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Drogenpolitik: Was die Cannabis-Freigabe bedeutet

Drogenpolitik

Was die Cannabis-Freigabe bedeutet

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    Bald völlig legal, sofern es nicht neben einer Schule oder eines Kindergartens geschieht: das Rauchen eines Joints.
    Bald völlig legal, sofern es nicht neben einer Schule oder eines Kindergartens geschieht: das Rauchen eines Joints. Foto: Annette Riedl, dpa

    Deutschland wendet sich von seiner jahrzehntelangen Drogenpolitik ab. Cannabis wird ab dem 1. April ein legales Rauschmittel. Seit 1929 war die Droge – damals noch unter dem Namen Indischer Hanf – hierzulande verboten. Seither wurde viel debattiert – auch in der entscheidenden Sitzung des Bundestages gab es harte Kontroversen. 

    Die Linken-Abgeordnete Anke Domscheit-Berg hatte sich für die Sitzung einen Anstecker in Form einer Hanfpflanze ans Revers geheftet, ihre Kollegin Caren Lay posierte mit Joint. Abgeordnete ihrer Partei unterstützten die von der Ampelkoalition eingebrachte Freigabe von Marihuana

    „Das erste Ziel ist es, den Schwarzmarkt zu bekämpfen. Das zweite Ziel ist ein besserer Kinder- und Jugendschutz“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in der Eröffnungsrede. Der SPD-Politiker hat sich in dieser Frage aus Sicht des Regierungsbündnisses vom Saulus zum Paulus gewandelt. Über viele Jahre war er selbst ein Gegner der Legalisierung. „Was auch immer wir tun, wir können so nicht weitermachen“, begründete Lauterbach die Aufhebung des Verbots. Der Minister stützt sich auf Zahlen, wonach doppelt so viele junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren kiffen als vor zehn Jahren, obwohl es bislang nicht erlaubt war. Auch deutlich mehr Jugendliche griffen zu der Droge.

    Cannabis-Legalisierung: Verzögerung möglich

    Ob der Zeitplan der Koalition tatsächlich zu halten sein wird, ist aber noch fraglich. Der Bundesrat muss sich noch mit dem Gesetz befassen, die Länderkammer muss zwar nicht zustimmen, unionsgeführte Länder könnten das Verfahren aber strecken. 

    Aus dem Vollen: In Anbauvereinen dürfen ab dem Sommer auch größere Mengen Hanf angebaut werden.
    Aus dem Vollen: In Anbauvereinen dürfen ab dem Sommer auch größere Mengen Hanf angebaut werden. Foto: Abir Sultan, dpa

    Die Wandlung Lauterbachs in der Hanf-Frage geht in den Augen von CDU, CSU und AfD genau falsch herum – vom Paulus zum Saulus. In teils aufgebrachten Ansprachen attackierte die Opposition das Prestigeprojekt der Ampelkoalition. „Das ist der größte Blödsinn, den ich je gehört habe“, rief der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge, in das Plenum. Ihm ist auch nach zweijähriger Diskussion nicht klar, wie die Freigabe von Cannabis den Schutz für Jugendliche verbessern soll. 

    Die CSU-Gesundheitspolitikerin Emmi Zeulner beklagte am Rande der Sitzung, dass Lauterbach die Bedenken der Experten sträflich beiseitegewischt habe. „Die massive Kritik des pädagogischen und medizinischen Personals, der Justiz und Polizei wird fahrlässig ignoriert. Dass der Schwarzmarkt dadurch ausgetrocknet wird, ist ein Märchen von Gesundheitsminister Lauterbach, bei dem selbst Konsumenten nur noch lachen“, meinte Zeulner. 

    Konjunkturprogramm für das organisierte Verbrechen

    Neben der Union stimmte auch die AfD gegen das Gesetz. Das Argument von Gesundheitsexperte Jörg Schneider: Der Schwarzmarkt werde zumindest nach der Freigabe zunächst deutlich zulegen, denn ehe die Pflanzen im Eigenanbau und in den genossenschaftlichen Cannabis-Clubs wachsen, vergingen einige Monate.

    Aber auch das Regierungslager war nicht völlig geschlossen, die SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler und Sebastian Hartmann hatten vor der Abstimmung angekündigt, gegen die eigene Koalition stimmen zu wollen. 

    Während der langen Beratung über das Gesetz hatten die Abgeordneten immer wieder nach Kanada geschaut. Seit etwas mehr als fünf Jahren ist dort Cannabis erlaubt. Laut dem nationalen Statistikamt hat der Konsum im ganzen Land merklich und in beinahe allen Altersgruppen zugenommen. Etwas mehr als ein Viertel der Kanadier nimmt die Droge in ihren verschiedenen Formen zu sich, sei es durch Rauchen, Essen, Trinken und über Cannabis-Öle. Die Zahl der Coffeeshops, in denen Haschisch gekauft werden kann, schoss von 182 auf über 3.300 nach oben. 70 Prozent des gekauften Stoffs ist den Angaben zufolge legal. Der Schwarzmarkt hat sich deutlich verkleinert, besteht aber weiterhin. Wegen des Missbrauchs der Droge müssen mehr Kanadier in Krankenhäusern behandelt werden.

    Kiffen erlaubt, der Überblick

    Ab dem 1. April ist Besitz und Konsum von Cannabis auch in Deutschland erlaubt. Zu Hause darf jeder ab 18 Jahren bis zu drei Pflanzen im Eigenanbau ziehen. Von da an ist es gestattet, bis zu 50 Gramm in der eigenen Wohnung zu lagern, wobei erst ab über 60 Gramm eine Straftat vorliegt. Mengen zwischen 50 und 60 Gramm werden als Ordnungswidrigkeit behandelt. 

    Zum Vergleich: Bislang geben die Dealer Cannabis oft in Tütchen von einem bis zwei Gramm ab. Ab dem 1. Juli können sich Hanf-Freunde in Klubs zusammenschließen und gemeinsam Marihuana kultivieren. Mitglieder haben das Recht auf 50 Gramm getrockneter Blüten pro Monat aus eigener Ernte. 

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