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Zukunft Deutschlands: Ampel in der Krise – Was nun?

Kommentar

Des Kanzlers rätselhafte Zuversicht

Peter Müller
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    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Stoppelmarkt im niedersächsischen Vechta.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Stoppelmarkt im niedersächsischen Vechta. Foto: Friso Gentsch, dpa

    Der Kanzler ist aus dem Urlaub zurück und, nach allem, was man hört, will Olaf Scholz einen Weg gefunden haben, wie er die Bundestagswahl im kommenden Jahr gewinnen will. Zuversicht lautet das Thema, das der Kanzler ins Zentrum des SPD-Wahlkampfes rücken will. So wie er 2021 mit dem Schlagwort „Respekt“ gegen alle Erwartungen gewonnen hat. Die größte Gefahr für das Land sei, so rief Scholz am Montag bei einem Volksfest in Niedersachsen, wenn „Miesepetrigkeit die Oberhand gewinnt, Missgunst und Zukunftsangst“. Stattdessen nun also, Zuversicht.

    Allein, die triste Realität in diesen Tagen, gibt zur Zuversicht wenig Anlass. Die Wirtschaft wächst bestenfalls im Bonsai-Format, der Mittelstand wählt ein ums andere Mal einen leisen Abschied aus Deutschland. Und Traditionsfirmen wie Weltbild und Karstadt verschwinden aus den Innenstädten.

    Die politische Lage ist wenig besser als die der Wirtschaft. Bei den Landtagswahlen in Sachsen Anfang September könnten im Extremfall alle drei Ampel-Parteien aus dem Landtag fallen, im benachbarten Thüringen drohte zwischenzeitlich sogar ein AfD-Ministerpräsident (inzwischen ist die AfD in Umfragen etwas gesunken). Und obwohl Deutschlands Sicherheit aufs Engste mit dem Schicksal der Ukraine verknüpft ist, haben die Putin-Versteher nicht nur im BSW, sondern überall im Osten der Bundesrepublik längst breite Mehrheiten.

    Schon dieser grobe Überblickt macht klar: In den kommenden Wochen und Monaten steht die Bundesrepublik am Scheideweg: Gelingt es demokratischen Parteien in den Landtagen in Sachsen, Thüringen und später in Brandenburg noch einmal, einigermaßen stabile Mehrheiten zu erzeugen? Oder holt Deutschland auf Landesebene jene Entwicklung ein, die bei den europäischen Nachbarn oftmals längst Normalität ist – eine Zersplitterung des Parteiensystems, ein Erstarken der Ränder, Instabilität in den Parlamenten?  

    35 Jahre nach der friedlichen Revolution drohen die Abstimmungen zu einem Desaster für die Bundesregierung, ja mehr noch, für die etablierten demokratischen Parteien insgesamt zu werden. Allein die Tatsache, dass es in den ostdeutschen Ländern mehr Wähler mit gefestigter rechtsextremer Gesinnung geben mag als in der alten Bundesrepublik, vermag diesen Befund nicht zu erklären.

    Die erwarteten Wahlergebnisse sind vor allem ein Misstrauensvotum für die Ampel, der die eine breite Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr zutraut, die Zukunft des Landes zu gestalten. Turbo-Einbürgerung statt bezahlbarer Wohnungen, legaler Cannabis-Anbau statt eine vorausschauende, planbare Energiepolitik - was in wirtschaftlich guten Tagen erwägenswerte Angebote für vermeintlich progressive Bevölkerungsschichten sein mögen, wirkt in Zeiten, in denen das wirtschaftliche Fundament bröckelt, wie die realitätsferne Ersatzhandlung eines zerrütteten Bündnisses.

    Kein Wunder, dass der Co- Parteichef der Grünen Omid Nouripour die gegenwärtige Ampel-Allianz schon mal als „Übergangskoalition nach der Ära Merkel“ bezeichnet, und Robert Habeck offen erkennen lässt, dass es auch schon egal ist, wo die noch fehlenden Milliarden im Bundesbudget herkommen. „Ist halt so, ne“, so die Einlassung des Vizekanzlers zum Haushaltsdebakel. Ein Jahr vor der Bundestagswahl lautet die Losung bei den Grünen offenbar: Alles ist besser als die Ampel, Fortsetzung unerwünscht.

    Immerhin, dieses Eingeständnis zeugt von mehr Realitätssinn als das Zuversicht-Leitmotiv des Kanzlers. Wenn es aber so ist, dass sich SPD, Grüne und FDP nichts mehr zu sagen haben, dann sollten sie einen Weg finden, ihre Regierung rasch zu beenden und dem Land ein quälendes Abschiedsjahr ersparen.

