Auch wenn die Omikron-Welle langsam abebbt, infizieren sich noch immer rund 175.000 Menschen in Deutschland pro Tag mit der Corona-Variante. Eigentlich sollte im März der erste an die Variante angepasste Impfstoff auf den Markt kommen. Doch das Mittel gibt es immer noch nicht. Der Grund für die Verzögerung liegt im Zulassungsverfahren der Europäische Arzneimittelbehörde EMA und der amerikanischen Aufsicht FDA.
Biontech hat das Lager voller vorproduziertem Omikron-Impfstoff
Biontech wollte bereits im März die ersten Impfdosen seines fertig entwickelten Omikron-Impfstoffs ausliefern, doch die europäische Arzneimittelbehörde hat dazu unter anderem neue klinische Studiendaten angefragt. Der amerikanische Hersteller Moderna hat sein Mittel nicht vor August angekündigt. Biontech will schneller sein.
„Wir werden die zulassungsrelevanten Daten noch im April veröffentlichen“, kündigt eine Sprecherin des Mainzer Unternehmens im Gespräch mit unserer Redaktion an. Sobald es eine Zulassung geben sollte, könnte die Auslieferung auch in Deutschland beginnen. „Wir sind seit Ende März bereit, den Impfstoff auszuliefern, und haben auf eigenes Risiko vorproduziert“, sagte die Sprecherin. „Wir können aber keine Angaben über die Zulassung machen, weil das der EMA und der FDA obliegt“, erklärte sie.
Kommt der angepasste Impfstoff zu spät?
Nach bisherigen Erfahrungen in der Pandemie erfolgte eine Freigabe der Behörden binnen vier bis sechs Wochen nach Eingang der letzten Studiendaten. Kommen die Mittel im Mai oder Juni angesichts des Rückgangs der Omikron-Welle zu spät? „Das Virus tobt sich jetzt so lange aus, bis es an seine Grenzen stößt, weil es immer mehr auf Menschen trifft, die durch die Infektion einen Omikron-Immunschutz haben und es sich immer schlechter verbreiten kann“, sagt der Generalsekretär der Gesellschaft für Immunologie Carsten Watzl.
Das Virus werde sich jedoch nicht komplett totlaufen. Ebenso sei offen, ob Omikron oder eine andere Variante im Herbst eine neue Corona-Welle auslösen werden. Allerdings schütze auch der bisherige Impfstoff sehr gut gegen schwere Verläufe einer Omikron-Infektion, auch wenn er oft grippeähnliche Symptome nicht vermeiden könne.
Bund sucht Abnehmer von 30 Millionen Impfdosen zum Spenden
„Von dem Omikron-Impfstoff sind bislang nur Daten aus Tierversuchen bekannt“, sagt der Immunologe. „Dort hat er bei den Antikörpern nicht sehr viel besser als der ursprüngliche Impfstoff abgeschnitten, dafür konnte er aber die Gedächtniszellen für alle Varianten besser stimulieren“, betont Watzl. „Aber es macht auch keinen Sinn, nur eine an Omikron angepasste Immunantwort erzeugen zu wollen, man will eine möglichst breite Antwort auch für alte Varianten“, sagt Watzl. „Deshalb arbeiten Hersteller nun auch an kombinierten Impfstoffen.“ Im Herbst könnte für breite Gruppen eine vierte Dosis als Booster empfohlen werden.
Da die bisherige Booster-Kampagne nicht wie von der Regierung erhofft zündete, hat der Bund über 77 Millionen Impfdosen auf Lager. Hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu viel geordert, nachdem sein Vorgänger Jens Spahn oft zu wenig Impfstoff bieten konnte? Das Ministerium betont, dass nur mithilfe der zusätzlichen Dosen die Delta-Welle Anfang des Jahres gebrochen werden konnte. Rund 145 Millionen Dosen hat der Bund an andere Staaten gespendet, für 30 Millionen sucht er noch Abnehmer. Das Ministerium fürchtet, dass bis Ende Juni drei bis vier Millionen Impfdosen vernichtet werden müssen.
Biontech verlängerte nun jedoch das Haltbarkeitsdatum seiner extrem tiefgefrorenen Mittel rückwirkend von neun auf zwölf Monate, sodass sie zumindest bis Jahresende verwendbar sind.