Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

CO2-Preis: Das Klimageld kommt – aber wie kommt es aufs Konto?

CO2-Preis

Das Klimageld kommt – aber wie kommt es aufs Konto?

    • |
    Neben zuletzt erneut gestiegenen Ölpreisen treibt auch der seit Jahresbeginn erhöhte CO2-Preis die Kosten an der Zapfsäule in die Höhe.
    Neben zuletzt erneut gestiegenen Ölpreisen treibt auch der seit Jahresbeginn erhöhte CO2-Preis die Kosten an der Zapfsäule in die Höhe. Foto: Carsten Koall, dpa

    Ab dem kommenden Jahr sollen alle Menschen in Deutschland mit einer "Klimaprämie" von steigenden Energiekosten entlastet werden – das fordert ein breites Bündnis aus Umwelt- und Sozialverbänden sowie Kirchen. Die Leistung würde unabhängig von den persönlichen Vermögensverhältnissen zunächst 130 Euro betragen und quasi "automatisch" ausbezahlt werden. Viele Bürgerinnen und Bürger ächzen längst unter den – aus vielerlei Gründen – explodierenden Preisen für Wärme, Sprit und Strom.

    Vor allem der Verbrauch der als besonders klimaschädlich geltenden Braunkohle stieg kräftig.
    Vor allem der Verbrauch der als besonders klimaschädlich geltenden Braunkohle stieg kräftig. Foto: Patrick Pleul, dpa-Zentralbild/dpa

    Doch um das Klima zu schützen, will die Bundesregierung fossile Energieträger wie Heizöl oder Benzin über Abgaben immer noch teurer machen. Gerade ärmere Haushalte drohen dadurch an ihre finanziellen Belastungsgrenzen zu geraten. Deshalb hat die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag vereinbart, ein sogenanntes Klimageld einzuführen, um die Menschen von den steigenden CO2-Preisen zu entlasten. Jede Bürgerin und jeder Bürger soll es bekommen. Bislang allerdings gab es noch keine Einigung darüber, wie diese Leistung ausbezahlt werden soll.

    Nach dem "Huckepack-Prinzip" soll ausbezahlt werden

    Ein Zusammenschluss aus 140 Klima-, Umwelt- und Sozialverbänden hat nun ein Gutachten vorgelegt, das zu dem Schluss kommt: Die Klimaprämie kann in sehr kurzer Zeit mit überschaubarem Aufwand eingeführt werden. Co-Autorin Gisela Färber von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer sagte, eine Umsetzung des Vorhabens sei bis zum Jahresende möglich, verfassungskonform und ohne Hürden beim Datenschutz. Sie empfiehlt eine Auszahlung nach dem "Huckepack-Prinzip" mit anderen, bereits bestehenden Verfahren.

    Für einen Großteil der Berechtigten sei das Lohnsteuersystem maßgeblich, ebenso könnten auch die Bezieher von gesetzlichen Renten oder Grundsicherung ohne größeren Aufwand erfasst werden. Die allermeisten Menschen sollen demnach ganz automatisch das Klimageld erhalten, ohne dass sie einen Antrag stellen müssen. Bei den restlichen Berechtigten, etwa Selbstständigen, könne die Auszahlung über die jährlichen Steuerbescheide erfolgen, so Färber.

    Voraussetzung: Alle bekommen gleich viel

    Eine einfache Umsetzung, so Färber weiter, sei nur dann möglich, wenn die Prämie für alle Bezieher gleich hoch sei. Müsse sie individuell berechnet werden, sei der etwa durch Vermögensprüfungen entstehende Aufwand unverhältnismäßig hoch. Für Modelle, bei denen die Prämie bei sozial schwächeren Menschen deutlich höher ausfiele als bei Wohlhabenden, gibt es etwa in der SPD große Sympathien. Die Autoren der Studie kommen allerdings nicht nur zu dem Schluss, dass solche gestaffelten Verfahren verwaltungsmäßig kaum zu bewältigen wären, sie seien auch nicht unbedingt viel gerechter. Denn beim pauschalen Modell sei es ja so, dass ohnehin die Bezieher mit den niedrigsten Einkommen am stärksten vom Klimageld profitierten. In der Regel verbrauche ein wohlhabenderer Haushalt nämlich mehr Energie, weil er etwa über eine größere Wohnung oder ein Auto mit mehr Pferdestärken verfüge.

    Profitiert die Krankenschwester mehr als der Chefarzt?

    Ulrich Schneider vom Paritätischen Gesamtverband sagte: "Grundsätzlich hätte ich große Sympathien für ein gestaffeltes Modell. Doch hier wäre das sehr Gute der Tod des Guten, weil es zu komplex wäre. Die Pro-Kopf-Pauschale ist das Mittel der Wahl." Dass der Chefarzt gleich viel bekomme wie die Krankenschwester, wirke auf den ersten Blick ungerecht, auf den zweiten aber zeige sich, dass die Krankenschwester im Verhältnis deutlich mehr entlastet werde. In der Regel habe ja der Chefarzt vermutlich eher zwei Kühlschränke, eine Sauna im Keller und mehrere Computer, mutmaßte er. "Beim Klimaschutz geht es um unsere Lebensgrundlage.

    Die beste Rentenreform oder Hartz-IV-Erhöhung nutzt nichts, wenn wir den Klimawandel nicht stoppen. Deshalb unterstützen wir als Wohlfahrtsverband die Idee des Öko-Bonus", sagte Schneider. Auch Martin Dutzmann, Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), sieht keine Alternative zu konsequenten Klimaschutzmaßnahmen. "Es ist Zeit zu handeln. Das biblische Wort 'Macht Euch die Erde untertan' ist zu lange als Lizenz zur Plünderung missverstanden worden. Heute bedeutet es den Auftrag, die Schöpfung zu schützen", sagte er. Leidtragende der Erderwärmung seien in besonderem Maße die Menschen des globalen Südens und die kommenden Generationen, die dafür nichts könnten. "Eine CO2-Bepreisung ist notwendig, muss aber sozial verträglich sein", mahnte der Kirchenmann.

    Ökologisch und sozial – ein Widerspruch?

    Aus Sicht der Umweltschutzverbände ist die Sache ohnehin klar. Antje von Broock, Geschäftsführerin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sagte: "Wir müssen die Geschwindigkeit beim Klimaschutz erhöhen und den Energieverbrauch insgesamt drosseln. Der CO2-Preis muss stark und wirksam genug sein, um Lenkungswirkung zu entfalten. Das ist erst ab 50 Euro der Fall." Aktuell beträgt der Preis 30 Euro je Tonne. Im vergangenen Jahr hat der Staat insgesamt 12,5 Milliarden Euro aus den Abgaben auf Benzin oder Heizöl eingenommen. Im Jahr 2026 soll die CO2-Abgabe bereits 65 Euro je Tonne betragen.

    Mit höheren Einnahmen könnte dann auch die Klimaprämie steigen. Dass die soziale Schere immer weiter auseinanderklafft, macht auch Umweltschützerin von Broock Sorgen, doch sie sagt: "Es wäre das Allerdümmste, das Klima deshalb zu vernachlässigen." Wenn erst einmal eine Quote von 100 Prozent erneuerbaren Energien erreicht sei, "sinken die Preise", ist sie überzeugt. Eine Klimaprämie könnte einstweilen dazu beitragen, dass es beim ökologischen Umbau auch sozial gerecht zugehe.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden