An einem Corona-Impfstoff wird weltweit fieberhaft geforscht, Optimisten rechnen mit ersten Ergebnissen zum Ende dieses Jahres. Doch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek ist da deutlich skeptischer. „Wir dürfen an dieser Stelle keine Wunder erwarten. Wir müssen nach wie vor davon ausgehen, dass Impfstoffe für die breite Bevölkerung erst frühestens Mitte nächsten Jahres zur Verfügung stehen“, dämpfte die CDU-Politikerin nun allzu große Hoffnungen.
Um die Forschung in Deutschland zu beschleunigen, hat die Bundesregierung ein Sonderprogramm in Höhe von 750 Millionen Euro aufgelegt. „Mit diesem Programm sollen auf der einen Seite die Produktionskapazitäten ausgeweitet und auf der anderen Seite die klinischen Studienkapazitäten erhöht werden“, erklärte Karliczek. Mit den Geldern soll auch erreicht werden, dass Studien möglich sind, um zu erforschen, für wen welcher Impfstoff geeignet ist. Schon jetzt scheint klar zu sein, dass ein Serum für alle nicht ausreichen wird.
Möglicher Corona-Impfstoff wird bereits an Menschen getestet
Ein eigens eingerichteter Beirat der Regierung hat Projekte der Firmen Biontech in Mainz, Curevac in Tübingen und IDT Biologika in Dessau zur Förderung vorgeschlagen. Die beiden erstgenannten Unternehmen haben Karliczek zufolge mit der klinischen Phase begonnen, also der dreistufigen Erprobung am Menschen bis hin zur Marktzulassung. Zum Vergleich: In den USA ist diese Woche bereits ein Testlauf mit 30.000 Freiwilligen in der Phase III angelaufen.
Hierzulande sollen jetzt „intensive Gespräche aufgenommen werden, wie die genaue Ausgestaltung der Förderung auszusehen hat“, sagte Karliczek, die die geförderten Unternehmen gleichzeitig in die Pflicht nahm. „Dabei erwarten wir natürlich, dass ein angemessener Anteil der Produktion eines zugelassenen Impfstoffs für die bedarfsgerechte Versorgung in Deutschland zugänglich gemacht wird.“
Medikamente könnten Corona-Symptome kontrollieren und die Ausbreitung des Coronavirus reduzieren
Der forschungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Thomas Sattelberger, kritisiert das Vorgehen der Bundesregierung als zu einseitig. „Es gibt heutzutage keinen Impfstoff, dessen Entwicklung weniger als vier Jahre gedauert hat“, sagt Sattelberger, der bereits eine Corona-Infektion hinter sich hat, unserer Redaktion. Bei HIV hätten selbst Forschungs- und Entwicklungsarbeiten von mehr als 30 Jahren nicht zu einem erfolgreichen Impfstoff geführt. Das Aids-Virus werde jedoch durch die sogenannte HAART-Therapie (eine Kombination mehrerer Arzneistoffe) seit 1996 erfolgreich medikamentös behandelt. „Neben Impfstoffen muss aus unserer Sicht deshalb unbedingt auch die Forschung und Entwicklung von therapeutischen Wirkstoffen gegen Sars-CoV2 gefördert werden“, fordert Sattelberger. Erfolgreiche Medikamente könnten Symptome infizierter Personen schnell kontrollieren und zur Reduktion der Virusausbreitung beitragen. „Hier geht die Bundesregierung aus Sicht von forschenden Experten einen gefährlichen, einseitigen Weg“, erklärt Sattelberger.
Wie dringend eine medizinische Lösung für Corona ist, verdeutlicht eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und der Technischen Universität Berlin. Gut ein Fünftel der Corona-Patienten, die im Frühjahr in deutschen Kliniken aufgenommen wurden, hat nicht überlebt. Besonders hoch war die Sterblichkeit mit 53 Prozent bei Patienten, die beatmet werden mussten. Von den Krankenhauspatienten, die nicht beamtet wurden, starben 16 Prozent.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Corona: Deutschland ist im Rennen um den Impfstoff zu langsam
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