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Die FDP und der „D-Day“: Wer soll dieser Partei noch glauben?

Kommentar

Diese FDP hat der Demokratie Schaden zugefügt

Daniel Wirsching
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    Nicht einmal in seinem Rücktritts-Statement distanzierte sich FDP-General Djir-Sarai nun von der geschmacklosen und geschichtsvergessenen „D-Day“- und Kriegsrhetorik. Wer soll dieser Partei noch glauben?
    Nicht einmal in seinem Rücktritts-Statement distanzierte sich FDP-General Djir-Sarai nun von der geschmacklosen und geschichtsvergessenen „D-Day“- und Kriegsrhetorik. Wer soll dieser Partei noch glauben? Foto: Daniel Karmann, dpa (Symbolbild)

    Dass bei Angriffen die Burg geschlossen wird, ist so wenig überraschend wie, dass man zum Gegenangriff übergeht. Als Methode der Krisenkommunikation hat sich das jedoch nicht bewährt. Davon zeugen die Skandale der vergangenen Jahre. Am Ende verschlimmerten die angegriffenen Personen oder Organisationen ihre Lage. Was ihnen – und der Öffentlichkeit – geholfen hätte und was angebracht gewesen wäre: Ehrlichkeit und Demut.

    Die FDP wird seit Wochen angegriffen, das zumindest ist die Sicht ihrer Spitzenleute. So erklärte der Bundesgeschäftsführer den „lieben Parteifreunden“, man sei Opfer „sehr tendenziöser Berichterstattung geworden“. Klar, im Zweifel ist der Überbringer der Nachricht der Böse! Im Zweifel verfängt die Selbststilisierung als (Medien-)Opfer bei dem einen oder der anderen. Die AfD lässt grüßen. Völlig unzweifelhaft allerdings ist, dass der Umgang der FDP mit Recherchen seriöser Medien einer Partei unwürdig ist, die sich als staatstragend versteht.

    Kein Wort der Distanzierung, kein Wort der Reue

    Vor zwei Wochen also enthüllten Journalisten, dass die Freien Demokraten den Bruch der zerstrittenen Ampel-Koalition lange und minutiös unter dem Namen „D-Day“ vorbereitet hatten, SPD-Kanzler Scholz sei ihnen mit der Entlassung von FDP-Finanzminister Christian Lindner nur zuvorgekommen. Die FDP-Spitze beharrte auf ihrer Erzählung: Man habe weiterregieren wollen, Berichte über das interne Papier träfen nicht zu. Trauriger Höhepunkt des Schauspiels: Lindner warf der SPD vor, sie wolle die FDP zerstören. Bis zuletzt schwadronierte FDP-Vize und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki, die Enthüllungen seien ein „Märchen“; Generalsekretär Bijan Djir-Sarai behauptete, der Begriff „D-Day“ sei „nicht benutzt worden“. Als alles Leugnen und Kleinreden nichts mehr half, veröffentlichte die Partei unter dem Druck neuer Recherchen selbst das Papier: Es hat den Titel „D-Day Ablaufszenarien und Maßnahmen“, Phase IV markiere den „Beginn der offenen Feldschlacht“.

    Nicht einmal in seinem Rücktritts-Statement distanzierte sich Djir-Sarai nun von der geschmacklosen und geschichtsvergessenen „D-Day“- und Kriegsrhetorik. Mit dem „D-Day“ am 6. Juni 1944 hatte immerhin die Befreiung Europas vom Nazi-Terror begonnen. Zeit für eine Entschuldigungsbitte an Journalisten, die seriös berichtet hatten, nahm er sich ebenfalls nicht in den 44 Sekunden seines Auftritts. Er flüchtete regelrecht vor Fragen.

    Der Schaden für die einst stolze FDP ist jetzt maximal. Doch daran trägt niemand anderes Schuld als die FDP.

    Der Schaden für die einst stolze FDP ist jetzt maximal. Doch daran trägt niemand anderes Schuld als die FDP. Und das ausdrücklich nicht, weil sie sich legitimerweise auf Ausstiegsszenarien aus der Ampel vorbereitete (wie es auch die SPD tat). Nein, ihre Spitzenleute enthielten der Öffentlichkeit, ihrer Wählerschaft und ihrer Partei wochenlang die Wahrheit vor. Sogar wenn sie wirklich nichts gewusst haben sollten, wäre es ihre Pflicht gewesen, im eigenen Hause Nachforschungen anzustellen, was es mit dem – vom Bundesgeschäftsführer verfassten – Papier auf sich hat. Und zwar direkt nach der Veröffentlichung der ersten Medienberichte. Stattdessen fragte Parteichef Lindner hochmütig: „Wo ist die Nachricht?“

    Die Nachricht für die Freien Demokraten ist: Eine Partei und deren Führung, von der man den Eindruck haben muss, sie habe die Öffentlichkeit bewusst und über Wochen getäuscht, wird es zu Recht schwer haben, wiedergewählt zu werden. Wer bitte soll ihr noch glauben und Ämter anvertrauen, die eine hohe staatspolitische Verantwortung erfordern? Diese FDP hat mit ihrem Agieren der Demokratie einen Schaden zugefügt und die Politikverdrossenheit befördert. Wo ist eigentlich die – sozialliberale – FDP eines Gerhart Baum geblieben? Es bräuchte künftig durchaus eine derartige liberale Partei im Bundestag. Es wäre eine, die selbstverständlich auch die Freiheit der Presse verteidigt – gerade, wenn es kritisch wird.

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    5 Kommentare
    Klara Rasper

    Das Waehlergedaechtnis war oefter schon etwas kurz. Hoffentlich haelt es bis zur naechten Wahl. Solche Partienen brauchen wir nicht. Jedenfalls nicht mit dieser Fuehrung.

    Wolfgang Boeldt

    Image-Schaden? Möglich bis wahrscheinlich. Aber inwiefern hat die FDP der Demokratie geschadet?

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    Wolfgang Steger

    Ein Parteivorsitzender einer sich selbst demokratische nennenden Partei inzeniert einen Koalitionsbruch, streitet dies ab und lügt, wie gedruckt. Wenn Sie glauben, dass das der Demokratie nicht schadet, dann haben Sie ein gestörtes Verhältnis zur Parlamentarischen Demokratie.

    Franz Wildegger

    Besser hätte ich den vorigen Beitrag auch nicht beantworten können. Entweder man versteht Demokratie, oder eben nicht, was in dem Beitrag ja auch voll zum Ausdruck kommt.

    Wolfgang Leonhard

    Für Lindner und seine immer so forsch daherkommenden Leute scheint Politik immer nur ein Spiel gewesen zu sein. Die Wortwahl in ihrem "Strategiespapier" offenbart eine geradezu pubertäre Denkweise. Dazu kommt der zunehmend debil erscheinende Kubicki. Es fällt schwer das zu sagen, aber da erscheint die laute Frau Strack-Zimmermann plötzlich als seriöse Alternative.

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