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Corona-Pandemie: Impfungen wohl weniger effektiv gegen Omikron

Corona-Pandemie

Impfungen wohl weniger effektiv gegen Omikron

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    Erste Labor-Untersuchungen zur Wirkung von Corona-Impfstoffen gegen Omikron deuten auf eine vergleichsweise schwache Abwehrreaktion gegen die neue Variante hin. Zumindest wenn nur zweifach geimpft wurde.
    Erste Labor-Untersuchungen zur Wirkung von Corona-Impfstoffen gegen Omikron deuten auf eine vergleichsweise schwache Abwehrreaktion gegen die neue Variante hin. Zumindest wenn nur zweifach geimpft wurde. Foto: Boris Roessler, dpa

    Der Satz, den Ugur Sahin am Mittwoch am häufigsten sagt, ist der: "Wir müssen weitere Daten abwarten.“ In einer virtuellen Pressekonferenz stellten die Biontech-Chefs Sahin und Özlem Türeci aktuelle Erkenntnisse rund um die Corona-Mutation Omikron vor. Doch so viele Fragen im Raum stehen, Antworten sind bislang eher dünn gesät. Wirklich sicher ist bislang nur eines: "Die Zahl der Mutationen bei der Omikron-Variante ist wirklich ein Sprung“, sagt Sahin. Es werde aber noch Wochen dauern, ehe wirklich umfassende Studien zu den Folgen der Mutation vorliegen. Und doch zeichnet sich ab, dass zwei Impfdosen gegen Omikron nicht reichen werden und die Booster-Impfungen massiv an Bedeutung gewinnen müssen. Auch die Entwicklung eines an Omikron angepassten Impfstoffes wird vom Mainzer Pharma-Unternehmen bereits vorangetrieben – er soll im März erhältlich sein.

    Christian Drosten ist besorgt wegen der Omikron-Variante.
    Christian Drosten ist besorgt wegen der Omikron-Variante. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Auch deshalb sind es keine guten Nachrichten, die Christian Drosten, Virologe von der Charité in Berlin, zu verkünden hat. Selbst wenn die Infektionszahlen derzeit leicht rückläufig sind - die Corona-Pandemie könnte sich wegen der Ausbreitung der Virusvariante durchaus noch länger hinziehen. In Südafrika seien die Zuwachsraten trotz des dort einsetzenden Sommers hoch. "Und darum würde ich im Moment auch nicht sagen, bis Ostern ist in Deutschland die Pandemie vorbei, wenn Omikron übernimmt“, sagte der Wissenschaftler in seinem Podcast "Coronavirus-Update“ bei NDR-Info. "Ich denke, ab Januar werden wir mit Omikron in Deutschland ein Problem haben“, sagte Drosten. Bisher seien ihm hierzulande aus dem Austausch mit Kollegen ungefähr 25 bis 30 Omikron-Fälle bekannt. Die Zahl sei nicht vollständig und werde rasch zunehmen. Das Virus scheine "extrem verbreitungsfähig“ zu sein. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte noch in seinem Wochenbericht am vergangenen Donnerstag von nur vier bisher bestätigten Fällen gesprochen. Man dürfe wegen Berichten über milde Verläufe in Südafrika nicht in Euphorie verfallen: Dort seien die meisten Menschen schon mit dem Sars-2-Coronavirus infiziert gewesen. Auch Ugur Sahin warnt vor dem direkten Vergleich mit Südafrika: Dort seien die Bevölkerungsstruktur und die Lebensweise anders als in Europa, vor allem Jüngere stecken sich derzeit mit der Virus-Mutante an.

    Ergebnisse der Forscherin Sandra Ciesek sind beunruhigend

    Unterdessen wurden inzwischen mehrere Analysen veröffentlicht, die sich mit der neuen Corona-Variante beschäftigen. Sie alle bestätigen die Vermutung, dass Omikron das Potenzial hat, die Immunantwort des Körpers zu umgehen, und ansteckender ist. Eine der Studien stammt von der Forscherin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt. Sie isolierte das Virus sehr früh aus Proben eines Flugpassagiers am Frankfurter Flughafen. Ihre Ergebnisse sind noch vorläufig – gleichwohl sind sie beunruhigend.

