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Corona-Pandemie: Lauterbach kritisiert Söder: Aussetzung der Impfpflicht völlig falsches Signal

Corona-Pandemie

Lauterbach kritisiert Söder: Aussetzung der Impfpflicht völlig falsches Signal

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    Kritisiert den Vorstoß von Markus Söder: Gesundheitsminister Karl Lauterbach.
    Kritisiert den Vorstoß von Markus Söder: Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Foto: Wolfgang Kumm, dpa (Archivbild)

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hält die Aussetzung der Corona-Impfpflicht in Bayern für eine leichtsinnige und gefährliche Entscheidung von Ministerpräsident Markus Söder. „Das ist ein vollkommen falsches Signal“, sagte Lauterbach am Dienstag in Berlin. Es gehe bei der Impfpflicht in Kliniken, Praxen, Altenheimen und Behindertenwerkstätten nicht um die Schikane des Personals, sondern um den Schutz besonders Gefährdeter. Der SPD-Minister warf Söder vor, nicht nur die Gesundheit von Alten, Vorerkrankten und Behinderten aufs Spiel zu setzen, sondern auch rechtsstaatlich Schaden anzurichten. Die Politik könne nicht einerseits von den Menschen erwarten, sich an die Corona-Vorschriften zu halten, und andererseits bestehende Gesetze nicht umzusetzen. „Das ist eine Botschaft, die schwer zu vermitteln ist“, meinte Lauterbach. Dadurch entstehe der Eindruck, der Protest auf der Straße sei wichtiger als der Schutz der Bevölkerung.

    Am Montag hatte CSU-Chef Söder angekündigt, die Impfpflicht im Gesundheitssektor nicht umzusetzen. Die Vorschrift greift eigentlich bundesweit ab Mitte März. Bayern hatte sie im Bundesrat mitbeschlossen. Söder kündigte großzügige Übergangsregelungen an. Was bedeute, dass es in seinem Bundesland „de facto zunächst einmal auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft", erklärte Söder. Der Grund: Die Staatsregierung fürchtet, dass es in der Versorgung von Kranken, Alten und Behinderten zu Engpässen kommen könnte, wenn ungeimpftes Personal nicht mehr zur Arbeit kommen darf.

    Nach der CSU schwenkt auch die CDU beim Thema Impfpflicht um

    Auch in anderen Bundesländern mit vergleichsweise niedriger Impfquote besteht die Sorge, dass die Versorgung im medizinischen Bereich nicht mehr überall aufrechterhalten werden kann, wenn die Impfpflicht greift. Geschätzt wird, dass zum Beispiel in Sachsen in der Pflege ein Drittel der Schwestern und Pfleger nicht gegen das Coronavirus geimpft ist. Der Vize-Landrat des Landkreises Bautzen hatte kürzlich erklärt, die Impfpflicht zunächst nicht umzusetzen, war dann nach großem öffentlichen Druck aber zurückgerudert.

    Die Impfpflicht für den Gesundheitssektor gerät aber nicht nur durch den Vorstoß Bayerns unter Druck, sondern auch durch einen Meinungswechsel bei der Schwesterpartei CDU. Der Parteivorsitzende Friedrich Merz schloss sich Söder an und verlangte ebenfalls die Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Das sei die „ganz einhellige Meinung von Präsidium und Bundesvorstand der CDU“, sagte Merz. Er kritisierte, dass das Gesetz arbeitsrechtliche Folgen für die Beschäftigten nicht beantworte. Die CDU hatte die Impfpflicht im Bundestag Ende vergangenen Jahres mitgetragen.

    Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann hatte Söder viel deutlicher als Lauterbach angegriffen und ihm egozentrisches Spiel vorgeworfen. „Im Grunde ist es nur ein PR-Trick, um in den Medien stattzufinden“, sagte Ullmann unserer Redaktion. Der Würzburger Medizinprofessor begrüßte hingegen die beschlossene Lockerung der Seuchenpolitik im Freistaat, wie zum Beispiel die Aufhebung der Sperrstunde.

    Ende März soll der Bundestag über die Impfpflicht abstimmen

    Lauterbach räumte ein, dass er keine Zwangsmittel habe, um die Länder zum Vollzug des Gesetzes zu bringen. Er bot den Ministerpräsidenten an, die Länder dabei zu unterstützen, zum Beispiel durch die Erstellung eines Musterschreibens, das an die Beschäftigten versendet werden könnte, die sich nicht gegen den Corona-Erreger impfen haben lassen.

    Der Bundesgesundheitsminister versuchte am Tag nach der überraschenden Entscheidung Söders, die Debatte von der allgemeinen Impfpflicht gegen das Virus wegzuhalten. „Es bedeutet für die allgemeine Impfpflicht gar nichts“, sagte der 58-Jährige. Er befürwortet, dass sich alle ab 18 Jahren gegen Corona impfen lassen müssen. Im Bundestag werden derzeit verschiedene Gesetzentwürfe erarbeitet. Ullmann zum Beispiel hatte vorgeschlagen, die schützenden Spritzen ab dem Alter von 50 Jahren verpflichtend zu machen. Spätestens Ende März soll der Bundestag über das sensible Thema abstimmen. Der Fraktionszwang ist dabei aufgehoben.

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