Heute startet der Prozess gegen den Hamburger Banker Christan Olearius, dem Steuerbetrug in Millionenhöhe nach dem Cum-Ex-Geschäftsmodell vorgeworfen wird. Doch worum geht es bei "Cum-Ex", und welche Rolle spielt Bundeskanzler Olaf Scholz in der Affäre?
Was bedeutet "Cum-Ex"?
Bei Cum-Ex handelt es sich um eine Art der Steuerhinterziehung. Es geht um Aktiengeschäfte, die am Stichtag einer Aktiengesellschaft, dem Tag der Dividendenausschüttung, getätigt werden. Die Transaktionen sollen möglichst undurchsichtig sein, um Finanzbehörden zu verwirren. Dabei geht es um Aktien mit (lateinisch: cum) und ohne (lateinisch: ex) Dividendenanspruch.
Wenn Investoren Aktien an einem Unternehmen erhalten, erhalten sie Dividenden. Dafür müssen sie allerdings Kapitalertragssteuer zahlen. Dadurch dass die Aktien kurz vor oder nach dem Stichtag undurchsichtig zwischen Banken, Investoren und Fonds hin- und hergeschoben werden, soll verschleiert werden, wer der eigentliche Aktionär ist.
Weil das Finanzamt nicht mehr nachvollziehen kann, wer die Aktie ursprünglich besaß, stellt es mehrere Steuerbescheide aus. Auf diese Weise lassen sich Steuern mehrfach erstatten, die jedoch nie gezahlt wurden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Geschäfte 2021 als rechtswidrig eingestuft.
Worum geht es im Cum-Ex-Skandal?
Der Cum-Ex-Skandal gilt neben Wirecard als größter Finanzskandal der Geschichte Deutschlands. Es handelt sich um ein Betrugsmodell, das Bänkerinnen und Bänker, Anwälte und Steuerberaterinnen, jahrelang praktizierten. Die Cum-Ex-Geschäfte haben den deutschen Staat womöglich einen zweistelligen Milliardenbetrag gekostet.
Verschiedene Banken bereicherten sich anhand von Cum-Ex-Geschäften. Eine davon ist die Hamburger Privatbank Warburg. Gegen dessen Chef, den Bankier Christian Olearius, startet nun ein Prozess am Landgericht Bonn.
Wie sind die Warburg-Bank und Christian Olearius in den Cum-Ex-Skandal verwickelt?
Christian Olearius werden 13 Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung nach dem Modell Cum-Ex vorgeworfen, die sich zwischen den Jahren 2006 und 2013 ereignet haben.
Olearius soll die Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank abgesegnet haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, maßgebliche Entscheidungen getroffen zu haben, die illegale Aktiengeschäfte und Steuerbetrug zur Folge hatten. Der Steuerschaden soll laut Staatsanwaltschaft bei rund 280 Millionen Euro liegen. Olearius bestreitet die Vorwürfe.
Der Prozess ist vor allem auch wegen seiner politischen Brisanz von Bedeutung. Olearius soll sich im entsprechenden Zeitraum mehrmals mit dem damaligen Hamburger Bürgermeister getroffen haben – dem heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz.
Welche Rolle spielt Bundeskanzler Scholz in dem Cum-Ex-Skandal?
2016 prüfte das Hamburger Finanzamt mögliche Rückzahlungen der Warburg-Bank, die nach dem Cum-Ex-Modell erfolgt sind. Allein für das Jahr 2009 hätte die Warburg-Bank 47 Millionen Euro erstatten müssen. Das Finanzamt verzichtete jedoch unerwarteterweise auf die Rückzahlungen und führte "juristische Risiken" als Begründung an.
Bei dem Prozess gegen den Warburg-Chef geht es auch um die Frage, wie genau der Kontakt zwischen dem Bundeskanzler und Olearius im Detail aussah. Während Olearius angibt, es sei um Cum-Ex-Geschäfte gegangen, erklärte Scholz, sich nicht an die Inhalte der Gespräche erinnern zu können. Eine politische Einflussnahme hat es seiner Aussage nach nicht gegeben.