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Krieg in der Ukraine: Selenskyj wirbt bei EU-Gipfel für «Frieden durch Drohungen»

Krieg in der Ukraine

Selenskyj wirbt bei EU-Gipfel für «Frieden durch Drohungen»

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    Will ein Raketen-Paket zur Abschreckung: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
    Will ein Raketen-Paket zur Abschreckung: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei einem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten um die Unterstützung seines Plans für einen Sieg gegen Russland geworben und dabei auch auf die Option einer atomaren Bewaffnung verwiesen. Selenskyj sagte in Brüssel, der Ansatz sei, «Frieden durch Drohungen» zu schaffen. Dazu sollten Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und die USA dafür sorgen, dass in der Ukraine ein passendes Raketen-Paket stationiert werden könne.

    Dieses könnte Russland dann entweder in echte Friedensverhandlungen zwingen oder die Zerstörung militärischer Ziele ermöglichen, erklärte Selenskyj. Es gehe darum, die Ukraine zu stärken, um dann bereit für Diplomatie zu sein. Dabei hänge es vom Willen der Partner ab, ob sein Plan umgesetzt werden könne. Die Option einer atomaren Bewaffnung der Ukraine erwähnte Selenskyj in dem Zusammenhang mit dem Szenario, dass ein Nato-Beitritt der Ukraine wegen des Vetos von Alliierten nicht möglich sein sollte.

    Siegesplan erfordert Kurswechsel von Partnern

    Selenskyj spielte mit seinen Äußerungen darauf an, dass Kernpunkte seines «Siegesplans» einen politischen Kurswechsel von Ländern wie Deutschland erfordern würden. So lehnt es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bislang ab, der Ukraine weitreichende Waffensysteme für Angriffe auf Ziele im russischen Hinterland zu liefern. Ebenfalls keine deutsche Unterstützung gibt es, für den ukrainischen Wunsch nach einer schnellen und bedingungslosen Einladung in die Nato.

    Scholz machte am Rande des Treffens deutlich, dass er trotz der schwierigen militärischen Lage der Ukraine nicht von seinen bisherigen Positionen abzurücken gedenkt. «Sie kennen die Haltung Deutschlands in den Fragen, die da berührt sind. Daran wird sich auch nichts ändern», sagte auf eine Frage zu Selenskyjs «Siegesplan».

    Der ukrainische Präsident appellierte allerdings kurz darauf erneut an Scholz. «Wir brauchen seine weitreichende Waffe», sagte er mit Blick auf deutsche Marschflugkörper vom Typ «Taurus».

    Deutschland und USA bremsen

    Scholz stellte sich mit seiner Positionierung abermals auf die Seite der USA, die aus Sorge vor einer weiteren Eskalation des Ukraine-Kriegs ebenfalls zentrale Wünsche Selenskyjs derzeit nicht erfüllen wollen. Auf der anderen Seite stehen vor allem nordische und osteuropäische EU- und Nato-Staaten. Sie argumentieren, dass im Umgang mit Russland nur größtmöglicher Druck zielführend sei.

    In nicht öffentlichen Diskussionen wird zudem darauf verwiesen, dass die Einladung zur Nato-Mitgliedschaft für die Ukraine auch eine Art Trumpfkarte in späteren Verhandlungen mit Russland sein könnte. So könnte die Regierung in Kiew Moskau zum Beispiel anbieten, auf die Nato-Mitgliedschaft zu verzichten, wenn sich Russland aus ukrainischem Gebieten zurückzieht. Eines der erklärten Kriegsziele Russlands ist es nämlich, einen neutralen Status der Ukraine zu erzwingen.

    Selenskyj spricht von Atomwaffen-Option

    Selenskyj wollte davon allerdings auf einer Pressekonferenz nichts wissen und drohte sogar indirekt mit einer Wiederbewaffnung seines Landes mit Atomwaffen, sollte es nicht Mitglied der Nato werden können. «Welchen Ausweg haben wir? Entweder wird die Ukraine Atomwaffen haben oder wir müssen in irgendeiner Allianz sein», sagte er und ergänzte er, dass er außer der Nato keine funktionierenden Allianzen kenne.

