Wer sich dieser Tage den für neun Oscars nominierten Film „Im Westen nichts Neues“ anschaut, sieht zwei Dinge: eine anfängliche Begeisterung für den Krieg, die mit zunehmender Dauer des Gemetzels Angst und Verzweiflung weicht. Deutschland hat sich fast 78 Jahre lang nicht mit solchen Gefühlen befassen müssen. Durch die Lieferung von Leopard-2-Panzern in die Ukraine ist das Land dem Szenario ein gutes Stück näher gerückt.
Viele von denen, die in den letzten Wochen und Monaten nach schweren Waffen riefen, haben noch nie ein Gewehr oder eine andere Waffe in der Hand gehabt oder gar abgefeuert. Die Generation derer, die beim lauten Knallen eines Auspuffs verschreckt den Kopf einziehen, weil sie an die Bomben des Zweiten Weltkrieges erinnert werden, schrumpft. Deutschland kommt das Bewusstsein für die Schrecken des Krieges abhanden.
Völkerrechtlich ist die Panzerlieferung gedeckt – doch Putin kümmert das Völkerrecht nicht
Die Lieferung von Panzern mag völkerrechtlich gedeckt sein, doch das bietet keinerlei Sicherheit. Würde sich Wladimir Putin an geltendes Recht halten, hätte er sich nicht die Krim einverleibt und andere Dinge getan. Die Russen drohen bereits mit Gegenmaßnahmen. Noch beschränkt sich der Krieg auf die Ukraine, die Gefahr eines Flächenbrandes jedoch ist gewachsen.
Deutschland unterstützt die Ukraine schon lange mit Milliardensummen, liefert seit Kriegsausbruch unaufhörlich Militärgüter und nimmt selbstverständlich Flüchtlinge auf. Es kann niemand sagen, Berlin lasse die Menschen dort im Stich. Mit der Lieferung von deutschen Panzern, die gegen russische Soldaten vorgehen, wird jedoch eine Grenze überschritten.
Kanzler Olaf Scholz tat bisher gut daran, diesen Schritt nicht zu tun. Ihn trieb die Sorge, dass sich dadurch die Risiken für Deutschland erhöhen. Diese Ängste, die auch viele Deutschen haben, muss man Ernst nehmen – und hoffen, dass es nicht zum Äußersten kommt.