Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Klausur in Seeon: Droht CDU und CSU der gleiche Absturz wie der ÖVP?

Analyse

Warum die Angst der CSU vor österreichischen Verhältnissen berechtigt ist

    • |
    • |
    CSU-Chef Markus Söder gibt sich bei der Klausur in Kloster Seeon angriffslustig. Doch in das Selbstbewusstsein mischen sich Sorgen.
    CSU-Chef Markus Söder gibt sich bei der Klausur in Kloster Seeon angriffslustig. Doch in das Selbstbewusstsein mischen sich Sorgen. Foto: Peter Kneffel, dpa

    In Kloster Seeon bereitet sich die CSU auf ihr großes Comeback in Berlin vor — und stellt sich zugleich die Existenzfrage. Das passt nur auf den ersten Blick nicht zusammen. Klar, der Sieg bei der Bundestagswahl dürfte der Union kaum zu nehmen sein, aber was dann? Mit den potenziellen Koalitionspartnern ist ein echter „Richtungswechsel“, wie ihn CSU-Stratege Alexander Dobrindt immer wieder fordert, schwer vorstellbar. Doch was, wenn auch die nächste Regierung nicht liefert? „Dann geht es uns so wie den Österreichern“, sagt ein Bundestagsabgeordneter in Seeon nachdenklich.

    Der Blick über die Grenze macht der Union ernsthafte Sorgen. Sollte die ÖVP dort tatsächlich den extremen Rechten zur Macht verhelfen, so fürchten viele CSU-Leute, könnte den Kollegen in Österreich das Schicksal vieler anderer konservativer Parteien in Europa drohen: die Bedeutungslosigkeit. Wie lange können sich CDU und CSU dann noch gegen diesen Trend stemmen? Es sind Gedanken, die in diesen Tagen die Stimmung im Kloster trüben.

    Markus Söder will kein Steigbügelhalter von Populisten sein

    „Österreich ist ja nur ein weiteres Land, das sich verändert, so wie Holland, so wie Italien. Ich habe keine Lust, niemals, dass wir am Ende Steigbügelhalter werden für irgendwelche Populisten“, sagt CSU-Chef Markus Söder trotzig. Tatsächlich aber könnte die Union bald die letzte ihrer Art in Europa sein. In anderen Staaten wurden konservative Parteien, die über Jahrzehnte staatstragend gewesen waren, längst weggefegt. Sind radikale Konkurrenten erst einmal an ihnen vorbeigezogen, ist es meist schon zu spät, um das Ruder herumzureißen. In Österreich steht die ÖVP als nächste mit dem Rücken zur Wand. Als Kanzlermacher des stramm rechten Herbert Kickl könnte sie sich für ihre Wählerschaft links der Mitte unmöglich machen — und für die Klientel rechts der Mitte überflüssig. Lässt sie die Gespräche platzen, droht ihr bei Neuwahlen ein noch schlimmeres Desaster. Der Kipppunkt scheint überschritten, so oder so.

    Droht CDU und CSU das Schicksal der ÖVP?

    Und wer jetzt sagt, Deutschland sei davon doch weit entfernt: Vor gerade einmal fünf Jahren hatte die ÖVP mit Sebastian Kurz noch mehr als 37 Prozent geholt und die FPÖ nur rund 16 Prozent. Inzwischen hat sich das Machtverhältnis umgekehrt. In der CSU rechnet man damit, dass die AfD bei der Bundestagswahl im Februar mehr als 20 Prozent der Stimmen bekommt. Schon die nächste Legislaturperiode könnte damit die letzte Chance sein, um deren Aufstieg aufzuhalten. Hinzu kommt: Jedes Land, in dem Konservative den Pakt mit Rechtsradikalen eingehen, kann auch in Deutschland den Widerstand bröckeln lassen, gemeinsame Sache mit der AfD zu machen.

    Diese Gefahr ist für die CSU-Spitze real. „Wir sehen gerade in Österreich: Wenn ein Politikaustausch nicht stattfinden kann, dann kommt der Parteienaustausch“, sagt Dobrindt in Seeon. Und Söder appelliert: „Überall in Europa zeigt sich: Wenn Regierungen nicht die Kraft finden, grundlegende Veränderungen zu machen, die die Bevölkerung sich wünscht und einfordert, kommt am Ende immer das Gleiche heraus, es werden nur Populisten erfolgreich sein.“

    Die CSU-Spitze hat vorrangig das Schicksal des eigenen Ladens im Blick, aber man darf unterstellen, dass es ihr an dieser Stelle auch um die Stabilität der politischen Verhältnisse geht, die keineswegs selbstverständlich ist. Im Gegenteil: In kaum einem anderen europäischen Land haben die prägenden Parteien der Nachkriegszeit so lange durchgehalten wie hier.

