Im Sommer konnte man mitunter fast vergessen, dass es vor Kurzem noch strenge Corona-Regelungen gegeben hatte. Im Herbst sollen nun aber wieder mehr Schutzmaßnahmen möglich werden. Das sieht ein Gesetzes-Paket der Ampel-Koalition vor, welches inzwischen vom Bundestag beschlossen wurde. Der Bundesrat hat den neuen Corona-Regeln auch zugestimmt. Die neuen Schutzmaßnahmen weisen unter anderem schärfere Vorgaben bei Tests und Maskenpflicht auf.
Corona-Regeln ab Herbst 2022: Corona-Fahrplan für Herbst und Winter
Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Justizminister Marco Buschmann hatten die neuen Corona-Regeln, die ab 1. Oktober bis 7. April 2023 gelten sollen, bereits Ende August vorgestellt. Das Kabinett hatte bereits über den neuen Corona-Fahrplan für Herbst und Winter abgestimmt. Auch den Bundestag und den Bundesrat hat das Gesetz passiert.
Wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach bei einer Pressekonferenz bekannt gegeben hat, will der Bund ab 1. Oktober den Ländern die Möglichkeit geben, je nach Infektionslage in zwei Abstufungen verschiedene Maßnahmen zum Infektionsschutz zu erlassen. Grundsätzlich gilt ab dem 1. Oktober bundesweit eine FFP2-Maskenpflicht in Fernzügen. Kinder zwischen 6 und 14 Jahren sowie Personal sollen auch medizinische Masken tragen dürfen. Im Flugverkehr fällt die Maskenpflicht zum Herbst.
In Krankenhäusern, Arzpraxen und Pflegeeinrichtungen gelten sowohl FFP2-Masken- als auch Testpflicht. Ausgenommen von der Testpflicht sind Personen, die in den jeweiligen Einrichtungen betreut oder behandelt werden. Ausgenommen von der Maskenpflicht sind Patienten oder Bewohner in ihren eigenen Räumen und Kinder unter 6 Jahren. Kinder zwischen sechs und 13 Jahren dürfen auch eine einfach OP-Maske tragen.
Corona-Maßnahmen nach Infektionsgeschehen: So sieht Stufe eins aus
In der ersten Stufe können die Länder verschiedene Regeln und Maßnahmen ergreifen, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. Folgende Maßnahmen sieht der Plan in Stufe eins vor:
- Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)
- Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen, außer bei öffentlichen Freizeit-, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie in der Gastronomie, sofern ein negativer Testnachweis erbracht wird
- Länder können selbst entscheiden, ob frisch Genesene und frisch geimpfte (Erkrankung oder letzte Impfung liegen höchstens 90 Tage zurück) von der Maskenpflicht ausgenommen sind. Bei beiden Personengruppen wird die Corona-Warn-App in dieser Zeit grün gekennzeichnet.
- Verpflichtende Tests für den Zutritt zu bestimmten Einrichtungen, wie beispielsweise Haftanstalten, Kinderheimen oder Asylunterkünften
- Maskenpflicht und Tests an Schulen für Bedienstete sowie Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse, sofern der geregelte Präsenzunterricht anderweitig nicht aufrecht erhalten werden kann
Die umstrittene Regelung, dass frisch Geimpfte und Genesene von der Maskenpflicht ausgenommen sind, haben Buschmann und Lauterbach zu einer "Kann-Regelung" abgeschwächt. Sie war im ursprünglichen Entwurf noch verbindlich, was allerdings auf Kritik stieß.
Der schwer von der Corona-Pandemie gebeutelten Gastronomie lässt Lauterbach im neuen Corona-Fahrplan etwas freiere Hand bei den Eintrittsbeschränkungen. Bars, Cafés und Clubs sollen über das Hausrecht selbst entscheiden können, ob Gäste nur mit Maske oder nur mit negativem Testnachweis eintreten dürfen.
Corona-Fahrplan für Herbst und Winter: Das ist die Stufe zwei
Wenn die Maßnahmen aus der ersten Stufe nicht dazu beitragen, dass die Ansteckungszahlen im jeweiligen Bundesland sinken und die Pandemie-Situation weiter angespannt bleibt, eine Überlastung des Gesundheitssystems oder sonstiger kritischer Infrastruktur droht, darf das Land folgende schärfere Maßnahmen ergreifen:
- Maskenpflicht gilt grundsätzlich in öffentlichen Innenräumen
- Mindestabstand von 1,5 Metern im öffentlichen Raum
- Hygienekonzepte (Desinfektionsmittel, Lüftungskonzepte und Vermeiden unnötiger Kontakte) werden verpflichtend für Betriebe, Einrichtungen, Gewerbe, Angebote und Veranstaltungen aus dem Freizeit-, Kultur- und Sportbereich für öffentlich zugängliche Innenräume, in denen sich mehrere Personen aufhalten
- Maskenpflicht bei Außenveranstaltungen, bei denen der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann
Dazu ergänzt Justizminister Buschmann, die Regelung greife nur "bei Veranstaltungen im Außenbereich, wenn die 1,5 Meter Abstand nicht eingehalten werden können", also nicht in Fußgängerzonen oder anderen frei zugänglichen öffentlichen Räumen. Die Regierung wolle sich hier auf die wirklich notwendigen Anwendungsfälle beschränken.
Lockdown, Schulschließungen, 2G - Wie streng sind die neuen Maßnahmen?
Die Möglichkeit, Lockdowns zu verhängen oder Schulen zu schließen, gebe es im neuen Corona-Fahrplan für Herbst und Winter nicht, erklärt Lauterbach bei der Pressekonferenz. In Schulen könnten lediglich bei hohem Infektionsgeschehen Masken und Testungen vorgegeben werden. Ebenso hat die Regierung auf die 2G-Regelungen verzichtet, da diese vom Kommittee, das die Corona-Maßnahmen der vergangenen Jahre auf ihre Wirksamkeit hin überprüft hatte, als nicht besonders wirksam eingestuft wurde, so Buschmann.
Zwang zur vierten Impfung durch die Hintertür? So ist die Regelung
Im Vorfeld zur finalen Abstimmung im Bundestag gab es viel Kritik am Entwurf, den Lauterbach und Buschmann Anfang August vorgestellt hatten. Von einer Impfpflicht durch die Hintertür war die Rede. Besonders durch Regelung zur Maskenpflicht in Innenräumen befürchteten Kritiker, zu denen auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek zählte, einen steigenden Druck zur vierten Impfung.
Die Regelung im Entwurf besagte, dass beispielsweise in Theatern, Fitnessstudios und Wirtshäusern eine Maske getragen werden müsse, außer man sei vollständig geimpft und die letzte Dosis läge höchstens drei Monate zurück. Alternativ könne auch auf Maske verzichten, wer kürzlich eine Infektion durchgemacht hat.
Dass die Regelung des Bunds bedeutet, dass bei einem dynamischen Infektionsgeschehen die Landesregierungen selbst entscheiden, wie sie durchgreifen. Dass die Ampel-Regierung mit ihrem Maßnahmen-Paket lediglich einen Mindeststandard setzen will, ist schon im Vorfeld bekannt geworden und bei den Ländern auf Ablehnung gestoßen. Die Regeln des Bundes beinhalten lediglich die Maskenpflicht in auf die Maskenpflicht in Flugzeugen, im Fernverkehr, in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Die Länder verlangten dagegen nach klareren Vorgaben vom Bund.