Diesmal gab es kein Entrinnen mehr. Punkt zwölf musste sich Premier Boris Johnson im Parlament den Fragen der Opposition stellen. Und wenn Britinnen und Briten gerne davon reden, dass er da „gegrillt“ wird, so waren die Kohlen besonders heiß. Johnson musste sich zu einem Thema äußern, an dem seine politische Zukunft zu hängen scheint: Hat er an der Party am 20. Mai 2020 im Garten der Downing Street 10 teilgenommen, während der Rest des Landes in einem strengen Lockdown war, oder nicht?
Zumindest auf die Frage, ob er im Außenbereich des Regierungssitzes war, als sich rund 40 Mitarbeiter auf einen Umtrunk trafen und den lauen Abend genossen, gab er eine klare Antwort: „Ich bin für 25 Minuten rausgegangen, um mich bei meinen Mitarbeitern zu bedanken“, gestand er ein. Dann aber folgte ein Satz, der bei vielen Zuhörern für Schnappatmung sorgte. „Ich bin jedoch davon ausgegangen, dass es sich um ein Arbeitstreffen handelt.“ Und: Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass man womöglich gegen Gesetze verstößt.
Auch konservative Medien kehren Boris Johnson den Rücken
Damit geht die nicht enden wollende Affäre in die nächste Runde. Der Premier hatte bisher bestritten, etwas von Partys gewusst zu haben, gab sich ob des Verhaltens seiner Mitarbeiter schockiert. Jetzt wird klar: Er hatte nicht nur Kenntnis davon, sondern nahm auch selbst teil. Selbst konservative Medien stimmten daraufhin in den Abgesang der Kritiker ein. Daily Mirror titelte: „Die Party ist vorbei, Boris.“
Labour-Chef Keir Starmer äußerte sich in der Fragerunde entrüstet: „Jetzt bleibt nur noch die Frage, ob Sie anständig genug sind und freiwillig gehen.“ Johnson verwies auf die Untersuchungen durch die Beamtin Sue Gray. Es könnte aber noch dauern, bis die 64-Jährige ihre Ergebnisse bekannt gibt. Ob Johnson und Beamte gegen Gesetze verstießen, interessiert nun auch die Polizei, seit eine geleakte E-Mail Beweise für die Gartenparty lieferte. Darin lud ein Berater Johnsons rund 100 Mitarbeiter ein. Was die Briten schockiert: Eine Stunde zuvor hatte die Regierung die strengen Lockdown-Regeln im Freien bekräftigt.