    Theo Waigel über die große Chance der Union

    Der Befund scheint also eindeutig. Und die Konsequenzen? Aus Sicht der CSU, aber auch des Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, kann die Antwort nur ein hartes und sichtbares Umsteuern in der Migrations- und Sicherheitspolitik sein. Darüber herrscht in der Union so viel Konsens wie lange nicht. Auch der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel, der bekanntermaßen zum liberalen Flügel gehört, sieht Handlungsbedarf: „Wir dürfen uns von Österreich nicht anstecken lassen, aber natürlich muss die nächste Regierung darauf reagieren, dass es in der Bevölkerung eine tief sitzende Verunsicherung durch die unkontrollierte Zuwanderung, die Pannen im Sicherheitsbereich und den laxen Umgang mit Abschiebungen gibt. So können wir nicht mehr weitermachen“, sagt er unserer Redaktion, fügt allerdings hinzu: „Zwei Dinge sind vielleicht sogar noch wichtiger: Die Union muss die Wirtschaft in Ordnung bringen und beweisen, dass Politik wieder führen und Orientierung geben kann. Nicht nur nach innen, sondern auch in Europa.“ Dies sei die große Chance von CDU und CSU, zu zeigen, „dass sie es besser können und mehr Statur haben als der bisherige Kanzler“. Und vielleicht ist es auch ihre letzte Überlebenschance.

    Diskutieren Sie mit
    7 Kommentare
    Burghard Deichmann

    Die Grünen haben auch Wahlkampfauftakt gehabt. Und das Bundesweit. Die kleine Regionalpartei CSU bekommt aber die volle Aufmerksamkeit der AZ. Von den Grünen oder der SPD habe ich kein Wort gelesen. Die Versager von der CSU haben bei dieser Zeitung eine große Werbeplattform.

    Günter Köhler

    Das Ganze ist keine Analyse mehr sondern nur noch ein Anbiedern des Verfassers an die CSU.

    Viktoria Reissler

    Die Leute haben einfach erkannt, daß die Politiker vor den Wahlen groß daherreden und nach den Wahlen nichts mehr davon umsetzen. Ausgenommen die Bayern, die checken immer noch nix. Da steht die CSU in den Umfragen immer noch bei über 40% und der Söder verspricht nach wie vor, daß sich nach den Wahlen alles ändern wird..............................................

    Franz Xanter

    "In anderen Staaten wurden konservative Parteien, die über Jahrzehnte staatstragend gewesen waren, längst weggefegt." Wahre Worte und blickt man in andere Staaten wie z.B. Italien, Niederlande, Frankreich etc. dann wird sofort klar, dass die Wählerschaft eine politische Änderung umgesetzt hat. Bleibt die Frage: Warum? Auch hier wird im Artikel die Antwort gegeben und in der Realität ist diese durch die Wählerschaft bestätigt: "... wenn Regierungen nicht die Kraft finden, grundlegende Veränderungen zu machen, die die Bevölkerung sich wünscht und einfordert, kommt am Ende immer das Gleiche heraus, es werden nur Populisten erfolgreich sein.“ Nur scheinbar haben dies in DEU bisher nur wenige erkannt. Aber die Folgen sind absehbar und sehr wahrscheinlich.

    Ronald Hattensaur

    Söder bewegt sich immer mehr nach rechts und ist nicht mehr tragbar. Deswegen ist dieser Bericht etwas am Thema vorbei

    Raimund Kamm

    THEMEN RICHTIG SETZEN – VON DER CDU IN Schleswig—HOLSTEIN LERNEN Politiker*innen müssen überlegen, welche Themen sie gerade im Wahlkampf nach vorne rücken wollen. Vor 2 ½ Jahren wurde in Schleswig-Holstein ein neuer Landtag gewählt. Der Spitzenkandidat der CDU, Daniel Günther, hat weder gegen Migranten noch den Klimaschutz Stimmung gemacht. Hat also nicht den Themenboden für die populistische AFD gedüngt. Ergebnis: Bei der Landtagswahl flog die AFD aus dem schleswig-holsteinischen Parlament raus. Auf Dauer haben Politiker nur Erfolg, wenn sie nicht populistische Sprüche klopfen, sondern die anstehenden Probleme benennen und ihre Lösungsvorschläge präsentieren: Wie kann Bayern den Strukturwandel in der durch eigenes Verschulden in eine große Krise geratenen Automobilindustrie unterstützen? Wie kann Bayern seinen gesetzlich vorgeschriebenen Beitrag zum Klimaschutz leisten? Wie können wir endlich die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung voranbringen? ... Raimund Kamm

    |
    Klemens Hain

    Herr Kamm echt gut wie Sie Herr Günther beschrieben haben und Heute gelesen, dem Herrn Söder empfohlen den Mund zu halten und das sehe ich genauso, denn was hat er so sehr gegen Grün gepoltert und so gar ein Regierungsverbot angekündigt. Ich denke wär so einen Scherbenhaufen hinterlassen hat wie die Gro Ko, auch mit Zustimmung von Herrn Söder? Dem kann man nur noch wünschen sich mal zu hinterfragen, was er nun mal wirklich möchte. Ich werde bestimmt so einem P0litiker kein Vertrauen entgegen bringen. Sehr guter Kommentar Herr Kamm. Herr Günther und auch Herr Wüst sind für mich gute Ministerpräsidenten und denken in die Zukunft Deutschland!!!

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden