Es ist eines der größten Bauvorhaben der Bahn und soll den Verkehr auf Deutschlands wichtigster Zugstrecke zwischen Frankfurt/Main und Mannheim schneller sowie zuverlässiger machen: Die Generalsanierung der sogenannten Riedbahn. Bis Dezember sind die Bauarbeiten angesetzt. Während dieser fünf Monate werden Regionalbahnen und S-Bahnen vollständig durch einen Ersatzverkehr mit Bussen ersetzt. Fernverkehrs- und Güterzüge fahren auf Umleitungsstrecken weiter. Die Bauarbeiten wirken sich damit auch auf den übrigen Zugverkehr aus. Für die Fahrgäste bedeutet das zusätzlichen Stress. Der Unions-Verkehrsexperte Ulrich Lange geht davon aus, dass der sich weit über Weihnachten hinausziehen dürfte. Er habe „arge Zweifel an der Einhaltung der Zeitpläne bei den Streckensanierungen“, sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion.
Die Generalsanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim ist nach Konzernangaben Teil des größten Infrastrukturprogramms in der Geschichte der Deutschen Bahn. Sie will bis 2030 die am stärksten befahrenen Bahnstrecken im deutschen Netz von Grund auf sanieren. Weitere geplante Großprojekte sind unter anderem die Strecken Hamburg-Berlin und Emmerich-Oberhausen, Bebra-Fulda (geplant für 2028), Stuttgart-Ulm (2029), Mannheim-Karlsruhe und Ulm-Augsburg.
Unions-Fraktionsvize Lange: „Bei der Riedbahn gibt es nur eine Schummel-Sanierung“
Ziel ist es nach Konzernangaben, „mehr Verkehr auf die klimafreundliche Schiene zu verlagern“. In Wahrheit steckt mehr hinter den Bauarbeiten. Sie lösen einen milliardenschweren Investitionsstau auf, der sich über Jahre aufgebaut hat. Zweitens erhofft sich der Konzern eine Imageverbesserung. Nahezu jeder Fahrgast kann eine Bahn-Geschichte erzählen, es gibt Verspätungen bei fast jedem zweiten Fernzug. Die Riedbahn spielt dabei eine wichtige Rolle. Hier verkehren nach Konzernangaben mehr als 300 Züge. Die Strecke zählt zu den Verbindungen mit dem höchsten Verkehrsaufkommen in Deutschland. Die Verkehrsmenge steigt, ohne Sanierung würde die Zahl an Zugausfällen und Verspätungen sicherlich zunehmen.
Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange weist den Anspruch der Generalsanierung allerdings zurück, er argwöhnt, dass es „bei der Riedbahn nur eine Schummel-Sanierung“ gebe. „Wenn von den 106 Brücken auf der Strecke keine einzige saniert wird, hat das mit einer echten Generalsanierung nichts zu tun“, sagte er. Es werde so kommen, dass die Strecke „in ein paar Jahren wieder angefasst werden“ müsse. „Der aktuelle Vorstand und Verkehrsminister Wissing können die Menschen jetzt beruhigt hinters Licht führen, denn dann werden sie nicht mehr im Amt sein“, erklärte Lange.
Verkehrsminister Wissing muss um die Finanzierung der Riedbahn-Sanierung kämpfen
Für Wissing steht viel auf dem Spiel. Im September hatte der FDP-Politiker beim „Schienengipfel 2023“ den Start des „größten Infrastrukturprogramms in der Geschichte der Deutschen Bahn“ verkündet, für das die Bundesregierung bis 2027 rund 40 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung stelle. Doch danach musste Wissing ums Geld kämpfen. Das Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene legte am Montag in Berlin Zahlen vor, wonach der Bund 2023 nur geringfügig mehr in seine Schienen-Infrastruktur investierte als im Vorjahr. Das Geld habe nicht einmal ausgereicht, die stark gestiegenen Baukosten auszugleichen.
Das Verkehrsbündnis mahnte, den Investitionsstau im Schienennetz entschlossen und mit langfristiger Perspektive anzugehen. „Wir schieben bei der Sanierung der Schienen-Infrastruktur inzwischen eine Bugwelle von 92 Milliarden Euro vor uns her“, erklärte Leiter Verkehrspolitik der Allianz pro Schiene, Andreas Geißler.
Umleitungen und Schienenersatzverkehr: Das kommt auf Fahrgäste zu
Die Fahrgäste werden sich zunächst fragen, ob und wie sie trotz der Sanierung ans Ziel kommen. Jede siebte Reise im Fernverkehr der DB führt über die Gleise zwischen Frankfurt und Mannheim. Während der Sperrung werden rund zwei Drittel der ICE- und IC-Züge westlich und östlich der Riedbahn über Mainz und Worms (Ludwigsbahn) beziehungsweise über Darmstadt und Heidelberg (Main-Neckar-Bahn) nach Mannheim umgeleitet. Für Fahrgäste verlängert sich damit die Reisezeit um rund eine halbe Stunde. Das übrige Drittel der Züge fällt aus oder fährt andere Ziele an.
Im Regionalverkehr fallen alle Züge aus, stattdessen gibt es einen Ersatzverkehr mit Bussen. Gesteuert werden diese auch von Fahrpersonal, das im Ausland rekrutiert wurde. Bei einem Testlauf im Januar wurden die Fahrtrouten der einzelnen Linien auf einem Navigationsgerät angezeigt. Für ausländisches Fahrpersonal wurden Deutschkurse angeboten, die häufigsten Fahrgastfragen zudem in 14 Sprachen übersetzt.
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