Trotz einiger Differenzen etwa in der Asylpolitik wollen die Regierungen Deutschlands und Italiens ihre Zusammenarbeit weiter ausbauen. Bundeskanzler Olaf Scholz und Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vereinbarten am Donnerstag in Rom, dass im Herbst dieses Jahres zum ersten Mal seit 2016 wieder deutsch-italienische Regierungskonsultationen stattfinden sollen. Dann solle auch ein Aktionsplan zur Vertiefung der Beziehungen beider Länder verabschiedet werden, kündigte Scholz an.
Im Ringen um eine gemeinsame Asylpolitik in der EU rief Scholz alle Mitgliedstaaten zur Solidarität und Einigungsbereitschaft auf. "Alle Versuche, die Probleme entweder bei jemand anderem zu lassen oder auf jemand anderes zu zeigen, werden scheitern."
Meloni längst nicht mehr allergisch gegen Deutschland
Meloni, die die ultrarechte Partei Fratelli d'Italia anführt, hatte im Oktober die Regierung in Italien übernommen. Befürchtungen, sie könne zu einer Gefahr für den Zusammenhalt Europas werden, haben sich in den ersten Monaten ihrer Amtszeit nicht bestätigt. Anders als noch vor ihrer Regierungsübernahme ist sie als Ministerpräsidentin bislang überraschend EU-freundlich aufgetreten und hat einen guten Draht zu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Im Februar war Meloni bereits zu ihrem Antrittsbesuch in Berlin. Damals hatte Scholz erklärt, dass er auch mit der neuen italienischen Regierung eng kooperieren wolle. Auch Meloni, die Deutschland als Oppositionspolitikerin noch scharf angegriffen hatte, schlug damals schon versöhnliche Töne an und wollte sie sich nicht mehr so recht an eine frühere Aussage erinnern, sie sei "allergisch" gegen Deutschland: "Keine Ahnung, wann ich das gesagt haben soll", sagte sie damals.
Scholz nennt Italien "verlässlichen Freund"
Auch beim Gegenbesuch des Kanzlers in Rom wurden jede Menge Freundlichkeiten ausgetauscht. Scholz dankte Meloni für den "herzlichen Empfang" und betonte, "wie eng und vertrauensvoll" die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien. "Italien ist für uns ein wichtiger Partner und verlässlicher Freund", sagte er. Meloni bedankte sich bei ihrem Gast für den "fruchtbaren Austausch" und lobte Scholz für dessen jüngsten, klaren Aussagen zum Ukraine-Krieg. Dabei lächelte sie dem Kanzler herzlich zu.
Zwei deutsche Schiffe mit Flüchtlingen festgesetzt
Differenzen gibt es zwischen Scholz und Meloni unter anderem in der Asylpolitik. Die italienische Ministerpräsidentin will die Zahl der über das Mittelmeer kommenden Migranten verringern und sie möglichst schon in Nordafrika an ihrer Überfahrt hindern. Mit ihren Maßnahmen sorgt sie dabei immer wieder für harsche Kritik. Jüngst etwa setzte Rom zwei deutsche Schiffe von freiwilligen Seenotrettern fest, weil diese die neuen, strengen Regeln von Melonis Regierung nicht befolgt hatten.
Die beiden Schiffe - die "Sea-Eye 4" in Ortona und die "Mare*Go" auf der Insel Lampedusa - waren laut Meloni bei dem Gespräch kein Thema. Stattdessen unterstrich die italienische Regierungschefin, wie Italien "einigermaßen einsam" seit Monaten Menschen im Mittelmeer rette. Im Jahr 2023 zählte Rom Stand Donnerstag bislang mehr als 53.600 Bootsmigranten - im Vorjahreszeitraum waren es knapp 21.250 gewesen. Italien mache einen außergewöhnlichen Job, sagte Meloni. "Die große Herausforderung ist, diese Arbeit gemeinsam zu machen."
Regierungskonsultationen im Herbst in Deutschland
Meinungsverschiedenheiten hindern die beiden aber nicht daran, die Beziehungen zwischen beiden Ländern zu intensivieren. Die Wiederaufnahme der Regierungskonsultationen nach sieben Jahren Pause ist ein deutliches Zeichen dafür. Dabei handelt es sich um Treffen der Regierungschefs und mehrerer Minister beider Seiten, die es nur mit besonders engen Partnern oder für Deutschland besonders wichtigen Ländern wie China, Indien oder Brasilien gibt.
Das letzte Treffen mit Italien fand im norditalienischen Maranello statt. Das nächste ist nun wieder in Deutschland geplant. Dann soll auch ein Aktionsplan zur Vertiefung der Beziehungen beider Länder beschlossen werden, der schon seit Ende 2021 geplant ist, als Mario Draghi noch Ministerpräsident war. Um welche Themen es dabei gehen soll, ist noch unklar.
(Von Michael Fischer und Manuel Schwarz, dpa)