Ein Blick auf Österreich kann einem in diesen Tagen das Fürchten lehren. Weil sich Konservative, Sozialdemokraten und Liberale bei den Koalitionsgesprächen unter anderem über die Frage von Steuererhöhungen zerstritten haben, könnte nun erstmals die rechtspopulistische FPÖ den Kanzler stellen, ein Szenario, das alle demokratischen Kräfte bis zuletzt unbedingt verhindern wollten.
Auch wenn der Siegeszug der Rechtspopulisten in Deutschland noch längst nicht so weit ist, sind die Geschehnisse in Österreich eine Mahnung. Die Parteien der Mitte müssen bündnisfähig bleiben – trotz Maximalforderungen im Wahlkampf. Und sie müssen die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen und deren Probleme lösen, wenn sie ein Erstarken der Ränder verhindern wollen.
Union bleibt Antworten schuldig, wie sie die Forderungen umsetzen will
Vor allem Friedrich Merz, der derzeitige Favorit auf den Kanzlerposten, macht seit Wochen mit kernigen Forderungen von sich reden, wie er das Land nach dem Ampel-Chaos wieder auf Kurs bringen will. Er verspricht eine harte Hand in der Migrationspolitik („Ausweisung nach zwei Straftaten“) und eine Wirtschaftswende („runter mit den Unternehmenssteuern“, „weg mit dem Bürgergeld“). Vieles davon mag richtig sein, doch es bleibt das Geheimnis der Union, wie sie ihre markigen Wünsche in parlamentarische Mehrheiten ummünzen will. Für ein Bündnis mit der FDP jedenfalls wird es kaum reichen, zumal die ampelversehrten Liberalen ihrerseits ums Überleben kämpfen.
Wer aber stets das Maximale fordert, obwohl er weiß, dass er am Ende nicht liefern kann, der befördert Politikverdrossenheit und womöglich auch: österreichische Verhältnisse.
Beispiel Migration: Die forschen Ideen der Union mögen bei vielen Unionswählern gut ankommen, doch in einer künftigen Koalition dürften weder Grüne noch (mit Abstrichen) die SPD ihre Hand dazu reichen. Warum etwa sollten sie das neue Staatsbürgerschaftsrecht einstampfen, das sie eben erst als Meilenstein für ein modernes Deutschland gefeiert haben? Um es klar zu sagen: Eine parlamentarische Mehrheit für die Merz-Migrationsideen im gegenwärtigen Schärfegrad gibt es im Bundestag wohl nur mit der AfD. Diese Zusammenarbeit aber schließen alle demokratischen Parteien aus gutem Grund aus.
Politische Mitte unter Druck: Deutschland steht vor gewaltigen Herausforderungen
Das Versprechen, das Bürgergelds abzuschaffen, dürfte ebenfalls im Nirgendwo enden. Schwer vorstellbar, dass die SPD, wohl der bevorzugte Koalitionspartner der Union, bei ihrem Vorzeigeprojekt zu mehr als kosmetischen Korrekturen bereit ist. Auch bei den Ideen, wie die darbende Wirtschaft, die unter anderem unter hohen Energiepreisen leidet, wieder in Schwung gebracht werden kann, liegen Union, SPD und Grüne meilenweit auseinander.
Deutschland steht vor gewaltigen Herausforderungen. Es droht das dritte Jahr in Folge mit einer schrumpfenden Wirtschaft, die Verteilungskämpfe werden schärfer, die Schutzmacht USA will Cash sehen. All das verlangt nach Antworten, oft nach tiefgreifender Veränderung. Die Bürger spüren das, doch sie sind offenbar nicht bereit, Merz und der Union ein klares Mandat für diese Veränderungen zu erteilen. Nicht umsonst ist die sogenannte Große Koalition aus Union und SPD erneut das präferierte Regierungsbündnis, wie Umfragen belegen.
Das Problem ist nur, dass der kleinste gemeinsame Nenner als Kompass nicht ausreichen wird, um den anstehenden Herausforderungen zu begegnen. Wenn Politik aus der Mitte heraus aber nicht mehr in der Lage ist, Probleme zu lösen, dann passiert, was wir derzeit in Österreich beobachten können.
