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Eklat: Kubicki nennt Erdogan "Kanalratte" – und hält das für ein Kompliment

Eklat

Kubicki nennt Erdogan "Kanalratte" – und hält das für ein Kompliment

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    Wolfgang Kubicki hat mit einer Aussage gegen den türkischen Präsidenten Erdogan für Aufsehen in Ankara gesorgt.
    Wolfgang Kubicki hat mit einer Aussage gegen den türkischen Präsidenten Erdogan für Aufsehen in Ankara gesorgt. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Es gab eine Zeit, in der die FDP gottfroh war, einen Typen wie Wolfgang Kubicki in ihren Reihen zu haben. Unter all den glatt gebügelten Jungdynamikern wie Philipp Rösler (längst vergessener Parteichef), Daniel Bahr (längst vergessener Minister) oder dem heutigen Vorsitzenden Christian Lindner bot der Norddeutsche mit seinem Humor, seinen Sprüchen und dem stets offenen Visier eine willkommene Abwechslung. Kubicki war immer auf Sendung und lieferte zuverlässig Schlagzeilen, auch in einer Zeit, in der sich die Liberalen den Bundestag von außen anschauen mussten und unter der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle herum krebsten. Inzwischen aber ist der 70-Jährige so etwas wie die lose Kanone an Bord des

    Der Angriff bezog sich auf die Flüchtlingspolitik von Recep Tayyip Erdogan

    Dieses Mal ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in die Schusslinie geraten. Und der ist bekanntlich nicht mit besonders ausgeprägter Toleranz gesegnet. Dass der Vize-Präsident des deutschen Parlaments ihn auf einer Wahlkampfveranstaltung in Niedersachsen als "kleine Kanalratte" bezeichnet hatte, sorgte für dementsprechende Aufregung in Ankara. Hintergrund der verbalen Entgleisung: Kubicki geht davon aus, dass Erdogan jederzeit bereit ist, einen neuen Flüchtlingsstrom Richtung Europa zu entfesseln, wenn es seinen eigenen Interessen dient. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.

    Die türkische Regierung bestellte umgehend den deutschen Botschafter ein, um ihr Missfallen auszudrücken. Kubicki fehle es vollständig an politischer Moral und Verantwortung, ließ das Außenministerium ausrichten. Und weiter: "Die unanständigen Äußerungen geben letztlich einen Eindruck von Kubickis politischer und moralischer Ebene wider, und offenbaren seine Vulgarität.“

    Wolfgang Kubicki vergreift sich nicht zum ersten Mal im Ton

    Immer wieder hatte der Spitzenpolitiker zuletzt rhetorisch danebengegriffen. Mal bezeichnet er den Vorsitzenden des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, als "Saddam Hussein der Ärzteschaft". Mal erzählt er süffisant, so einen wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach würde man in seiner Stammkneipe einen "Spacken" nennen. Selbst jene, die Kubickis loses Mundwerk in Zeiten politischer Korrektheit einmal ganz erfrischend empfanden, verdrehen immer öfter peinlich berührt die Augen. Der Mann, der einst für Klartext stand, steht heute immer öfter für sprachliche Niveaulosigkeit.

    Das Auswärtige Amt in Berlin bemühte sich um Deeskalation und betonte, der Umgang mit Repräsentanten anderer Staaten müsse "respektvoll" sein. "Insofern haben beleidigende Äußerungen im internationalen Umgang und in unserer Kommunikation keinen Platz", teilte ein Sprecher mit, ohne sich explizit auf Kubicki zu beziehen.

    Kubicki selbst liefert eine recht eigenwillige Interpretation

    Der Gescholtene selbst scheint ohnehin keinen Grund zu sehen, die eigenen Wortmeldungen zu hinterfragen. Seine Reaktion auf die Empörung in der Türkei fällt jedenfalls gewohnt ironisch aus: "Eine Kanalratte ist ein kleines, niedliches, gleichwohl kluges und verschlagenes Wesen, weshalb sie auch in Kindergeschichten als Protagonistin auftritt ("Kalle Kanalratte", "Ratatouille")", teilte der liberale Lautsprecher mit. Will sagen: War eigentlich ein Kompliment, hat nur wieder keiner verstanden.

    Der FDP-Politiker sollte sich lieber nicht darauf verlassen, dass sich der bekanntermaßen dünnhäutige Erdogan dieser etwas eigentümlichen Interpretationen anschließen wird. Auf Reisen in die Türkei muss Kubicki womöglich erst einmal verzichten. Auf die Beleidigung des Staatsoberhaupts stehen dort bis zu vier Jahre Gefängnis.

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