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Corona-Pandemie: Anspruch auf PCR-Test für alle soll bleiben

Corona-Pandemie

Anspruch auf PCR-Test für alle soll bleiben

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    Eine medizinische Assistentin nimmt in einer Teststation mit einem Tupfer einen Abstrich für einen PCR-Test.
    Eine medizinische Assistentin nimmt in einer Teststation mit einem Tupfer einen Abstrich für einen PCR-Test. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Während die Rufe nach einer Lockerung der Corona-Regeln in Deutschland immer lauter werden, vermelden die Testlabore erneut einen Rekord in dieser Pandemie: Nicht nur die Zahl der PCR-Tests ist erneut gestiegen auf nun 2.438.622, auch der Anteil der positiven Ergebnisse hat zum ersten Mal die Marke von 40 Prozent überschritten – in der Vorwoche war diese sogenannte Positivrate noch bei 32,6 Prozent gelegen. In manchen Bundesländern sind sogar bereits mehr als die Hälfte der ausgewerteten Proben positiv, wie der Verband der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) mitteilte. Die Daten basieren laut ALM auf Angaben von rund 180 Laboren und stellen etwa 90 Prozent des Testgeschehens in Deutschland dar.

    Omikron breitet sich also weiter massiv aus in Deutschland, allein in Bayern gibt es im Schnitt täglich mehr als 27.000 Neuinfektionen, am höchsten ist die Inzidenz bei Kindern und Jugendlichen. Auch deshalb versucht sich die Politik nun in einem Spagat: Wegen der extrem hohen Auslastung der Testlabore sollen PCR-Tests zum Nachweis einer Corona-Infektion künftig vorrangig für Menschen aus dem Gesundheitswesen zur Verfügung stehen. Gleichzeitig soll der Anspruch auf diese hochwertigen, genauen Tests aber für alle Menschen bestehen bleiben. Das Bundesgesundheitsministerium will noch in dieser Woche eine Verordnung veröffentlichen. Unter Umständen müssten die Menschen wegen der Priorisierung damit rechnen, dass es etwas länger dauere, bis sie ihr PCR-Testergebnis erhielten, sagte Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD), die aktuelle Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz.

    Sind mehr PCR-Tests automatisch besser?

    „Die vorgesehene Anpassung geht in die richtige Richtung“, sagt Laborverbandssprecher Müller – und macht doch keinen Hehl daraus, dass ihm die Pläne nicht weit genug gehen. Priorisierung bedeute eben auch, so seine Kollegin Nina Beikert, dass man irgendwann etwas weglassen müsse. Medizinisch-fachliche Aspekte sollten bei den Testungen immer Vorrang haben. Müller warnt davor, zu glauben, dass sich das Land quasi aus der Pandemie heraustesten könne und dass mehr Tests automatisch mehr Sicherheit bedeuten würden. Gerade am Beispiel Österreich, wo PCR-Tests weitaus häufiger durchgeführt werden, sehe man gut, dass trotz vieler Tests die Inzidenzwerte über denen von Deutschland liegen würden. Wesentlich sei es, dass sich die Menschen an Abstandsregeln hielten, eine Maske tragen und Hygienestandards einhalten würden. Wer Symptome habe, solle sich eigenverantwortlich isolieren und nicht auf das Testergebnis warten. „Wir sind am Limit“, macht Müller deutlich. Wichtig seien PCR-Tests vor allem für klinisches Personal, für Menschen mit gesundheitlichen Risiken und bei jenen, die Kontakt zu vulnerablen Personen haben. Hätten etwa mehrere Familienmitglieder die gleichen Symptome, reiche es häufig aus, nur eine Person zu testen – das Ergebnis könnte dann auf alle anderen übertragen werden.

    Wenig realistisch sei die Vorstellung, dass die Testkapazitäten schnell und weitreichend ausgebaut werden könnten. Dazu fehle schlicht das Personal, das nur begrenzt verfügbar sei. Zwar versuchten die Labore schrittweise weiterhin Kapazitäten aufzubauen, doch das gelingt nur noch im überschaubaren Maß. Im Vergleich zwischen Kalenderwoche drei und Kalenderwoche vier konnte eine Steigerung von vier Prozent erreicht werden. „Die Pandemie ist ein Marathonlauf und wir wissen nicht, an welcher Stelle wir gerade stehen“, sagt Müller. Sein Verband erwartet in den kommenden Wochen einen weiteren Anstieg der Infektionszahlen und damit auch einen weiteren Anstieg der Nachfrage nach PCR-Tests. Doch wie sich die Pandemie-Lage entwickelt, ist unklar – mit entsprechend großer Unsicherheit sind große Investitionen behaftet. Denn im Moment kann niemand sagen, wie lange der hohe Bedarf nach Tests anhält und ob sich die Anschaffung teurer Geräte auch bezahlt macht.

    Labore müssen schwierige Investitions-Entscheidungen treffen

    Wie stark sich Corona auf die Finanzen von Laboren auswirken kann, lässt sich unter anderem bei der börsennotierten Augsburger Laborkette Synlab beobachten. In den ersten neun Monaten des Jahres 2021 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – schoss dort das Ergebnis auch dank der Einnahmen aus PCR-Tests nach oben. Auch der Umsatz legte massiv zu. Doch all das kann schnell vorbei sein. Am 10. November, als die aktuelle Omikron-Welle noch nicht abzusehen war, prognostizierte

    Wie unsicher der Blick in die Zukunft ist, zeigt auch die aktuelle politische Debatte. Nachdem Länder wie Großbritannien und Dänemark weitere Öffnungsschritte unternehmen, verlangen Politiker wie FDP-Chef Christian Lindner für Deutschland zumindest eine Debatte über den künftigen Kurs. Beim nächsten Bund-Länder-Gipfel solle das Thema auf die Tagesordnung. „Eine Exit-Strategie zu planen, um sie später bereitliegen zu haben, ist gut und vernünftig. Aber die Politik sollte nichts überstürzen“, sagte der Virologe Friedemann Weber von der Universität Gießen. „Wenn man solche Pläne vorbereitet, muss man den Menschen auch immer klar dazu sagen, dass es noch zu nicht absehbaren Entwicklungen kommen könnte, die die Umsetzung verzögern.“ (mit dpa)

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