Es war der erfolgreichste Monat für E-Autos in Deutschland: Jeder dritte neu zugelassene Pkw hatte im Dezember keinen Diesel- oder Benzinmotor, sondern eine große Batterie im Fahrzeugboden. Inzwischen hat sich die Zulassungsquote für die Stromer im Februar halbiert. Denn zum Jahreswechsel kürzte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die staatlichen Kaufprämien für E-Autos um bis zu 2000 Euro. Nun tanken sieben von acht Neuwagen Sprit, die meisten als reine „Verbrenner“ ohne Hybrid-Zusatzelektroantrieb.e
In nur zwölf Jahren, so plante es die EU, sollten eigentlich nur noch Elektroautos mit Batterie oder Brennstoffzelle zugelassen werden. Doch nach monatelangem Hickhack setzte sich die FDP durch: Das kompromisslose „Verbrenner-Aus“ kommt nicht, wie es die Partei im Koalitionsvertrag versprochen hat. Nicht nur für viele Grüne und Klimaschützer gilt FDP-Verkehrsminister Volker Wissing als Buhmann, der zu wenig gegen den Treibhausgas-Ausstoß auf Deutschlands Straßen tue.
Nach einer Umfrage stützt die Mehrheit der Bevölkerung Wissings Position
In der Sache aber steht der größte Teil der Bevölkerung hinter der Position des Liberalen aus Rheinland-Pfalz: Lediglich 25 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger stimmten in einer Deutschland-Trend-Umfrage der ARD für ein europaweites Verbot von Verbrennungsmotoren, 67 Prozent klar dagegen.
Am Wochenende vermeldete Wissing nun den Durchbruch für seine Forderung: Autos mit Verbrennungsmotoren, die ausschließlich mit klimaneutralen synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, betrieben werden, dürfen auch nach 2035 als Neuwagen zugelassen werden. Im Wort „klimaneutral“ liegt ein Kern des harten Streits, der seit Monaten über die Zukunft des Automobils geführt wird. Denn die EU wollte ursprünglich nur noch „emissionsfreie“ Fahrzeuge als Neuwagen auf Europas Straßen lassen, die aus dem Auspuff auch nicht das Treibhausgas Kohlendioxid in die Atmosphäre blasen. Fahrzeuge mit E-Fuels stoßen aber weiterhin CO2 aus.
Sie gelten aber als klimaneutral, weil der Kraftstoff zum einen aus in Wasserstoff umgewandelten Ökostrom hergestellt wird, und der zum anderen mit vorhandenem CO2 aus der Luft in einer Chemiefabrikanlage zu flüssigem Kohlenwasserstoff verbunden wird. Der synthetische Kraftstoff soll teils teurem 100-Oktan-Sprit ähneln, den Erdölkonzerne unter dem Markenzusatz „Ultimate“ oder „V-Power“ verkaufen. Aber auch die Herstellung von künstlichem Alkohol als E-Methanol ist möglich: In Schweden entsteht derzeit die weltgrößte Fabrik, deren Produkt eigentlich Schiffsdiesel klimaneutral ersetzen soll. Autos hätten laut Experten mit E-Methanol jedoch einen deutlich höheren Verbrauch.
E-Autos sind vielfach effizienter als E-Fuel-Fahrzeuge
Überhaupt ist die Energie das größte Problem für die Wirtschaftlichkeit der E-Fuels, weil bei der Produktion enorm viel davon verloren geht und zugleich E-Autos von Haus aus einen deutlich höheren Wirkungsgrad haben. Laut ADAC könnte ein Windrad im Jahr die Energie für 1600 E-Autos, aber nur für 250 E-Fuel-Fahrzeuge liefern. Wirtschaftlich wären E-Fuels nur bei Strom im Überfluss.
Die Grünen verfolgen mit geballter Faust in der Tasche, wie die FDP ihre Forderung aus dem Koalitionsvertrag in die Tat umgesetzt hat. „Das Hin und Her hat ein Ende, das ist gut“, sagt die stellvertretende Fraktionschefin Julia Verlinden. „Nun hat die Autoindustrie Planungssicherheit und kann den Turbo für E-Mobilität einlegen“, fügt sie hinzu. Dass E-Fuels dabei eine große Rolle spielen werden, glaubt sie nicht. „Die Autohersteller setzen fast alle auf Elektromobilität - es ist wichtig, dass wir die Infrastruktur und geeignete Rahmenbedingungen, zum Beispiel mit Ladesäulen, dafür endlich weiter voranbringen“, betont Verlinden.
Lindner will geringere Steuer für E-Fuel-Autos
Zugleich haben die Liberalen schon den nächsten Streit mit den Grünen losgetreten: FDP-Chef Christian Lindner fordert, Autos mit E-Fuels künftig geringer zu besteuern: „Wenn der Kraftstoff klimafreundlich ist, dann muss die Besteuerung von der Kraftfahrzeugsteuer bis zur Energiesteuer angepasst werden.“
Verlinden weist den Vorstoß zurück: „Anstatt über eventuelle Subventionen für Nischenprodukte in zehn Jahren nachzudenken, sollte der Finanzminister jetzt endlich in die Puschen kommen und das anpacken, was bereits auf dem Tisch liegt“, betont die stellvertretende Grünen-Fraktionschefin. „Wir haben in der Koalition in den letzten anderthalb Jahren gemeinsam zahlreiche Projekte verabredet, die zum Teil vom Finanzministerium bislang noch nicht einmal begonnen worden oder blockiert werden“, fügt sie hinzu. „Dazu gehört eine Reform der Entfernungspauschale nach ökologischen und sozialen Gesichtspunkten sowie der Abbau von umweltschädlichen Subventionen.“