Sie scheinen ein Problem mit den demokratischen Spielregeln zu haben, Herr Müller. Parlamentarische Mehrheiten entscheiden über die Zusammensetzung der Regierung und nicht die Wunschvorstellungen der kleinen Oppositionsparteien (oder deren journalistische Sprachrohre)
Zum AZ-Kommentar(erster Absatz): es ist äußerst fraglich, ob Kräfte, die einen Wahlsieger verhindern wollen, ein großes Demokratiebewusstsein besitzen.
Zum Demokratiebewusstsein gehört viel mehr als einfache und banale Worte. Das Zusammenleben bestimmen weltweit fast gleiche uralte Regeln. Dazu gehören auch die 10 Gebote. Ohne diesen Regeln ist eine Demokratie nicht möglich.
Auch Hitler war einst ein Wahlsieger. Zumindest ein Wahlgewinner zu Anfang. Hatten die, die versucht haben, ihn zu verhindern, zu wenig Demokratiebewusstsein? Auch Putin feiert Wahlsiege, haben die, die gegen ihn sind, zu wenig Demokratiebewusstsein? Und wie ist es in China? In Nordkorea? Hat eine rassistische Partei mit völkischen Tendenzen wie die AfD recht, weil sie Wählerstimmen aus der Leugnung von Lebenswirklichkeit (Klimawandel), Angstmacherei (Migration) und Schwarzseherei generiert?
Ich denke aus Sicht eines Österreichers ist Deutschland ein abschreckendes Beispiel, Die Infrastruktur ist grundsätzlich mäßig bis miserabel, egal ob Bahn, Straße oder Mobilfunknetz.. Der Piefke darf bis 67 buckeln und wird zum Dank dafür in die Altersarmut geschickt. Die reichen zahlen In das staatliche Gesundheitssystem, das aus dem letztem Loch pfeift, nicht ein. Den politischen Terror mit unrentablen energetischen Sanierungen für Altbauten vermissen österreichische Immobilienbesitzer bestimmt nicht.
Vielleicht sollte man hierzulande das Konzept der "Brandmauer" kritisch hinterfragen, das ja nun auch in Österreich (vermutlich) gescheitert ist.
Was gibt es da zu hinterfragen? Wollen Sie wirklich, dass eine der etablierten Parteien eine Koalition mit einer fremdenfeindlichen und rechtsextremen Partei eingeht?
Für manche ist die Brandmauer bereits gescheitert bis tot - siehe Beitrag im Deutschlandfunk, Stichtwort "Brandmauer in Zukunft".
Vermutlich sehnen sich genug Leute nach dem Vorbild der Österreicher. Wenn ich mir die CSU unter Söder anschaue sind die Gemeinsamkeiten mit der AfD schon so weit fortgeschritten, dass eine Brandmauer dem Bürger nur noch vorgegaukelt wird.
Wie immer beantworten Sie Fragen nicht, die man Ihnen stellt.
Wie viele Fragen haben Sie mir denn schon gestellt? Wer höflich fragt, bekommt von mir i. d. R. auch eine Antwort. Meine Antwort darauf ist sicherlich unpopulär, aber sehr demokratisch. Auch die AfD sollte die Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung (auf Landes- oder Bundesebene) bekommen, v. a. wenn von mehr als ein Viertel der Wähler das Kreuz für diese Partei gesetzt hat. Dann kann der Souverän sie bei der nächsten Wahl je nach deren Arbeit während der Legislaturperiode entweder bestätigen oder abwählen. Das sollte unsere Demokratie aushalten!
Sie haben Recht, Herr Bock. Eine Brandmauer, zumindest was die Politik darunter versteht, ist ein Relikt aus Zeiten, in denen es noch kein GG gab. Parteien, die nicht nach Art. 21 GG verfassungswidrig (im weitesten Sinne) sind sollen, ich behaupte sogar müssen, im politischen Willensbildungsprozess beteiligt werden. Alles andere widerspricht dem Geiste unserer demokratischen Grundordnung.
Herr Bock,Herr Boeldt, was erzählen Sie für Märchen. Herr Bock, wer hindert die AfD daran, sich Koalitionspartner zu suchen. Niemand, außer sie sich selbst. Wer ,Herr Boeldt, hindert sie daran, sich am poltischen Willensbildungsprozess zu beteiligen ? Niemand.