    Für die Nato wäre eine nukleare Wiederbewaffnung der Ukraine ein großer Rückschlag, weil sie sich eigentlich dafür einsetzt, dass sich die Zahl der Atommächte nicht weiter erhöht. In der Ukraine gibt es seit den 90er Jahren keine Nuklearwaffen mehr. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatte sich das Land über das sogenannte Budapester Memorandum verpflichtet, die auf seinem Staatsgebiet gelagerten sowjetischen Atomwaffen an Russland zu übergeben. Im Gegenzug bekräftigten die Atomwaffenstaaten Russland, USA und Großbritannien, dass sie die Unabhängigkeit und die Grenzen der Ukraine achten und das Land nicht mit Atomwaffen bedrohen werden.

    Russland bekommt Unterstützung von Orban

    Aus Russland hieß es bereits am Mittwoch zu Selenskyjs Plan, dieser erkläre in keinem seiner Punkte, wie er den Konflikt lösen wolle, sondern versuche, die westlichen Verbündeten noch tiefer in den Krieg hineinzuziehen. Indirekte Unterstützung bekam Moskau bei EU-Gipfel vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, der den ukrainischen Plan als angsteinflößend bezeichnete und forderte, man brauche eine Friedens- und keine Kriegsstrategie.

    Der litauische Präsident Gitanas Nauseda entgegnete: «Unser Zögern ist der direkteste Weg zur Eskalation.» Dies sei der schlechteste Moment, um mit Verhandlungen zu beginnen, da Russland sich derzeit als die stärkere Partei fühle.

    Selenskyj warb nach seinem Besuch beim EU-Gipfel am Abend auch noch bei einem Verteidigungsministertreffen der Nato für seinen Siegesplan und entschlossene Entscheidungen für eine Bündnismitgliedschaft seines Landes. «Die Ukraine in die Nato einzuladen, wird uns diplomatisch stärken und uns einem echten und (...) gerechten Frieden näherbringen», sagte er bei einer Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Zudem hätten die Ukrainer gezeigt, dass sie die gemeinsamen Werte verteidigen könnten und die Mitgliedschaft verdient.

    Reagiert zurückhaltend auf den «Siegesplan» des ukrainischen Präsidenten: Bundeskanzler Olaf Scholz.
    Reagiert zurückhaltend auf den «Siegesplan» des ukrainischen Präsidenten: Bundeskanzler Olaf Scholz. Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa
    In der EU weitgehend isoliert: Der ungarische Regierungschef Viktor Orban.
    In der EU weitgehend isoliert: Der ungarische Regierungschef Viktor Orban. Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa
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    3 Kommentare
    Jochen Hoeflein

    Da kann der UA Präsident noch so viel reisen und argumentieren. Die Bedingungen , die seinem Siegesplan unterlegt sind, werden von den USA und DEU nicht mitgetragen und unterstützt. Und bis zur Vereidigung des nächsten Präsidenten/Präsidentin der USA im Jan 25, wird sich da auch nichts im Sinne Kiews ändern. Unabhängig der abweichenden Meinung ost- und nordeurop. Staaten wird die NATO eine Kriegseskalation im Sinne der UA Forderungen/Vorschläge nicht in Betracht ziehen. Hoffe nur, der UA Präsident nicht am Wochenende anläßlich des Bidens Besuchs Berlin nicht nochmals auf Basis eine Selbsteinladung nochmals auf die Pelle rückt.

    Jochen Hoeflein

    Und wenn der UA Führer meint, die NATO solle Ru durch Drohungen und Stationierung von westl Waffensystemen möglichst noch mit Bedienmannschaften aus NATO Staaten zum Frieden zwingen, liegt er vollkommen daneben. Und seine Meinung dass z.Bsp Deu nicht über den Einsatz westl Waffensysteme aus deu oder US Produktion/Produktionsanteilen mitzureden habe, befindet er sich auch auf dem Holzweg. Mit sinkender Lage an der Front wird der UA Präsident immer dreister und anmassender.

    Jochen Hoeflein

    2. Ergänzung: Wie muss der UA das Wasser bis zum Hals stehen, dass sich der UA Präsident versteigt alternativ zum NATO Beitritt die Aufrüstung des Landes mit A-Waffen auf den Tisch zu bringen. Damit hat er jegliche Basis für Friedensverhandlungen und einer vertrauensvollen Kooperation mit der NATO verlassen. Das gewisse Misstrauen von USA und DEU ist damit voll berechtigt. Der Mann will einen totalen Sieg über RU auch um den Preis eines Weltkrieges.

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