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Corona: Israel lebt mit Corona – und einer Inzidenz von über 7000

Corona

Israel lebt mit Corona – und einer Inzidenz von über 7000

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    Hohe Infektionszahlen bremsen das Leben in Israel nicht mehr aus.
    Hohe Infektionszahlen bremsen das Leben in Israel nicht mehr aus. Foto: Ariel Schalit, dpa

    „Ich kann es kaum glauben, ich spreche mit einem Touristen.“ Yael ist Rezeptionistin in einem großen Hotel in Jerusalem und sucht noch nach den richtigen Worten. Ihr Englisch, entschuldigt sie sich, sei ein wenig eingerostet. „Wir hatten in den vergangenen zwei Jahren ja kaum noch Gäste aus dem Ausland.“ Nun aber, da die Regierung die strengen Einreiseregeln wieder gekippt hat, schaut auch Yael wieder etwas zuversichtlicher auf die kommenden Monate – trotz anhaltend hoher Infektionszahlen.

    Israel im Januar. Mit gut 83.000 neuen Corona-Fällen an einem Tag hat das Land in dieser Woche – wieder einmal – einen neuen Rekordwert erreicht. Zum Vergleich: 83.000 Fälle in Israel – das würde knapp 750.000 täglichen Neuinfektionen im neunmal größeren Deutschland entsprechen. Im israelischen Alltag allerdings ist von der Wucht, mit der die Omikron-Welle auch den einstigen Impfweltmeister getroffen hat, kaum noch etwas zu spüren.

    In Neve Tzedek, dem Szeneviertel von Tel Aviv, sind die Bars und Restaurants selbst am Sabbat, dem Tag der Ruhe, rappelvoll. Ohne Reservierung geht hier gar nichts. Und neben den Einreisevorschriften hat die Regierung nicht nur die Quarantäneregeln gelockert, sondern auch einem weiteren Lockdown eine Absage erteilt. „Es gibt keinen Grund zu Panik oder Hysterie“, sagt Regierungschef Naftali Bennett, dessen Corona-Politik deutlich liberaler ist als die seines Vorgängers Benjamin Netanjahu, die ihn aber auch einiges an Sympathien kostet, weil an den Schulen immer wieder der Unterricht ausfällt, weil es an PCR-Tests fehlt oder Züge nur noch sporadisch fahren – zu viele Beschäftigte der Bahn haben sich infiziert. Sechs von zehn Israelis sind nach Umfragen mit der Arbeit ihrer Regierung unzufrieden.

    Die Sieben-Tage-Inzidenz in Israel liegt aktuell über 7000

    „In der öffentlichen Wahrnehmung haben wir den Kampf gegen die Pandemie aufgegeben“, räumt Wirtschaftsministerin Orna Barbivai ein. Die aktuelle Sieben-Tage-Inzidenz etwa liegt bei mehr als 7000, zur israelischen Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Zahl der Patienten mit schweren Verläufen in den Klinken im Moment nur etwa halb so hoch ist wie während der letzten Corona-Wellen. Bereits in einer Woche, schätzt Nachman Ash, der Generaldirektor des Gesundheitsministeriums, könnte das Land den Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten haben. Weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens plant die Regierung deshalb nicht mehr. Dafür verteilt sie gerade 30 Millionen Schnelltests an die Haushalte. Bei Bedarf, etwa bei Erkrankten oder Kontaktpersonen in Isolation, bringt sie auch einer der Fahrradkuriere vorbei, die den Israelis sonst Falafel, Pizza oder ihren geliebten Hummus ins Haus liefern.

    „Wir haben beschlossen, unseren Bürgern Tests anzubieten, die nichts kosten“, sagt Bennett. „Damit wir die Wirtschaft so funktionsfähig wie möglich halten können und gemeinsam den Höhepunkt der Welle überwinden.“ Vor allem Kinder, Studenten und die Bewohner von Altersheimen sollen sich regelmäßiger als bisher testen. Mit Ausgangssperren, Ladenschließungen und ähnlichen Maßnahmen, argumentiert die Regierung, sei Omikron ohnehin nicht mehr zu stoppen.

    2,5 Millionen Israelis haben sich bereits mit Corona angesteckt

    Sie setzt darauf, dass Impfungen vor schweren Verläufen schützen, und bietet inzwischen allen Israelis über 60 eine vierte Impfung an. Mehr als 600.000 Menschen haben davon bereits Gebrauch gemacht. Ohne es so deutlich zu sagen, setzt Bennetts Regierung damit auf ein rasches Erreichen der Herdenimmunität. Der Preis dafür, sagt der Ministerialbeamte Ash, „sind sehr viele Infektionen“. Seit Beginn der Pandemie haben sich nach offiziellen Zahlen bereits gut 2,5 Millionen Israelis mit Corona angesteckt – umgerechnet mehr als doppelt so viele wie in Deutschland.

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