EIne Partei, die in vielen Teilen unserer demokratischen Grundordnung widerspricht, soll der Lösungsansatz für eine Regierung sein? Wenn es nicht so traurig wäre, könnte ich den Versuch, die AfD salonfähig zu machen, richtig zum Lachen finden. Im übrigen: Als es noch kein Grundgesetz gab, waren die Nazis an der Macht. Und wenn man sich das Grundsatzprogramm der AfD anschaut, dann hat man schon das Gefühl, dass man in Zeiten vor dem Grundgesetz zurückversetzt wird. Und was bedeutet verfassungswidrig im weitesten Sinne? Wenn also eine Partei nur in Teilen verfassungswidrig ist, könnte man mit ihr eine Koalition eingehen – und selbstverständlich verteidigt diese Partei dann unsere Verfassung mit Zähnen und Klauen? Also für so naiv hätte ich Sie nicht gehalten.
Wenn ein Viertel der Wähler die AfD wählt – drei Viertel haben sie nicht gewählt. Noch Fragen zum Demokratieverständnis?
Wenn Sie sich schon über meinen Post auslassen, dann lesen Sie ihn doch genau, Herr W.S..
Wenn eine aktuelle Regierung versucht Probleme zu lösen sollte man ihr vielleicht nicht die Möglichkeiten nehmen, denn unter einer eigenen Regierung steht man exakt vor den selben Problemen die man dann nicht lösen kann. Man kann ja unterschiedlicher Meinung sein, aber sollte nicht nur auf die Machtmöglichkeiten sehen sondern auf die Umsetzbarkeit für das Land. Stichwort Schuldenbremse und den Umstand, dass die Reformierung auch in den eigenen Bundesländern/Ministerpräsidenten so gesehen wird.
In Ihren letzten Zeilen, Herr Müller, beschreiben Sie doch exakt, dass wir uns der Österreich-Situation immer weiter annähern. Die sogenannte Brandmauer ist doch ein statisches und formales Monster, inhaltlich gibt es die doch nicht wirklich und gab es sie wohl auch nie. Der Wortschatz mancher CSU-Protagonisten der letzten 10 Jahre befeuert doch nur, ähnlich wie das Aiwanger-Vokabular, die rechten Gesellen. Brachiale Worte gepaart mit bescheidenen Taten ergibt in der Summe den Weg zu den braundurchtränkten Rechten. Inhaltlich ist auch bei uns ein hoher Deckungsgrad zwischen Schwarz und Blau(braun) deutlich sichtbar.
Konservativ kommt eigentlich von konservieren und solches macht man mit bewährtem das sich als richtig herausgestellt hat und garantiert nicht den Rückgriff auf Dinge die schon mal aber so richtig schief gegangen sind. Umso schlimmer mit anzusehen wie derzeit aus Hilflosigkeit mit genau deren Argumenten gearbeitet wird die, wieder besseren Wissens, da hin zurück wollen.
Herr Müller sie sind sehr konsequent in ihrem Tun.. ja keine Meinungen bringen die weh tun.. nur immer ein weiters so.. Genau das ist was die Bürger wütend, ohnmächtig macht, wen man ihnen ihre Berechtigung des Mitmachen nimmt. Unser ganzes Geschehen und des Bürgers Existenz wird nur durch Zensur, ausschließen, nicht gesehen werden beeinflusst.. Diesmal wird das völlig daneben gehen, weil die AFD, BSW so stark wird wie noch nie.. egal wo man nachfragt die meisten wollen AFD wählen.. Leider und Dank der Medien und Politiker Mithilfe wird es so kommen.. !
"CDU-Chef Merz setzt auf kernige Forderungen in der Migrations- und Wirtschaftspolitik". Herr Müller bitte stellen Sie die Aussagen von Herr Merz richtig dar, wie Sie dies bereits bei AfD machen. Und zwar, er spricht sich für Remigration in Deutschland. Es kann nicht sein, dass die Forderungen von CDU/CSU als nicht rechtsradikal betrachtet werden. Die CDU in Schwerin lässt alle Arbeitslose zur Arbeit antanzen und verkauft, als eigenen Erfolg, obwohl vor Jahren der Vorschlag von AfD auf dem Tisch lag. Ich möchte bitte keine Worte mehr von Ihnen, wo die AfD als rechtsradikal bezeichnet wird, sonst kann man heute auch Herrn Habeck die Rechtsradikalismus unterstellen.
"Die CDU in Schwerin lässt alle Arbeitslose zur Arbeit antanzen" Herr Mezler, können Sie diese Aussage belegen?
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