Die Bahn steckt tief im Schlamassel, jetzt will der Vorstand das Ruder rumreißen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte genug vom Strom schlechter Nachrichten. Binnen drei Jahren soll der Schienenkonzern den Weg aus der Krise schaffen. Am Mittwoch hat der Aufsichtsrat über den Sanierungsplan mit dem Titel „S3“ beraten, jetzt spricht Bahnchef Richard Lutz. „Wir sind im Moment mit der Bahn nicht da, wo wir sein wollen. Also tun wir alles, um da wieder hinzukommen.“ Wie will er das erreichen?
Deutsche Bahn: Die Kosten müssen runter
Die Bahn hat zu viel Personal an den falschen Stellen. „Viele Häuptlinge, zu wenige Indianer“, ist das geflügelte Wort, das regelmäßig fällt, wenn es um die Zusammensetzung der Belegschaft geht. Der Vorstand streicht deshalb Stellen. 30.000 Arbeitsplätze werden bis 2030 eingespart, vor allem in der Verwaltung. Der Einschnitt wird ohne Kündigungen geschehen, wie der Vorstandsvorsitzende verspricht. „Bei der Bahn verliert niemand seinen Job. Wir werden nicht kündigen, da gibt es kein Vertun“, sagte Richard Lutz am Donnerstag. Die Schrumpfkur soll über die natürlichen Abgänge erfolgen, weil Eisenbahner kündigen oder sich in die Rente verabschieden. Bis 2030 sind das nach einer Schätzung des Vorstands 130.000 Mitarbeiter. Davon werden nicht alle nachbesetzt.
Gleichzeitig stellt die Bahn weiter ein, in diesem Jahr sollen 25.000 neue Kollegen angeheuert werden. „Wir stellen alle ein, die nicht bei drei auf den Bäumen sind“, meinte Lutz. Am Wochenende sollen beim deutschlandweiten Tag der Schiene Verträge gemacht werden. In ganz Deutschland machen Eisenbahnunternehmen die Tore hoch. Die Besucher können ICE-Werke anschauen, mit Dampfloks fahren und auf den Bahnhöfen feiern.
Wo will die Deutsche Bahn noch sparen?
Die Bahn verliert durch ihr marodes Gleisnetz viel Geld, weil Züge zu spät kommen und ausfallen. Besonders leidet die seit Jahren defizitäre Güterverkehrssparte darunter, weil sich Unternehmen wegen der Unzuverlässigkeit von der Schiene abwenden und für den Transport Lkw bevorzugen. Millionenstrafen wegen Ausfalls und Verspätungen muss die Bahn im Regionalverkehr zahlen. Die Umkehr dieser Negativentwicklung soll die Sanierung des Netzes bringen. Bis 2030 werden 40 stark befahrenen Trassen generalüberholt werden, um die Störanfälligkeit zu senken, so ist jedenfalls die Planung. Der erste dieser Korridore wird bis Jahresende zwischen Frankfurt und Mannheim saniert. Die Hoffnung des Managements ist, dass jede ertüchtigte Trasse den Fahrplan beruhigt. Außerdem sollen 200 alte Stellwerke geschlossen und ihr Betrieb durch moderne Technik digitalisiert werden.
Bei den anderen Baustellen gilt künftig die Devise: Die Arbeiten richten sich nach dem Fahrplan und nicht mehr der Fahrplan nach den Arbeiten. In drei Jahren soll die Pünktlichkeit im Fernverkehr 75 bis 80 Prozent erreichen, im August lag der Wert bei 60 Prozent. Ebenfalls 2027 soll wirtschaftlich die Gesundung abgeschlossen sein. Derzeit verlieren die rollenden Abteilungen der Bahn Geld. Alle Bereiche müssten sich bis 2027 an die Schwarze Null herantasten, lautet die Order von Lutz.
„Alter Wein in neuen Schläuchen“, nennt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende für den Regionalverkehr, Ralf Damde, das Sanierungskonzept. Der Funktionär der Eisenbahnergewerkschaft EVG hegt erhebliche Zweifel, dass der Plan aufgeht. Der Vorstand kann aus Sicht der Gewerkschaft nicht überzeugend darlegen, wie die verlustreiche Gütersparte wieder profitabel werden kann.
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