Um die Wucht der drohenden Omikron-Welle zu brechen, versetzt die Politik das Land in eine Art Silvesterruhe. Auch für geimpfte oder genesene Bürgerinnen und Bürger gelten ab dem 28. Dezember verstärkte Kontaktbeschränkungen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte nach dem Bund-Länder-Gipfel am Dienstagabend: „Wir können nicht die Augen verschließen vor dieser Welle, die sich vor uns aufzutürmen beginnt.“
In Großbritannien, Dänemark oder den USA habe sich die besonders ansteckende Omikron-Variante des Coronavirus bereits durchgesetzt. „Selbst zweifach Geimpfte und Genesene laufen hohe Gefahr, sich zu infizieren“, sagte Scholz. Es sei bestenfalls eine Frage von wenigen Wochen, bis Omikron auch in Deutschland die dominierende Corona-Variante sei. Dann werde werde die Zahl der Infektionen massiv ansteigen, so Scholz nach dem Treffen von Bund und Ländern in Berlin. „Darauf müssen wir uns jetzt einstellen“, sagte er. Die Booster-Impfung helfe, so Scholz, deshalb werde die Impfkampagne auch über die Feiertage fortgesetzt.
Kontaktbeschränkungen nach Weihnachten: Beschlüsse beim Corona-Gipfel
Bund und Länder fordern alle Betriebe der kritischen Infrastruktur auf, ihre Pandemiepläne zu überarbeiten. Denn durch die Omikron-Ausbreitung drohe ein Personalengpass, wenn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwa von Polizei oder Wasserwerken erkrankten oder in Quarantäne müssten. Beschlossen wurde, dass die harten Beschränkungen für Ungeimpfte erhalten bleiben. Am Arbeitsplatz gilt weiter die 3G-Regel, wer nicht geimpft oder genesen ist, muss einen Test vorweisen. Im Handel gilt 2G, das heißt, ein Test allein genügt nicht.
Im privaten Bereich sind auch für Geimpfte und Genesene keine Zusammenkünfte über zehn Personen mehr möglich. Sind Ungeimpfte dabei, sind Mitglieder eines Haushalts sowie höchstens zwei Mitglieder eines weiteren Haushalts erlaubt. Kinder unter 14 Jahren sind jeweils ausgenommen.
Der beschlossene „Lockdown Light“ erlaubt überregionale Großveranstaltungen nur noch ohne Publikum – das bedeutet etwa Geisterspiele in der Bundesliga. Clubs und Diskotheken müssen bundesweit schließen, Tanzveranstaltungen sind untersagt. „Wir müssen uns schützen und unsere Angehörigen“, sagte Scholz. In der ersten Woche des neuen Jahres sei ein neues Treffen mit den Ministerpräsidenten geplant. Die Runde habe sich bewusst entschieden, die zusätzlichen Maßnahmen erst nach Weihnachten einzuführen, „auch weil sich viele Menschen verantwortungsbewusst verhalten“, so Scholz.
Wäre es nach dem staatlichen Robert Koch-Institut (RKI) gegangen, hätten „maximale Kontaktbeschränkungen“ sofort beginnen und zunächst bis Mitte Januar gelten sollen. Der Vorstoß des Seuchenschutzbehörde kurz vor Beginn des Gipfeltreffens hatte für Irritationen gesorgt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, dies sei nicht abgestimmt gewesen. Mit den neuen Bestimmungen folgen Bund und Länder einer Empfehlung des neuen Expertenrats der Bundesregierung.
In der Sitzung wurde nach vorliegenden Informationen durchaus kontrovers diskutiert. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) forderte etwa einen Lockdown schon vor Weihnachten. Dabei ist den Bundesländern unbenommen, selbst strengere Maßnahmen in Kraft zu setzen.
Auch dem Baden-Württembergs Ministerpräsidenten, Winfried Kretschmann, gehen die Beschlüsse nicht weit genug. Die verabredeten Kontaktbeschränkungen seien nicht ausreichend, vor allem, wenn sich die Lage bald zuspitzen sollte, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag dem SWR. Den Ländern fehlten die nötigen Instrumente, um die Pandemie einzudämmen. Wenn es zu einem Hochlauf der Omikron-Mutante komme, könne er zum Beispiel keine Ausgangssperren mehr anordnen, kritisierte Kretschmann.
Hamburg war schon vor der Konferenz mit strengeren Maßnahmen vorgeprescht
Vor der Konferenz war Hamburg bereits vorgeprescht und hatte als erstes Bundesland bereits zu Weihnachten weitere Kontaktbeschränkungen verfügt – die gelten auch für Geimpfte und Genesene. Nur noch maximal zehn Personen dürfen laut dem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher privat zusammentreffen. In der Hansestadt gilt zudem ab Heiligabend eine Sperrstunde in der Gastronomie. Restaurants und Kneipen müssen ab 23 Uhr schließen.