Die hohen Corona-Zahlen in Bayern haben die Debatte um schärfere Maßnahmen im Kampf gegen die Verbreitung des Virus neu angefacht. Vor allem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach macht sich dafür stark, die Maskenpflicht in Innenräumen wieder einzuführen. Doch die Staatsregierung in München gibt sich davon unbeeindruckt. „Maßstab für Bayern sind nicht irgendwelche Ratschläge vom Bundesgesundheitsminister aus Berlin. Vielmehr werden wir nur dann Maßnahmen verschärfen, wenn sie nach Experten-Ansicht wirklich notwendig und sinnvoll sind“, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek im Gespräch mit unserer Redaktion. „Derzeit sehen wir dafür keinen Anlass – aber wir sind für kurzfristige Schritte vorbereitet“, fügte er hinzu.
Nicht alle sehen die Situation so entspannt: In den vergangenen Tagen hatten einige Ärzte und Kliniken Alarm geschlagen, weil sich infolge der „Wiesn-Welle“ nicht nur die Zahl der Patientinnen und Patienten erhöht hatte, sondern momentan auch viel Personal ausfällt. Dass Lauterbach die Durchführung des Oktoberfestes deshalb als „schlechte Idee“ bezeichnet hatte, findet Bayerns Ministerpräsident Markus Söder trotzdem irritierend. „Die Bundesregierung hat entschieden, dass solche Feste stattfinden können. Es ist schon seltsam, wenn Herr Lauterbach sich jetzt über die Wiesn aufregt“, konterte er in der Bild am Sonntag die Attacke des SPD-Politikers.
Holetschek: Maskenpflicht in Innenräumen "sollte gezielt ausfallen"
Genau wie Söder ist auch Holetschek derzeit zurückhaltend, wenn es um die Wiedereinführung der Maskenpflicht geht. Der CSU-Politiker hat aber eine klare Vorstellung, wo sie im Fall der Fälle gelten sollte. „Es liegt auf der Hand, dass eine Maskenpflicht in Innenräumen – falls sie notwendig wird – ganz gezielt ausfallen sollte. Das heißt: Im Mittelpunkt stehen Orte, die nicht freiwillig aufgesucht werden, sondern auch von besonders gefährdeten Menschen genutzt werden müssen“, betonte Holetschek. Aus diesem Grund gelte sie bereits jetzt im öffentlichen Personennahverkehr, also in Bussen oder Straßenbahnen. Auch in öffentlichen Gebäuden, zum Beispiel Behörden, kann sich der bayerische Gesundheitsminister verschärfte Regeln vorstellen.
Vorerst will der Freistaat aber auf die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger setzen. „Diese sollten überall dort, wo sich viele Menschen aufhalten, auch zu ihrem eigenen Schutz eine Maske tragen“, sagte Holetschek, der zudem noch einmal dafür warb, sich impfen zu lassen.
Bayerns Gesundheitsminister Holetschek: Beobachten Corona-Varianten genau
Die angespannte Lage in Krankenhäusern ist im Übrigen nicht der einzige Indikator, an dem die Staatsregierung ihre Corona-Politik ausrichten will. „Entscheidend ist nicht zuletzt auch die Frage, ob sich bei uns neue Virusvarianten durchsetzen, für die kaum Immunschutz besteht. Wir beobachten die Situation bei den Virusvarianten daher genau“, sagte Holetschek und revanchierte sich für die Spitze des Kollegen Lauterbach: „Unsere Kritik an der Bundesregierung lautet, dass sie viele Anliegen und konstruktive Vorschläge der Länder ignoriert hat. So hatten wir mehrfach gefordert, dass wir klarere Parameter brauchen, ab wann schärfere Maßnahmen zu ergreifen sind.“ Tatsächlich hatten sich Bund und Länder nur auf wenige, allgemein gültige Leitplanken für den Fall geeinigt, dass sich die Corona-Lage noch einmal verschärfen sollte.