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Die FDP sollte die Ampel-Koalition verlassen

Kommentar

Regieren ist kein Martyrium: Die FDP sollte raus aus der Ampel

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    FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner will seine Partei in der Regierung halten. Er stellt aber Bedingungen und setzt Grüne und SPD schon wieder unter Druck.
    FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner will seine Partei in der Regierung halten. Er stellt aber Bedingungen und setzt Grüne und SPD schon wieder unter Druck. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Zieht die FDP der Ampel-Koalition den Stecker oder nicht? Nach jeder Wahlniederlage der zurückliegenden Zeit drängt dieselbe Frage mit Wucht in den Raum. Bisher lautet die Antwort der Liberalen „Nein“. Und sie bleiben dabei, auch nach dem Fiasko von Brandenburg. Das ist ein Fehler, der Preis dafür enorm.

    Die Freien Demokraten wurden bei den drei Landtagswahlen im Osten pulverisiert, sind in kaum messbare Bereiche abgerutscht. Die FDP hatte es zwischen Rügen und Erzgebirge noch nie leicht, es gibt auf dem Gebiet der früheren DDR weniger Gutverdiener und Kapitalbesitzer als in Westdeutschland. Doch so arg wie jetzt kam es noch nie.

    Krawall für einen Punkt in den Umfragen

    Die Wähler begreifen die Partei schlichtweg nicht mehr als Kraft, die in ihrem Sinne irgendetwas positiv zu gestalten vermag. Die Antwort auf den Abstieg war bisher, in der Ampel-Koalition auf stachelig zu stellen, Opposition in der Regierung zu spielen. Als Erfolg galt, wenn man in den nationalen Umfragen von fünf auf sechs Prozent geklettert war. Krawall für einen Prozentpunkt.

    Doch das Beharken der eigenen Partner hat das Klima im Dreierbündnis mit SPD und Grünen vergiftet, mittlerweile ist vom anfänglichen Vertrauen nicht einmal mehr ein Hauch übrig. Um es klar zu sagen, die FDP hat begonnen, die Koalition zu destabilisieren.

    Gute Laune nur noch selten: Die Ampel-Spitzen Robert Habeck, Christian Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz jüngst bei einem Wirtschaftskongress.
    Gute Laune nur noch selten: Die Ampel-Spitzen Robert Habeck, Christian Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz jüngst bei einem Wirtschaftskongress. Foto: Carsten Koall, dpa

    Mittlerweile kopieren SPD und Grüne nach schweren Wahlniederlagen – mit der sozialdemokratischen Ausnahme Brandenburg – dieses Konzept. Mehr aus der eigenen Programmatik, mehr für die eigene Wählerschaft, mehr Konfrontation mit den Regierungspartnern. SPD-General Kevin Kühnert zum Beispiel trieb am Morgen nach der Wahl seinen Kanzler Olaf Scholz in die Offensive, forderte von ihm, endlich „zu kämpfen“.

    Erst der Haushalt, dann Neuwahlen

    Wenn in einer Koalition ein jeder nur noch für sich kämpft, kann nichts mehr Gemeinsames entstehen. Ihrer Verantwortung vor den Wählern werden die drei Parteien nicht mehr gerecht. Deswegen ist es Zeit, sich scheiden zu lassen. Aus einem Rest staatspolitischer Verantwortung heraus sollten SPD, Grüne und FDP noch den Haushalt für das nächste Jahr durch den Bundestag bringen. Und danach den Weg freimachen für vorgezogene Neuwahlen. Regulär würde im September ohnehin ein neues Parlament gewählt, im letzten Jahr der Legislatur werden wegen der aufziehenden Kampagne ohnehin keine großen mehr Entscheidungen gefällt.

    Die FDP droht offen und verdeckt mit dem Bruch der Ampel, flirtet bei der Asylpolitik mit der Union. Die Freien Demokraten und ihr Chef Christian Lindner scheuen aber bisher das Risiko, von den Wählern als Verräter abgestraft zu werden. Sie lauern auf einen günstigen Moment, einen geeigneten Anlass zu finden. Lindner hat einen Herbst der Entscheidungen ausgerufen und setzt damit die eigene Koalition unter Druck. Er macht also mit der Methode weiter, die bisher keinen Erfolg brachte. Das Volk liebt den Verrat, aber nicht den Verräter, heißt es. Taktisch besser wäre es für Lindner, wenn SPD oder Grüne das Bündnis platzen ließen. Das heißt aber nichts anderes, als die Anspannung noch weiter zu erhöhen. In der Zwischenzeit dürfte die ohnehin große Unzufriedenheit mit der Ampel weiter steigen, zum Schaden aller drei Parteien.

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    2 Kommentare
    Maria Reichenauer

    Die FDP hat es 2019 in Brandenburg nicht geschafft, warum sollte es dieses Mal anders sein? Auch im nächsten Bundestag wird sie voraussichtlich nicht vertreten sein – da wird sie sich schon überlegen, ob sie jetzt aus der Regierung aussteigt. Man wird drohen und wehklagen – aber Opposition macht Lindner, seit es die Ampel gibt. Er war von Anfang der Bremser und Hemmschuh in der Regierung, sein "Verdienst" ist es, das es ständig Streit gibt und in diesem Land nichts weiter geht. Sein Verdienst ist damit aber auch, dass die erste Regierung, die sich effektiv für die Klimaziele einsetzen wollte, zum Scheitern verurteilt ist und bald wieder Platz machen muss für Leute, die lieber zurückschauen als nach vorne und die aus Angst cor ihren Wählern keine unangenehmen Entscheidungen treffen werden – nicht unbedingt zum Wohl des deutschen Volkes.

    Günter Köhler

    Ich traue es Olaf Scholz nicht zu, dass er die Ampel platzen lässt. Auch wenn es für ihn, die SPD, die Grünen und auch das Land die richtige und beste Lösung wäre. Lindner und die FDP schaden nicht nur Deutschland, sondern letztendlich auch sich selber, wenn sie weiter in dieser Regierung sitzen und hier nurmehr Opposition betreiben. Aber Lindner wird wohl nicht gehen wollen. Er fürchtet das schwarze Loch, in das er und die FDP fallen könnte. Andererseits wird er zum Totengräber der Ampelkoalition. Eine Entscheidung über Pest oder Cholera?

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