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Corona-Impfung: Stiko rät nicht zur Impfung bei Kindern

Corona-Pandemie

Stiko rät nicht zur Corona-Impfung bei Kleinkindern

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    Die Stiko empfiehlt die Corona-Impfung für Kinder von sechs Monaten bis vier Jahren mit bestimmten Vorerkrankungen.
    Die Stiko empfiehlt die Corona-Impfung für Kinder von sechs Monaten bis vier Jahren mit bestimmten Vorerkrankungen. Foto: Daniel Reinhardt, dpa

    Drei Pikse sind es, die Kleinkinder gegen das Coronavirus schützen können. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat die Impfstoffe der Hersteller Biontech und Moderna für die Impfung der Kleinsten im Alter zwischen sechs Monaten und vier Jahren zugelassen. Doch die Ständige Impfkommission (Stiko) in Deutschland rät Eltern nicht zu einer Impfung. „Wir haben keine generelle Impfempfehlung für die Gruppe der kleinen Kinder ausgesprochen“, sagte Stiko-Chef Thomas Mertens. Der Grund: Die Studien zeigen nach Lesart des Gremiums deutlich, dass der Schutz der Impfung vor einer Infektion mit Corona zeitlich begrenzt und nicht sehr stabil ist. Die Stiko stellt sich damit gegen die EMA, die dem Impfstoff eine gute Schutzwirkung attestiert. Bei den Impfstoffen handelt es sich um die Präparate der beiden Pharmafirmen, die bereits für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene zugelassen sind. Je nach Alter unterscheidet sich allerdings die Dosierung.

    Die Impfung von Kleinkindern empfiehlt die Stiko nur, wenn diese unter Vorerkrankungen leiden, wie zum Beispiel starkes Übergewicht, Herzfehler, Lungenleiden oder neurologische Erkrankungen. Auch bei Frühgeborenen sei eine Immunisierung sinnvoll, genau wie für Kleinkinder mit Trisomie 21. Stiko-Mitglied und Kinderarzt Martin Terhardt schätzt die Gruppe der betroffenen Kinder insgesamt auf zehn Prozent. „Die Verträglichkeit des Impfstoffs ist gut“, sagte Terhardt.

    Mediziner sind nicht an die Stiko-Empfehlung gebunden

    An die Empfehlungen der Impfkommission sind Mediziner indes nicht gebunden. Besteht der Wunsch der Eltern nach einer Impfung und kommen die Ärzte zu dem Ergebnis, dass das medizinisch sinnvoll ist, können sie auch gesunde Kleinkinder gegen den Erreger impfen. Laut Terhardt ist Corona aber derzeit bei seinen Kollegen nicht das bestimmende Thema in den Praxen. Mehr zu schaffen mache ihnen das RS-Virus, das bei Säuglingen und Kindern bis zum zweiten Geburtstag schwere Atemwegserkrankungen auslösen kann. Weil bei vielen Fälle eine Behandlung im Krankenhaus erforderlich ist, hat Frankreich einen Notfallplan aktiviert.

    Bislang hat die Stiko die Corona-Impfung von gesunden Kindern zwischen fünf und elf Jahren empfohlen, allerdings nur eine Spritze statt zwei. Das sei rückblickend ein Kompromiss gewesen, räumte Terhardt ein. Denn üblich waren auch für Kinder zwei Dosen. Das Interesse ist verhalten. Von den 5,4 Millionen Kindern in diesem Alter sind nach den Daten von RKI und Gesundheitsministerium nur 1,1 Millionen doppelt geimpft. Der Anteil beträgt in der Altersgruppe also 20 Prozent.

    Corona ist für Kinder deutlich ungefährlicher als für Ältere

    Für Kinder ist der Erreger deutlich ungefährlicher als für alte Menschen. Die derzeit herrschende Mutation Omikron und ihre Unterformen sind zudem weniger aggressiv als vorangegangene Varianten des Virus. An oder mit Corona gestorben sind hierzulande wenige Dutzend Kinder, unter den Senioren sind es hingegen rund 150.000 Corona-Tote. „Die Krankenhauslast bei den Kindern ist wirklich gering“, sagte Mertens. Die Kommission nahm gleichzeitig mit ihrer neuen Einschätzung die Empfehlung zurück, Kinder gegen den Erreger zu impfen, deren Eltern und Angehörige Risikopatienten sind. Auch hier lautet die Begründung, dass die Impfung nur für einen kurzen Zeitraum vor der Übertragung der Omikron-Variante schützt und der Infektionsschutz nicht verlässlich ist. 

    Gegen eine Impfung von Kindern spricht, dass bei ihnen langanhaltende Folgen einer Infektion (Long- oder Post-Covid) viel seltener auftreten als bei Erwachsenen. Allerdings geht wohl ein Teil der Fälle unter, weil Säuglinge und Kleinkinder nicht sagen können, wenn sie nichts mehr schmecken oder sich abgeschlagen fühlen. Außerdem könnten die Symptome auch von anderen typischen Kinderkrankheiten wie Durchfall stammen. Eine vor wenigen Tagen veröffentlichte Studie der TU Dresden ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Kinder und Jugendliche nach einer Ansteckung im ersten Pandemiejahr eine um 30 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit hatten, mit Symptomen wie Müdigkeit, Erschöpfung und Konzentrationsstörungen kämpfen zu müssen als Kinder ohne Infektion.

    Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Andre Ullmann, hält die Empfehlung der Stiko für richtig. „Ich halte sie für sehr sinnvoll und wissenschaftlich nachvollziehbar“, sagte Ullmann unserer Redaktion. Es zeige sich daran, wie wichtig das Gremium sei. „Die Stiko kann unabhängig und ohne politischen Druck ihre Empfehlungen aussprechen“, ergänzte der FDP-Politiker, der Medizinprofessor ist.    

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