Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird heute in Paris von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron zu Gesprächen über die Verteidigung gegen Russlands Angriffskrieg empfangen. Denkbar ist, dass es in der französischen Hauptstadt auch zu einem Treffen Selenskyjs mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump kommt, der sein Amt im Januar antritt und erheblichen Einfluss auf den Kriegsverlauf nehmen könnte. Am Vortag der Gespräche wurden bei einem weiteren russischen Gleitbombenangriff in der südostukrainischen Großstadt Saporischschja laut Behörden 10 Menschen getötet; 24 weitere wurden verletzt.
Das Büro des französischen Präsidenten kündigte an, dass sich Macron am Samstagnachmittag vor seinem Treffen mit Selenskyj zunächst zu einem bilateralen Gespräch mit Trump im Élysée-Palast zusammensetzen werde. Die Unterredung findet vor der feierlichen Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame am Abend statt. Für Trump ist es die erste Auslandsreise seit seinem Sieg bei der Präsidentenwahl Anfang November. Ob sich der Republikaner in Paris auch mit Selenskyj treffen wird, ist noch unklar.
In der Ukraine ist die Angst groß, dass Trump nach seiner Vereidigung am 20. Januar die US-Militärhilfe für das von Russland angegriffene Land drastisch zurückfahren und ihm so eine Niederlage bescheren könnte. Noch sind die Vereinigten Staaten der wichtigste Unterstützer und größte Waffenlieferant der Ukraine. Auch in vielen EU-Staaten wird befürchtet, dass Trump eine unausgewogene Waffenstillstandsregelung durchsetzen könnte, die Russland faktisch als Sieger des Angriffskriegs dastehen lässt, den Kremlchef Wladimir Putin im Februar 2022 völkerrechtswidrig angeordnet hatte.
Scholz: Können mit Trump Strategie für Ukraine entwickeln
Bundeskanzler Olaf Scholz geht von einer Verständigung mit Trump über das weitere Vorgehen aus. «Mit dem künftigen US-Präsidenten habe ich bereits ausführlich telefoniert, und wir sind auch im direkten Austausch mit seinen Verantwortlichen für Sicherheitspolitik. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine gemeinsame Strategie für die Ukraine entwickeln können», sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Auf die Frage, ob die Ukraine für eine Waffenruhe Gebiete abtreten müsse, entgegnete er, es dürfe nichts über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg entschieden werden.
Deutschland werde in Europa der mit Abstand stärkste Unterstützer der Ukraine bleiben, betonte Scholz. «Wichtig ist, dass das Töten bald ein Ende hat und die Unabhängigkeit und Souveränität der Ukraine gewährleistet bleibt.»
Selenskyj: «Putin will keinen wirklichen Frieden»
Während auf politischer Ebene weiter über die großen Fragen von Krieg und Frieden gerungen wird, geht das tägliche Blutvergießen in der Ukraine weiter. Den folgenschweren Gleitbombenangriff auf Saporischschja verurteilte Selenskyj als russischen Terror. Bei einer weiteren Raketenattacke auf die südostukrainische Großstadt Krywyj Rih wurden laut Behörden zudem 3 Menschen getötet und 17 verletzt. Eine dritte Leiche wurde am Morgen aus den Trümmern eines getroffenen Hauses gezogen.
«Tausende solcher Angriffe, die Russland während dieses Krieges geführt hat, machen deutlich: Putin will keinen wirklichen Frieden - er will die Möglichkeit, jedes Land auf diese Weise zu behandeln, mit Bomben, Raketen und allen anderen Formen der Gewalt», sagte Selenskyj. «Nur durch Stärke können wir uns dem widersetzen. Und nur durch Stärke kann echter Frieden geschaffen werden.»
Der Angriff in Saporischschja habe eine Autowerkstatt getroffen und Teile der Stromversorgung lahmgelegt, teilte der Gouverneur des Gebiets mit. Mehrere Verletzte seien in Krankenhäuser gebracht worden. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Die Frontlinie zwischen russischen und ukrainischen Truppen verläuft nur gut 30 Kilometer südöstlich von Saporischschja. Russische Flugzeuge können die mit einem eigenen Antriebssystem ausgestatteten Gleitbomben aus Entfernungen von über 50 Kilometern abwerfen.
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