Pannen gibt es bei der Flugbereitschaft der Bundeswehr immer wieder, aber diese war besonders peinlich - und folgenschwer. Als Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im August vergangenen Jahres für eine Woche nach Australien, Neuseeland und Fidschi reisen wollte, schaffte sie es mit ihrem in die Jahre gekommenen Airbus A340 gerade mal bis Abu Dhabi. Nach dem Tankstopp in dem Golfemirat streikten die Landeklappen. Zweimal innerhalb von 24 Stunden musste die Maschine nach dem Start umkehren, dann gab Baerbock frustriert auf. "Das ist mehr als ärgerlich", meinte sie - und flog mit Linie wieder nach Hause.
Im zweiten Anlauf hat sie es nun mit gut acht Monaten Verspätung geschafft. Nach knapp 19 Stunden Flugzeit und zwei Stunden Tankstopp auf der indonesischen Insel Bali landete Baerbock am Donnerstagabend (Ortszeit) sicher im südaustralischen Adelaide.
Sicherheitshalber mit der "Air Force One" unterwegs
Damit nichts schiefgeht, ist die Ministerin diesmal mit der "Air Force One" der Bundeswehr unterwegs. Der Airbus A350 "Konrad Adenauer", mit dem normalerweise Bundeskanzler und Bundespräsident fliegen, ist das Beste und Modernste, was die Luftwaffe derzeit für den VIP-Transport zu bieten hat.
Es ist eine Reise, bei der die Vielfliegerin Baerbock Neuland betritt. In Fidschi mit seinen mehr 300 Inseln im Südpazifik war noch keiner ihrer Vorgänger. Nach Australien und Neuseeland hat es zuletzt Guido Westerwelle 2011 geschafft. Kanzlerin Angela Merkel reiste 2014 nur mal kurz für den G20-Gipfel nach Australien. Der letzte bilaterale Besuch eines deutschen Regierungschefs in Australien und Neuseeland liegt fast 30 Jahre zurück: Helmut Kohl, 1997. Es wird also Zeit, dass sich wieder mal jemand aus der Bundesregierung in dieser aus europäischer Sicht entlegenen Weltregion blicken lässt.
43.000 Kilometer muss Baerbock dafür zurücklegen und mehr als 50 Stunden im Flugzeug verbringen. Fast eine ganze Woche wird die Ministerin weg sein. Auch die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen, wo derzeit um eine Feuerpause gerungen wird, halten sie von dieser Reise nicht ab. Warum ist ihr diese Reise so wichtig?
Indopazifik: Wettstreit der "Wertepartner" mit China
Die Region um den Pazifischen und den Indischen Ozean gewinnt eine immer größere strategische Bedeutung. 60 Prozent der Weltbevölkerung leben dort und generieren einen ebenso großen Teil der weltweiten Wirtschaftsleistung. Mit China tritt eine autokratisch geführte Großmacht immer aggressiver dort auf. So streitet sich die kommunistische Volksrepublik im Südchinesischen Meer mit Ländern wie Vietnam, Malaysia und den Philippinen um Seegebiete und betrachtet die demokratische Inselrepublik Taiwan als ihr eigenes Territorium. Wiederholt hat Peking mit einer Invasion gedroht.
Baerbock will die Kooperation mit demokratischen "Wertepartnern" in der Region wie Australien und Neuseeland stärken, um im Wettstreit mit China bestehen zu können. Diese beiden Länder bekämen "noch viel direkter als wir die heftigen Windstöße ab, die durch Chinas zunehmend offensiveres Auftreten in die Welt geschickt werden", sagte die Grünen-Politikerin vor ihrer Abreise.
Australien: Patrouillenboote und Kulturgüter
Australien ist Mitglied der G20-Gruppe führender Wirtschaftsmächte, nimmt regelmäßig an G7-Treffen der wirtschaftsstarken Demokratien und an Nato-Gipfeln teil und unterstützt trotz der Entfernung die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland mit Waffen. Bei Baerbocks Besuch wird es darum gehen, die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich zu stärken. Neben ihren politischen Gesprächen wird sie daher in Adelaide auch die Osborne-Werft besuchen, wo das Bremer Unternehmen Lürssen Patrouillenboote für die australische Marine baut. Ein klares Zeichen für mehr Rüstungskooperation.
Zudem ist eine Zeremonie zur Rückgabe von Kulturgütern geplant, die im 19. Jahrhundert von deutschen Missionaren nach Deutschland geschickt wurden und nun dem Aborigine-Stamm der Kaurna überlassen werden. Das Leipziger Grassi Museum hatte sie bereits im vergangenen Jahr nach Australien zurückgebracht, nachdem eine persönliche Übergabe durch Baerbock wegen des Abbruchs der Reise im August gescheitert war.
Neuseeland: Antarktis und Weltraum
In Baerbocks Flieger reist Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) mit, das eine Forschungspartnerschaft mit dem Antarktis-Institut Neuseelands abschließen will, bei dem es vor allem um den Klimawandel und seine Folgen geht. Das AWI will dazu ein Forschungsschiff in die Antarktis schicken. Neuseeland gehört zu den zwölf Erstunterzeichnern des Antarktisvertrags von 1959, der eine ausschließlich friedliche Nutzung des Südpolargebiets und den Verzicht auf Gebietsansprüche vorsieht.
Es dürfte in Auckland, der bevölkerungsreichsten Stadt des Landes, aber auch um die wirtschaftliche Zusammenarbeit gehen. Am Mittwoch trat das Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Neuseeland in Kraft. "Es ist der neue Goldstandard bei den Freihandelsabkommen", sagte Baerbock vor der Abreise. Außerdem auf dem Programm Baerbocks: der Besuch des Weltraumzentrums der Universität von Auckland.
Fidschi: Opfer des Klimawandels
Die letzte Station ihrer Reise nimmt mit zwei Tagen zumindest zeitlich den meisten Raum ein. Der Fokus ist hier eindeutig: Fidschi zählt zu den Ländern, die vom Klimawandel am stärksten betroffen sind. Der steigende Meeresspiegel bedroht Küstenorte, die Umsiedlung ihrer Bewohner hat stellenweise bereits begonnen. Baerbock wird sich an zweien dieser Orte ein Bild von der Lage machen.
(Von Michael Fischer, dpa)