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Deutschland: Forscher geben Merkel Mitschuld am Ende des Wirtschaftsbooms

Deutschland

Forscher geben Merkel Mitschuld am Ende des Wirtschaftsbooms

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht in Berlin beim "BDI-Tag der Deutschen Industrie 2014". Wirtschaftsforschungsinstitute geben ihr eine Mitschuld am aktuellen Abschwung.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht in Berlin beim "BDI-Tag der Deutschen Industrie 2014". Wirtschaftsforschungsinstitute geben ihr eine Mitschuld am aktuellen Abschwung. Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa)

    Die Boom-Jahre in Deutschland gehen zu Ende. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, die in diesem Frühjahr noch ein Wachstum von 1,9 Prozent für dieses Jahr und von 2,0 für 2015 vorausgesagt hatten, schrauben in ihrem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Herbstgutachten ihre Prognose deutlich nach unten. Wegen der angespannten internationalen Lage, der anhaltenden Probleme in der Euro-Zone und der schwachen Binnennachfrage werde die Wirtschaft in diesem Jahr nur um 1,3 Prozent wachsen, im kommenden Jahr sogar nur um 1,2 Prozent.

    Stärkster Export-Rückgang seit der Wirtschaftskrise

    Gleichzeitig brachen auch die Exporte ein. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gingen die Ausfuhren im August um 5,8 Prozent zurück, das ist der stärkste Rückgang seit der Wirtschaftskrise im Jahr 2009.

    Die Rente mit 63

    Arbeitnehmer sollen vom 1. Juli 2014 an abschlagsfrei mit 63 Jahren in Rente gehen können. Das gilt für alle, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind.

    Die Altersgrenze steigt jährlich um zwei Monate, bis das jetzige Mindestalter von 65 Jahren wieder erreicht ist. Der Jahrgang 1953 kann mit 63 Jahren und zwei Monaten abschlagsfrei in Rente gehen, der Jahrgang 1958 mit 64 Jahren.

    Zu Beginn kommen rund 200 000 der 700 000 Neurentner für die Rente mit 63 infrage, schätzt die Bundesregierung

    Bis zum 21. November sind bereits rund 110 000 Anträge auf vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beruf bearbeitet und fast ausnahmslos bewilligt worden.

    In ihrer Gemeinschaftsdiagnose gaben die Wirtschaftsforscher der Regierung Merkel eine Mitschuld am Abschwung und prangerten den „Gegenwind von der Wirtschaftspolitik“ der Großen Koalition an. „Das Rentenpaket und die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns wirken wachstumshemmend“, sagte der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner. Die „Rentengeschenke der Regierung“ hätten eine Senkung des Rentenbeitrags verhindert, der Mindestlohn dürfte zum Verlust von 200 000 Arbeitsplätzen führen.

    Gutachter: Die Koalition nutzt finanzielle Spielräume nicht

    Gleichzeitig, so die Gutachter, nutze die Koalition ihre finanziellen Spielräume zu wenig für Investitionen. Kritik übten sie an der Haushaltspolitik von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Ein Etat mit einer schwarzen Null sei ein reines „Prestigeprojekt“ ohne ökonomischen Sinn, sagte Fichtner. Angesichts erwarteter Überschüsse in den öffentlichen Haushalten in Höhe von etwa sieben Milliarden Euro in diesem Jahr und drei Milliarden Euro 2015 seien höhere Ausgaben für Investitionen in die Infrastruktur sowie eine Senkung der Steuer- und Abgabenlast möglich.

    Zudem könnten angesichts der historisch niedrigen Zinsen sogar in geringem Umfang neue Schulden aufgenommen werden, zumal die Schuldenquote deutlich gesunken sei. Unter anderem forderten die Forscher einen Abbau der kalten Progression. Ein staatliches Konjunkturprogramm lehnten sie ab.

    Kerstin Andreae (Grüne): Große Koalition habe sich ausgeruht

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte an, Anreize für zusätzliche private Investitionen setzen zu wollen. Das Herbstgutachten habe die Regierung nicht überrascht, sagte sie. So hätten sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD bei der Sitzung des Koalitionsausschusses am Dienstag mit der Frage beschäftigt, wie zusätzliche Investitionen etwa im digitalen Bereich oder im Zusammenhang mit der Energiewende möglich gemacht werden könnten. Dagegen warf die Opposition der Regierung Untätigkeit vor. Die Große Koalition habe sich „lange auf guten Wirtschaftsdaten ausgeruht“, kritisierte die stellvertretende Fraktionschefin der Grünen, Kerstin Andreae.

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