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Diskussion um Mindestlohn: Wie hoch sollte er sein?

Soziales

Nicht unter 15 Euro: Was die Pläne zum Mindestlohn für Beschäftigte bringen

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    Von 12,82 auf 15 Euro? Der Mindestlohn soll nach dem Willen von Union und SPD steigen.
    Von 12,82 auf 15 Euro? Der Mindestlohn soll nach dem Willen von Union und SPD steigen. Foto: Marijan Murat, dpa

    Ganze zehn Zeilen haben Union und SPD dem gesetzlichen Mindestlohn in ihrem Sondierungspapier gewidmet, das die Grundlage für die gerade laufenden Koalitionsverhandlungen bildet. Für Millionen von Beschäftigten allerdings könnten diese zehn Zeilen buchstäblich einen Mehrwert bedeuten.

    Die Ausgangslage: Seit 2015 gibt es in Deutschland einen gesetzlichen Mindestlohn, von dem im Moment etwa sechs Millionen Beschäftigte profitieren, davon sind zwei Drittel Frauen. Bei seiner Einführung betrug er 8,50 Euro pro Stunde, aktuell liegt er bei 12,82 Euro. Festgelegt wird der Mindestlohn von einer neunköpfigen Kommission aus Arbeitgebern, Gewerkschaften und Wissenschaftlern, die alle zwei Jahre eine Empfehlung für seine Anhebung abgibt. Die Empfehlung wird dann wiederum von der Bundesregierung in Kraft gesetzt. Einzige Ausnahme bisher: Um ein Wahlversprechen der SPD einzulösen, wurde der Mindestlohn zum 1. Januar 2022 nicht von der Kommission, sondern per Gesetz von 10,45 auf zwölf Euro erhöht.

    Die künftige Regierung möchte einen Mindestlohn von 15 Euro

    Die Pläne von Union und SPD: Nach dem Willen der künftigen Koalitionäre soll der Mindestlohn im kommenden Jahr auf 15 Euro steigen. Das wäre eine Erhöhung um 17 Prozent. Dazu soll sich die Kommission an einer EU-Vorgabe orientieren, nach der ein Mindestlohn nicht weniger als 60 Prozent des sogenannten Medianlohnes betragen soll - das ist ein mittleres Einkommen vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben. Inzwischen werde nicht einmal mehr die Hälfte der Arbeitnehmer in Deutschland nach Tarif bezahlt, rechnet der SPD-Sozialexperte Bernd Rützel im Gespräch mit unserer Redaktion vor. „Umso wichtiger ist der gesetzliche Mindestlohn.“ Viele Beschäftigte, die nicht unter dem Schutz eines Tarifvertrags stünden, bezögen teilweise ihr Leben lang Mindestlohn. Der müsse deshalb so auskömmlich sein, „dass diese Menschen von ihrer Hände Arbeit leben können“.

    Die Begünstigten: Im vergangenen Jahr haben mehr als neun Millionen Beschäftigte in Deutschland weniger als 15 Euro pro Stunde verdient. Im Moment erhält eine ledige Verkäuferin bei 12,82 Euro Mindestlohn und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden etwa 2200 Euro brutto im Monat. Bei 15 Euro pro Stunde wären es etwa 2600 Euro. Netto blieben ihr dann 1800 Euro, rund 200 Euro mehr als bisher. Von der geplanten Anhebung profitieren nach den Worten von Rützel allerdings nicht nur Beschäftigte, die wie viele Verkäuferinnen, Friseurinnen oder Küchenhilfen schon jetzt den Mindestlohn erhalten. Ein Dachdecker etwa verdient in der untersten Lohngruppe heute 14,35 Euro, ein Leiharbeiter 14,53 Euro - ihre Stundenlöhne müssen dann auf mindestens 15 Euro angehoben werden. „Der Mindestlohn schiebt also auch die Tariflöhne an“, sagt Rützel. Im Gerüstbau etwa haben Arbeitgeber und Gewerkschaften gerade einen Tarifvertrag mit 12,85 Euro vereinbart, knapp über dem aktuellen Mindestlohn. Auch dieser Stundensatz müsste im neuen Jahr auf 15 Euro steigen.

    Anhebung des Mindestlohns könnte Jobs kosten

    Die Kosten: Ein höherer Mindestlohn stärkt zwar die Kaufkraft der Betroffenen, bedeutet für ihre Arbeitgeber aber auch höhere Personalausgaben. Im Internet hatte zuletzt ein Bäckermeister aus Brandenburg Konjunktur, der vorgerechnet hatte, dass er bei 15 Euro Mindestlohn fünf Cent mehr für ein Brötchen und 20 Cent mehr für ein Stück Kuchen verlangen müsse. Eine Anhebung könne daher durchaus Jobs kosten, warnt auch das Institut der Deutschen Wirtschaft, ohne aber konkreter zu werden. Nach einer Studie des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung aus dem Jahr 2022 hatte die Einführung des Mindestlohnes allerdings keine größeren Entlassungswellen oder Unternehmenspleiten zur Folge - aufgegeben habe nur eine Reihe von Kleinstunternehmen mit bis zu vier Beschäftigten. Einige Branchen, etwa das Friseurhandwerk, warnen jedoch vor einem Anstieg der Schattenwirtschaft, wenn vor allem kleinere Betriebe Auszubildende nicht übernehmen und diese ihre Dienste dann auf dem Schwarzmarkt anbieten.

    Die anderen Länder: Im EU-Vergleich liegt Deutschland im Moment auf Platz fünf. Die Spanne reicht dabei von 15,25 Euro in Luxemburg bis zu 3,23 Euro in Bulgarien. Aussagefähiger als diese Zahlen jedoch, sagt Experte Rützel, der bis zum Amtsantritt des neuen Bundestages noch Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und Soziales ist, sei die Orientierung am jeweiligen Durchschnittsverdienst - und dann rangiere Deutschland auch hinter Ländern wie Polen, Portugal, Irland oder Griechenland. „Hier sind wir deutlich zurückgefallen.“ Österreich, Italien und die nordischen Länder haben wegen ihrer hohen Tarifbindung keinen Mindestlohn.

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