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Deutschlandtag der JU: Und dann fordert Söder Habecks und Baerbocks Entlassung

Deutschlandtag der JU

Und dann fordert Söder Habecks und Baerbocks Entlassung

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    Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, spricht auf dem 75. Deutschlandtag der Jungen Union.
    Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, spricht auf dem 75. Deutschlandtag der Jungen Union. Foto: Moritz Frankenberg, dpa

    Als Markus Söder in den Saal einmarschiert, knallt das Lied Applause der Sängerin Lady Gaga aus den Lautsprechern. „I live for the applause“, singt sie im Refrain und davon, wie die Leute ihr zujubeln und schreien. Die Sucht nach Bühne, Scheinwerferlicht und Jubel haben Gaga und Söder gemeinsam. Dem Parteinachwuchs von CDU und CSU liefert Söder am Samstag die Show, die die jungen Konservativen haben wollen. Volle Attacke gegen Kanzler Olaf Scholz und seine SPD, Spott für die Grünen, Mitleid für die FDP und deutliche Ansagen an Migranten. Er beschwört die Einigkeit der zwei Schwesterparteien, um die Ampelkoalition besser früher als später abzulösen. „Ich rate uns zu einer gemeinsamen Linie. Wir müssen uns alle einordnen, alle einig sein“, fordert der CSU-Chef am Schluss seines Auftritts beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU). Er hat eine Stunde gesprochen und damit doppelt so lange wie der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz.

    Markus Söder beherrscht die Kunst, einen Appell an die Einigkeit auszusprechen und selbst dagegen zu verstoßen. Schon am Vortag hat er aus dem Nichts eine Spitze gegen Merz gesetzt und den Eintritt der Union in eine große Koalition mit der SPD vorgeschlagen – als Juniorpartner von Olaf Scholz. Im Merz-Lager wird das als unfreundlicher Akt begriffen. Gerade läuft es für den 67-Jährigen. Die Erfolge bei den Landtagswahlen in Bayern und vor allem in Hessen haben Woche voller Pleiten und Schnitzer abgelöst. „Söder wollte sich wieder ins Gespräch bringen. Merz zeigen, dass er noch da ist“, sagt ein alter CDU-Grande.

    Hat Söder aus seiner Demontage Laschets gelernt?

    Eigentlich wollte Söder aus seiner Demontage des CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet gelernt haben, dem er vor zwei Jahren den Wahlkampf ruinierte und den Sieg von Olaf Scholz erst ermöglichte. In Braunschweig kassiert er sein vergiftetes Geschenk nicht etwa ein, sondern wiederholt den Vorschlag, wenn auch abgeschwächt. „Am besten die Regierung tritt ganz ab und wir übernehmen“, sagt er. Weil das aber unwahrscheinlich sei, brauche es eine Lösung dazwischen. Applaus bekommt er dafür nicht, wohl aber für die Hiebe auf die regierende Koalition. „Die Ampel ist die schlechteste Bundesregierung, die Deutschland je hatte“, ruft Söder in die Volkswagen-Halle. Der Kanzler müsse endlich reagieren. „Er muss die Minister der Grünen entlassen. Sie haben das Geld nicht verdient.“

    Außenministerin Annalena Baerbock bekommt ihr Fett weg für den Ansatz einer feministischen Außenpolitik. Als er fertig ist, springen die JU’ler von ihren Sitzen und jubeln dem Mann zu, der dafür verantwortlich ist, dass die CDU nach 16 Jahren die Macht verlor. Markus Söder bekommt von ihnen dennoch die Droge, die er braucht. 

    Zu seinen Überlegungen über Koalitionsarithmetik gehört die kleine Gemeinheit, dass Söder an der Juniorpartnerei in Berlin nicht beteiligt wäre. Er bliebe Ministerpräsident im Freistaat, während Friedrich Merz unter dem Kanzler Scholz dienen müsste. In seiner Rede versucht der CDU-Vorsitzende, nicht in die Falle zu tappen und Söders Vorstoß nicht noch größer zu machen. „Es ist jetzt Halbzeit, wir haben noch zwei Jahre vor uns.“ Er glaubt nicht daran, dass die Ampel-Koalition von sich aus vorzeitig kapituliert, weil SPD, Grüne und FDP alle verlieren würden. Zusammen kommen die drei Regierungspartner in den Umfragen nur noch auf 32 Prozent – genauso viel wie die Union allein auf sich vereint. Aus diesem Grund wiederholt Merz das Angebot an Scholz, im Format des Deutschlandpakts die Asylkrise zu lösen. Bislang hat es erst zu einem Treffen gereicht. „Passiert ist ein ganz gutes Abendessen, aber sonst nichts“, moniert Merz.

    Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, gibt sich auf dem Deutschlandtag ruhiger als Söder.
    Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, gibt sich auf dem Deutschlandtag ruhiger als Söder. Foto: Moritz Frankenberg, dpa

    Merz und Söder sagen dem Antisemitismus den Kampf an

    Im Ton ist seine Rede keine, um dem Parteinachwuchs Zucker zu geben, wie es nach ihm Söder tun wird. Der Vorsitzende bemüht sich um Sachlichkeit, was auch damit zu tun hat, dass der israelische Botschafter Ron Prosor zum Deutschlandtag gekommen ist. Die Delegierten der Jungen Union schwenken Israelfähnchen, auf der Leinwand über der Bühne leuchten die blau-weißen Farben des verwundeten Landes. Prosor ist sichtlich gerührt.

    Merz wie Söder bekennen sich unmissverständlich zur Freundschaft mit Israel. Dem Antisemitismus in Deutschland sagen sie den Kampf an. An dieser Stelle seiner Rede kommt eine Seite Friedrich Merz‘ durch, die die Öffentlichkeit nicht kennt. Als er von einem Besuch in einer jüdischen Schule in Berlin erzählt, bricht seine Stimme weg, Tränen fließen. „Angst vor der U-Bahn, Angst vor dem Taxi, Angst vor dem Einkaufen“, das hätten ihm die Schüler geschildert. Er ruft den Parteinachwuchs auf, zu den Juden in Deutschland zu gehen, und ihnen zu sagen, dass sie hier leben können.

    Das Bekenntnis zu Israel und zum Nie wieder eint die zwei mächtigsten Männer der Union. Sie teilen auch die Analyse, dass die Ampel fertig ist. Wenn das stimmt, dann wird die eingebüßte Macht womöglich zurückwechseln. An diesem Punkt enden die Gemeinsamkeiten der beiden. „Wir haben eine belastbare, gute, freundschaftliche, vertrauensvolle, sehr stabile Zusammenarbeit hinbekommen“, erklärt Merz.

    In Braunschweig herrschte einst der Sachsen-Herzog, Heinrich der Löwe. Er unterstütze Kaiser Barbarossa und bekam von ihm zum Lohn das Herzogtum Baiern. Ihm wird auch die Gründung Münchens zugeschrieben. Später ließ Heinrich den Kaiser bei einem Feldzug im Stich. Merz sollte die alte Geschichte im Sinn behalten. Söder braucht den Applaus. 

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