Volker Wissings Bahnreform soll das ramponierte Staatsunternehmen besser und pünktlicher machen. Der Bundesrechnungshof kommt jedoch in einem Gutachten zu einem wenig schmeichelhaften Ergebnis. Der Bund schießt viele Milliarden in sein marodes Unternehmen, hat aber nach wie vor kaum Durchgriffsrechte auf das Bahn-Management und damit keine Qualitätskontrolle in der Hand, wie die Regierungskontrolleure bemängeln.
„Dem Bund ist bislang noch keine grundlegende Neuausrichtung für eine zügige Verbesserung der Schienenverkehrsinfrastruktur gelungen“, heißt es in dem Papier. Der Rechnungshof wirft dem FDP-Verkehrsminister außerdem vor, angesichts der Bedeutung der Schienenwege „überhastet“ und für den Bund „wenig hilfreich“ vorzugehen. Das Gutachten liegt unserer Redaktion exklusiv vor.
Attacke auf Wissings Reformprojekt der Deutschen Bahn
Damit greift der Rechnungshof ein zentrales Reformprojekt Wissings an. Anfang des Jahres erfolgte die Zusammenlegung der Tochterfirmen Netze und Bahnhöfe, um Ertüchtigung und Sanierungen der maroden Infrastruktur unter dem Dach der Gesellschaft InfraGo aus einem Guss zu ermöglichen, so sein Plan. Außerdem ändert sich die ökonomische Ausrichtung des Gleisnetzes. Statt auf wirtschaftliche Kennzahlen und Profitabilität zu schauen, soll das Gemeinwohl maßgeblich sein. Das heißt, die Bahn wird auch Strecken unterhalten, für deren Unterhalt sie draufzahlt, wenn dadurch mehr Menschen in die Züge steigen.
„Die Gemeinwohlorientierung ist noch nicht präzisiert und messbar, die künftige Finanzierungsystematik ist nicht geregelt, verbesserte Steuerungs- und Kontrollsysteme des Bundes fehlen“, beklagen die Wächter über die staatlichen Ausgaben. Sie sehen die Gefahr, dass der Bund seine Interessen gegenüber Bahn-Vorstand und InfraGo „nicht angemessen wird durchsetzen können“. Die Befürchtung: Das Verkehrsministerium stellt hohe Summen zur Verfügung, die Bahn verbaut die Gelder, wie sie will, ohne dass der Bund Einfluss nehmen kann.
Die Opposition hält die Bahnreform Wissings für vermurkst und unzureichend. „Angekündigt wurde von Verkehrsminister Wissing und Bahnchef Richard Lutz viel. Umgesetzt wurde aber bisher nichts, was einen echten Turnaround bei der Schiene bringen wird“, sagte der CSU-Verkehrsexperte Ulrich Lange unserer Redaktion. Die Zusammenlegung von DB Netz mit DB Station und Service zur InfraGo sei nicht mehr als ein Schein-Reförmchen.
Einst war auch die FDP für ein einschneidende Bahn-Reform
Lange hatte sich in der Vergangenheit für eine Zerschlagung des Schienenkonzerns ausgesprochen. Netze und rollende Einheiten sollten getrennt, die Infrastruktur von der Bahn abgespaltet werden. Ursprünglich hatten auch die Liberalen den radikalen Schritt unterstützt, scheiterten aber in den Koalitionsverhandlungen des Ampel-Bündnisses am Widerstand der SPD. „Anstelle eines neuen Klingelschilds wäre eine echte Umstrukturierung des DB-Konzerns nötig, die dem Bund die Verantwortung und Kontrolle für das Schienennetz und seine Finanzierung gibt“, forderte Lange.
Der Rechnungshof schlägt vor, dem Bahn-Vorstand den Durchgriff auf die InfraGo zu entziehen. Bislang besteht laut der Behörde ein Beherrschungsvertrag des Konzerns über die Tochter. Der Bund wiederum hat als Alleigentümer kein direktes Weisungsrecht. Der Bundesrechnungshof fordert von Wissing, dass sein Ministerium die Möglichkeit der Rückforderung von Geldern bei deren unwirtschaftlicher Verwendung verankert, wie es der Bundestag empfohlen hatte.