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Corona: Expertenkommission bewertet Maßnahmen in der Corona-Pandemie

Corona-Pandemie

Welche Corona-Maßnahmen etwas gebracht haben – und welche nicht

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    Der Sachverständigenausschuss um Hendrik Streeck  präsentierte die Ergebnisse des Evaluationsberichtes über die bisherigen Corona-Schutzmaßnahmen.
    Der Sachverständigenausschuss um Hendrik Streeck präsentierte die Ergebnisse des Evaluationsberichtes über die bisherigen Corona-Schutzmaßnahmen. Foto: Fabian Sommer, dpa

    In den ersten Corona-Wellen musste die Regierung notgedrungen mit ihren Maßnahmen auf Versuch und Irrtum setzen. Doch mit jeder Regel, mit jedem Verbot standen die Fragen im Raum: Bringt das überhaupt etwas und stehen die teils erheblichen Einschränkungen von Bürgerrechten in einem angemessenen Verhältnis zu ihrer Wirkung im Kampf gegen die Pandemie?

    Der Sachverständigenrat, den Bundestag und Bundesregierung eingesetzt hatten, sollte genau diese Fragen beantworten – und damit den Weg für den nächsten Corona-Winter aufzeigen. Am Freitag haben die Fachleute ihre mit Spannung erwartete Einschätzung vorgestellt und Empfehlungen gegeben. Auf dieser Basis soll Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach das Land durch die nächsten Wellen steuern.

    Hendrik Streeck: "Wir legen keine Tabelle vor, was richtig oder falsch ist"

    Es sollte keine Generalabrechnung mit der Corona-Politik sein, das betonte die Kommission gleich zu Beginn. "Wir legen keine Tabelle vor, was richtig oder falsch ist", dämpfte der Virologie Hendrik Streeck übertriebene Erwartungen und erklärte, dass es schwierig sei, angesichts der vielen Maßnahmen, die gleichzeitig ergriffen worden sind, punktgenau zu sagen, welche Regel nun im Einzelnen gut oder schlecht funktioniert hat. In einem Fall legte er sich dann aber doch fest: bei den Kontaktbeschränkungen.

    "Es gibt keinen Zweifel, dass, wenn wir unsere Kontakte reduzieren, wir auch die Ansteckungswahrscheinlichkeiten reduzieren", sagte Streeck. Gerade zu Beginn einer Pandemie sei es sinnvoll, die Übertragung so weit es geht zu begrenzen, um dem Gesundheitssystem den Spielraum zu geben, sich zu wappnen. Die Experten kommen allerdings recht eindeutig zu dem Schluss, dass die Wirkung nach einiger Zeit nachlässt. "Je länger ein Lockdown dauert und je weniger Menschen bereit sind, die Maßnahmen mitzutragen, das haben einige Studien gezeigt, desto geringer ist der Effekt", sagte Streeck.

    Und nicht nur das: Mit der Zeit nehmen auch die unerwünschten Folgen zu, etwa Vereinsamung, psychische Probleme oder häusliche Gewalt. Dazu kommen die wirtschaftlichen Schäden. Angesichts der Tatsache, dass die bisher vorhandenen Impfstoffe nicht vollständig vor einer Corona-Infektion schützen und der Immunschutz mit der Zeit auch nachlässt, sieht das Gremium Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte nach den 2G- oder 3G-Regeln eher skeptisch.

    Einer der spannendsten Punkte in der Analyse der Sachverständigen war die Maskenpflicht. "Masken wirken", sagte Streeck unmissverständlich, stellte aber zugleich klar, dass sie nur dann einen Effekt haben, wenn sie richtig getragen werden. Das gelte gerade für die potenziell besonders gut schützenden FFP2-Masken. "Da sehen wir nicht den Effekt, der erhofft wird", sagte der Virologe.

    Auch zu den höchst umstrittenen Schulschließungen zogen die Experten eine eher ernüchternde Bilanz. Das daraus folgende Herunterfahren der Kontakte mag die Weitergabe des Virus gebremst haben. Die Soziologin Jutta Allmendinger betonte aber auch, wie stark die Nebenwirkungen auf Kinder und Eltern waren. "Wir können es besser machen, als wir es in den letzten zwei Jahren gemacht haben", stellte sie abschließend klar und appellierte an Politikerinnen und Politiker, die Ergebnisse des Sachverständigenrates ernst zu nehmen.

    Jutta Allmendinger: Politik muss Chancen und Risiken transparent darstellen

    Allmendinger beschäftigte sich in dem Gremium auch mit der Risikokommunikation, die sie für einen zentral wichtigen Baustein hält, um Vertrauen in Wissenschaft und Politik zu schaffen. "Es ist wichtig, dass wir schnell informieren – auch mit dem Risiko, dass wir in einer Woche etwas ganz anderes sagen, weil wir mehr wissen", sagte sie.

    Auch zweieinhalb Jahre nach Beginn der Pandemie taten sich die Expertinnen und Experten bei ihrer Evaluation schwer mit der Datenbasis, die an vielen Stellen lückenhaft ist, weil die Digitalisierung des Gesundheitssystems nur langsam vorankommt. Aber eben auch, weil bei vielen gleichzeitig laufenden Maßnahmen schwer zu messen ist, welche mehr und welche weniger zum gewünschten Effekt beigetragen haben.

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