streikrecht, elementar in einer Demokratie, in Frage stellen. Weselsky war nicht korrumpierbar und vertrat maximal die Interessen seiner Mitglieder. Zum Schreckgespenst gemacht wurde er doch von den Teilen der Medien, die mit schmutzigen Schlagzeilen oder verdummenden Programmen ihr Geschäft betreiben.

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