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    4 Kommentare
    Walter Koenig

    Traditionsfirmen wie Weltbild und Karstadt verschwinden nicht wegen der Politik aus den Städten, Herr Müller, sondern schlicht und ergreifend deswegen, weil deren Führungskräfte die Unternehmen miserabel gemanagt haben. Mehrere Insolvenzverfahren sowohl bei Karstadt wie auch bei Weltbild sprechen eine deutliche Sprache! Die Legalisierung von Cannabis ist auch keine Erfindung der Ampel, auch wenn sie zugegeben schlecht umgesetzt ist. Aber was verstehen Sie unter einer vorausschauenden, planbaren Energiepolitik? Die ist doch gegeben, oder trauern Sie den AKW und dem russischen Gas nach? Wissen Sie, was ich traurig finde? Dass es ein investigativer Journalismus kaum noch vorhanden ist. Statt dessen wird jede Vermutung sofort wie eine Tatsache gesehen und entsprechend veröffentlicht. Die Ampel wurde vom ersten Tag an mit dem Attribut "Die können es nicht" versehen, zuvorderst von der Springerpresse, aber eben auch hier. Wen wundert da der Zuspruch zu AfD und BSW? Mich nicht.

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    Maria Reichenauer

    Diesem Kommentar von Herrn Koenig kann ich mich voll und ganz anschließen. Die AZ war von Anfang an schnell und ganz vorne dabei, als es darum ging, die Ampel zu diskreditieren. Man denke nur an das Heizungsgesetz, das von Anfang an nur halbherzig kommuniziert wurde, bis jeder Haus- und Wohnungsbesitzer da war, wo man ihn wollte: im Panikmodus. Damit fing die Misere an, und nun wird halt weitergebohrt, wo es nur geht. Informationsvermittlung ist nicht mehr Sache der schreibenden Zunft – Halbinformationen und Verbreitung schlechter Stimmung sind aber Wasser auf die Mühlen von AfD und Konsorten. Das ist mehr als bedauerlich. Man kann nicht jede Insolvenz der Ampel anlasten, schon gar nicht die von Karstadt und Weltbild. Aber die wahren Hintergründe aufzudecken, wer sich wann die Taschen vollgemacht hat, welches Management falsche Entscheidungen getroffen hat – diesen Fragen sollte man nachgehen.

    Marianne Böhm

    Jetzt sagen sie bloß sie finden die Arbeit der Ampel bis heute gut.. ich fall dann vom Glauben ab.. Ich stelle aber immer mehr fest mit wie wenig die Deutschen zu befrieden sind.. man kann mit ihnen jeden Tag die Welt neu umdrehen.. sie verzeihen alles ob Milliarden irgendwo verschwinden, irgendwo ein Müllhaufen durchs Land stinkt.. Wie bei Mutti Merkel, sie hat dieses Land an die Wand gefahren und man hat sie 16 Jahre beklatscht. Und heute verzeiht man diesen Ampel Politikern auch alles, wieder vier Jahre verloren.. Ich würde für niemanden meine Seele verkaufen, Unrecht ist einfach Unrecht, Betrug am Volk ist Betrug am Volk.. wie kann man dem anderen ins Gesicht sehen, wenn er doch weiß dass man ihn nicht ernst nimmt. Eine Journalistin sagte .. Arme Menschen haben ein kleineres Gehirn.. " das sagen doch Menschen die keinen Respekt vor den andern haben, das sind einfach nur bösartige Menschen.. !!

    Raimund Kamm

    >>statt eine vorausschauende, planbare Energiepolitik<< Die Energiepolitik gerade der GRÜNEN ist vorausschauend und planbar. Erst wurden im Jahr 2000 (!) am 1. April mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz die Anreize beschlossen, um gerade Bioenergie, Solar und Windkraft voranzubringen. Und das war erfolgreich, statt damals 6,8 % decken heute die Erneuerbaren Energien schon 57 % unseres Stromverbrauchs. Drei Monate später wurde mit den Stromkonzernen am 14.6.2000 (!) der Atomausstieg vereinbart. Der wurde später von CDU/CSU und den EVU wieder aufgekündigt. Auch wurde bereits Ende 1998 der AkEnd aus Experten gebildet, um ein Verfahren für die Endlagersuche zu entwickeln. Dessen erfolgreiche Arbeit wurde 2 ½ Jahre später von CDU/CSU und den Stromkonzernen boykottiert. Auch der Klimaschutz mit Strom-, Verkehrs- und Wärmewende wurde immer wieder angegangen und immer wieder von Merkel, Seehofer, Söder & Co. zurückgepfiffen. Mehr kundige Artikel zur Energiepolitik braucht’s in der AZ!!

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