    "Die Ergebnisse zeigen ganz klar, dass auch die neutralisierenden Antikörper von Geimpften in der Lage sind, Omikron zu binden und zu neutralisieren“, erklärt der Immunologe Carsten Watzl. Die Impfungen seien also nicht nutzlos. "Aber: Man braucht deutlich höhere Antikörperspiegel, um Omikron noch erfolgreich zu neutralisieren – ungefähr 40-fach mehr“, sagt Watzl. "Das ist ein großer Unterschied – der größte Unterschied, den wir je bei einer Variante beobachtet haben.“ Die Daten würden zeigen, dass selbst zweifach Geimpfte oft nicht genügend Antikörper hätten, um Omikron zu neutralisieren. Erst nach einem Booster oder nach der Kombination aus Infektion plus zweifacher Impfung seien genügend Antikörper vorhanden. "Das bedeutet, dass wir mit Omikron noch mehr Durchbruchsinfektionen sehen werden“, warnt der Experte. Die Inzidenzen könnten daher noch mal deutlich steigen. Forscher des Africa Health Research Institute in Südafrika hatten bereits am Dienstag vorläufige Daten zur Wirksamkeit des Biontech/Pfizer-Vakzins gegen Omikron veröffentlicht. Auch diese Ergebnisse legen nahe, dass die Virusvariante der Antikörperantwort von zweifach Geimpften entkommt. Besser sieht es für Menschen aus, die bereits eine Infektion durchgemacht haben und nun zweifach geimpft sind. Sie haben den höchsten Antikörperspiegel im Blut.

    Verursacht Omikron auch schwerere Verläufe?

    Was aktuell noch fehle, so Watzl, seien Daten, ob diese Durchbruchsinfektionen auch mehr schwere Verläufe verursachen. Da der Impfschutz aber nicht nur auf den Antikörpern beruhe, gehe er aktuell davon aus, dass der Schutz vor schwerer Erkrankung auch bei Omikron noch vergleichsweise hoch sei. "Das könnte auch erklären, warum man in Südafrika eher milde Verläufe sieht“, erklärt Watzl. "Aber: Ungeimpfte werden gegenüber Omikron noch weniger geschützt sein. Daher werden mit steigenden Inzidenzen auch mehr schwere Fälle und damit eine zusätzliche Belastung des Gesundheitssystems einhergehen.“ Spätestens wenn Omikron die Delta-Variante weltweit komplett verdrängt habe, müssten die aktuellen Impfstoffe alle durch neue Versionen ersetzt werden. "Das geht bei mRNA-Impfstoffen vergleichsweise schnell, bei den anderen Impfstoffen kann es aber deutlich länger dauern“, erklärt der Experte. Auf neue Vakzine zu warten rät er dennoch nicht. Der Booster sei noch nötiger als bisher.

    Biontech-Gründer Ugur Sahin arbeitet an der Weiterentwicklung seines Impfstoffes.
    Biontech-Gründer Ugur Sahin arbeitet an der Weiterentwicklung seines Impfstoffes. Foto: Biontech

    Die Unternehmen Biontech und Pfizer haben bereits damit begonnen, ihren Impfstoff an die Omikron-Variante anzupassen. Diese Arbeiten würden fortgesetzt, erste Chargen könnten produziert und bei Genehmigung durch die Behörden innerhalb von 100 Tagen ausgeliefert werden. Bei Bedarf könne ab März ein angepasster Impfstoff bereitgestellt werden. Die erwarteten Produktionsmengen von vier Milliarden Dosen des Impfstoffs im Jahr 2022 würden sich auch bei einer nötigen Anpassung nicht ändern.

    Bundesregierung liefert mehr Impfdosen

    Die Bundesregierung hat unterdessen zur Beschleunigung der Corona-Impfungen drei Millionen zusätzliche Impfdosen von Biontech organisiert, die andere EU-Staaten aktuell nicht benötigen. Sie sollen in dieser und zu Beginn der kommenden Woche den Ländern für die Impfzentren zur Verfügung gestellt werden. Auch über den Großhandel sollen mehr Biontech-Dosen an Praxen gehen. Insgesamt soll der Bund damit in der Woche vom 13. Dezember acht Millionen Dosen Biontech und mehr als zehn Millionen Dosen von Moderna für Auffrischungsimpfungen ausliefern.

    Ärzteverbände beklagen aber nach wie vor einen Mangel an Verlässlichkeit bei der Lieferung von Corona-Impfstoffen. "Bei diesem Tempo ist das Ziel von 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten nicht völlig unrealistisch“, sagte Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Für die Impfungen in dieser Woche hätten Vertrags- und Betriebsärzte sowie der Öffentliche Gesundheitsdienst insgesamt rund 6,5 Millionen Dosen Biontech bestellt. "Geliefert werden wohl aber nur 2,9 Millionen Dosen und damit weniger als die Hälfte.“ (mit dpa)

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