Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist am Samstag zu einem dreitägigen Besuch nach China aufgebrochen, wo er unter anderem Präsident Xi Jinping treffen wird. Zunächst besucht er aber Chongqing, eine Metropole am Jangtse-Fluss, die mit etwa 32 Millionen Einwohnern als größte Stadt der Welt gehandelt wird. Anschließend geht es weiter in das Wirtschafts- und Finanzzentrum Shanghai und am Dienstag schließlich zu den politischen Gesprächen nach Peking.
Der Kanzler wird von einem Dutzend Top-Managern begleitet. Darunter sind die Vorstandschefs der Autobauer Mercedes-Benz und BMW sowie des Chemiekonzerns BASF. Volkswagen, der größte europäische Autokonzern, ist diesmal nicht mit dabei. In Peking bekommt Scholz auch Unterstützung von den Ministern Cem Özdemir (Agrar, Grüne), Volker Wissing (Verkehr, FDP) und Steffi Lemke (Umwelt, Grüne).
Zweite China-Reise von Scholz
Es ist die zweite China-Reise des Kanzlers seit seinem Amtsantritt im Dezember 2021. Sein Antrittsbesuch im November 2022 war wegen der noch anhaltenden Corona-Pandemie nur ein Tagestrip. Diesmal nimmt er sich drei Tage Zeit - so viel wie noch nie zuvor für ein einziges Land bei einer Reise. Zu den Hauptthemen dürften die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Bemühungen um ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, die Spannungen zwischen China und Taiwan und der Klimaschutz zählen.
Wirtschaft: China als wichtigster Handelspartner Deutschlands
Im vergangenen Sommer hatte die Ampel-Regierung eine China-Strategie beschlossen, die auf eine Verringerung der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China abzielt, um ein böses Erwachen wie bei der Kappung der russischen Gaslieferungen nach dem Angriff auf die Ukraine zu vermeiden. So richtig zündet diese Strategie bei der deutschen Wirtschaft aber nicht. Die etwa 5000 deutschen Unternehmen in China sorgen sich eher um unfaire Wettbewerbsbedingungen und die Exporteure um sinkende Absatzzahlen. Umgekehrt fluten billige chinesische Elektroautos den europäischen Markt. Die EU-Kommission hat deswegen eine Untersuchung wegen möglicher illegaler Subventionierung eingeleitet. Sollte diese in Gegenmaßnahmen münden, könnte dies einen Handelskrieg auslösen, befürchten vor allem die deutschen Autobauer.
Ukraine-Krieg: China als wichtigster Verbündeter Russlands
Der größte Erfolg des Antrittsbesuchs des Kanzlers in Peking vor eineinhalb Jahren war, dass Xi sich anschließend gegen die russischen Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen stellte. Diesmal dürfte es unter anderem um die Ukraine-Friedenskonferenz gehen, die Mitte Juni in der Schweiz stattfinden soll. Ein möglicher Erfolg steht und fällt mit der Teilnahme Chinas. Das Riesenreich gilt als wichtigster Verbündeter Russlands und bemüht sich darum, einen Prozess zur Beendigung des Konflikts in Gang zu bringen. Es wird aber auch verdächtigt, Russland militärisch nutzbare Güter zu liefern. Auch das könnte bei dem Besuch Thema werden. "Es geht darum, dass China Russland nicht dabei unterstützt, gegen seinen Nachbarn Ukraine einen brutalen Krieg zu führen", sagte Scholz vor seiner Abreise der "tageszeitung".
Taiwan: Chinas Drohgebärden nach außen
China tritt seiner Nachbarschaft gegenüber zunehmend aggressiv auf. Das gilt für Inseln und Seegebiete im Südchinesischen Meer, um die sich die Supermacht mit Ländern wie Vietnam, den Philippinen oder Malaysia streitet. Und das gilt für die demokratische Inselrepublik Taiwan, die von der kommunistischen Volksrepublik China als ihr eigenes Territorium beansprucht wird. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine wachsen die Befürchtungen, dass China Taiwan angreifen könnte. Scholz dürfte in Peking seine Warnung vor Gewaltanwendung gegen die Inselrepublik wiederholen.
Menschenrechte: Chinas Repressalien im Inneren
Scholz will auf seiner Reise auch Menschenrechtsthemen ansprechen. Dazu gehören etwa die Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in der Provinz Xinjiang oder die Meinungsfreiheit. Menschenrechtsorganisationen fordern eine deutliche Ansprache des Kanzlers an die chinesische Führung. Scholz sagt, über solche Themen offen zu sprechen, gehöre für ihn zu einem "Dialog auf Augenhöhe".
(dpa)