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Elektromobilität: Deutschland wird ausgebremst: Es fehlen Ladesäulen – aber nicht nur

Elektromobilität

Deutschland wird ausgebremst: Es fehlen Ladesäulen – aber nicht nur

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    Bundesverkehrsminister Volker Wissing steht zwischen alter und neuer Mobilität.
    Bundesverkehrsminister Volker Wissing steht zwischen alter und neuer Mobilität. Foto: Andreas Arnold, dpa

    Wenn einer eine Reise tut, dann hat er viel zu erzählen. In diesem dritten Pandemiesommer sind es viele Ärger-Geschichten. An Flughäfen herrscht das Chaos, weil Airlines einfach kurzerhand Flüge streichen. Es mangelt an Personal an den Sicherheitsschleusen und der Gepäckabfertigung. Für die Flüge, die tatsächlich abheben, müssen die Passagiere Stunden vorher am Schalter stehen.

    Die Deutsche Bahn ist leider keine echte Alternative. Mehr als ein Drittel der Züge im Fernverkehr kommen verspätet. Das Auto ist die verlässliche Bank – aber nur, wenn der Staat nicht eben über Nacht eine

    Immer mehr Stromer fahren auf Deutschlands Straßen.
    Immer mehr Stromer fahren auf Deutschlands Straßen. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Verkehrsminister Volker Wissing steht unter Druck

    Der Mann, der das Problem lösen muss, ist Volker Wissing. Der Bundesverkehrsminister hat nicht nur die Aufgabe, Brücken und Gleise instand zu setzen und Flughäfen mit Arbeitskräften zu versorgen, sondern seinen Bereich auf Klimaschutz zu trimmen. Der Liberale war in Berlin ein halbes Jahr auf Tauchstation gegangen. Bei den Lobbyisten hatte zuletzt das Lästern eingesetzt, weil Wissing für sie nicht greifbar war. Keine Ahnung und keine freien Termine. Der 52-Jährige, so scheint es, hat sich all seine Kraft für diesen letzten Mittwoch im Juni aufgespart, bevor die Sommer-Reisewelle einsetzt.

    Am Morgen präsentiert er den von ihm eingefädelten Deal für das Flughafenpersonal aus der Türkei, dann kümmerte er sich um den Pakt für die Schiene und die Zukunft des Autos. Während ersterer schnell wirken kann, ist bei den beiden letzteren Geduld gefragt. Verbesserungen tragen erst nach einigen Jahren Früchte, wenn zum Beispiel eine stark benutzte Bahnstrecke ertüchtigt ist. Damit das schneller gelingt, soll die Bahn solche Streckenabschnitte in Korridore gliedern und wie in Österreich in einem Rutsch grundsanieren. Bisher ist das aber nur ein Vorschlag.

    Wissing steht aber unter Zeitdruck, weil sein Sektor bislang zu wenig für den Klimaschutz tut. Er hat die Jahre nicht mehr, die er eigentlich braucht. Verfehlt der Verkehr seine CO2-Einsparziele, muss der Minister mit harten Maßnahmen gegenhalten. Dann könnten zum Beispiel das Tempolimit auf Autobahnen kommen oder die Fahrverbote am Sonntag, gegen die sich die FDP mit aller Kraft stemmt.

    Volker Wissing über Ladenetz: "Wir stehen gut da"

    Wissing selbst steht genau in der Mitte zwischen alter und neuer Mobilität. Und damit symbolisch für das ganze Land. Denn der Minister fährt privat einen Hybrid-Wagen, den sowohl eine Batterie als auch ein Verbrennermotor antreibt. Wissing lädt seinen Wagen zuhause, weil es in seiner ländlichen Heimat in Rheinland-Pfalz keinen Ladepunkt in der Nähe gibt. „Die Ladeinfrastruktur ist dort, wo ich unterwegs bin, noch nicht ausreichend entwickelt“, erzählt er bei einer von seinem Haus organisierten Tagung zum Ladenetz.

    Das will er ändern und hat deshalb im Westen Berlins mehrere hundert Leute in einer alten Fabrikhalle versammelt. Die Ziegelsteine sind weiß getüncht, der Beton der Deckenkonstruktion unverputzt, auf der Bühne stehen grüne Zimmerpflanzen im hölzernen Regal. Wer in Berlin etwas Neues präsentieren will, präsentiert sich genau in diesem Ambiente. „Wir stehen gut da“, sagt Wissing und stellt in seiner Rede heraus, dass Deutschland nach den Niederlanden in Europa das zweitbeste Ladenetz hat.

    Deutschland hat eine Ladestation-Hemmung

    Doch für das, was gebraucht wird, ist es viel zu dünn. In jeder zweiten Gemeinde in Deutschland gibt es noch keine öffentliche Ladesäule für E-Autos. Im Jahr 2030 sollen auf Deutschlands Straßen 15 Millionen E-Autos unterwegs sein, um den CO2-Ausstoß zu senken. Heute sind es inklusive Hybrid-Autos 1,3 Millionen. In weniger als zehn Jahren muss sich ihre Zahl mehr als verzehnfachen. Damit das überhaupt möglich ist, muss das Netz massiv wachsen. Wenn Deutschland in dem bisherigen Tempo weitermacht, wird das nicht gelingen. „Warum haben wir so wenig Ladeinfrastruktur, obwohl wir uns so stark engagiert haben?“, fragt Wissing selbstkritisch.

    Derzeit stehen 62.000 öffentliche Ladepunkte verteilt in der ganzen Republik. Nach Berechnungen des Verbandes der Autoindustrie (VDA) kommen pro Woche 250 hinzu. Für das 15-Millionen-Ziel müssten es aber laut

    Ihre Mitgliedsunternehmen, die Energieversorger, können derzeit nur alle fünf Jahre anmelden, wie stark sie das Stromnetz ausbauen wollen und bekommen diese Investitionen über die Netzentgelte der Verbraucher bezahlt. Die zurückliegende Meldung ist abgeschlossen und damit vor dem Masterplan. „Fünf Jahre sind eine Ewigkeit in diesem dynamischen Markt“, meinte Andreae.

    VDA-Chefin Hildegard Müller wurde noch deutlicher:Ich bin schon beunruhigt über die Situation, wo wir stehen.“ Die EU hatte ihrer Branche am Tag zuvor ein faktisches Verbrenner-Verbot beschert, das Wissing nicht verhindern konnte. Für die europäischen Konzerne heißt das, dass sie auf Gedeih und Verderb auf E-Autos setzen müssen. Müller war noch immer aufgeregt und verlangte, dass alle Städte und Gemeinden eigene Lotsen für E-Mobilität einstellen sollen. Der Verkehrsminister sprach in seiner Rede von einer Herkulesaufgabe. Die Elektromobilität dürfe kein Experiment sein.

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